genannt (s. Lit. 20), in welchem Jahr, nach den
Datierungen zu schließen, die drei anderen
Meister (Giese 1760, Hamer 1762, Keppelman
1764) ihre Tätigkeit bereits eingestellt hatten.
Es ist wohl anzunehmen, daß Becker mit
Lohman deren Betriebe und auch Prägestödte
übernahm und später, wenn diese bereits aus-
gedruckt waren, durch neue ersetzte. So gibt es
auch Dosen, deren Dedtel und Boden seine und
Gieses, wie aud-i seine und Lohmans Signatur
tragen. Beckers Datierungen beginnen erst 1770
und enden 1777. Doch noch 1786 heißt es in
der Gothaisdien Handlungszeitung und gleich-
lautend im Westfälischen Magazin:
,Di.e Dosenfabrilt war am stärksten im sieben-
jährigen Krieg im Gange. Vornehmlich wurden viel
messingene, geprägte und ausgestochene Dosen
fabriciret. Sie hat zwar jetzt noch geschickte Meister,
aber ihr Debit ist nicht mehr so groß, wie vormahls.
Jedoch wird noch eine ziemlich starke Anzahl an
kleinen Dosen, weld-ie man hier Tünteldosen zu
nennen pfleget, jährlich verfertiget" (s. Lit. 20).
Am 23. November 17987 sudite Bedter um
Aufnahme in die Drahtziehergilde an und
wird 1810 nodi als Gildecamerarius genannt
(s. Lit. 20). 1802 hatte er mit seinem Sohne die
beste Fabrik. Die Fabrikation bestand damals
aus sieben Werkstätten und drei Meistern, vier
Gesellen und einem Lehrling, welche messingene
Rauch- und Schnupftabakdosen sowie unter
anderem Tünteldosen herstellten (s. Lit. 20).
Noch im Jahr 1779 wollte der limburgisdw
Fabrikant Conrad Hengstenberg in Iserlohn
eine Rauchtabaksdosenfabrik anlegen (s. Lit.
20), dod-i ist keine signierte Dose von ihm be-
kannt, Bedter und Lohman verhinderten wohl
die Gründung, denn die Mode und der Absatz
der Dosen waren im Abflauen.
Doch auch in dem 50 km von Iserlohn entfern-
ten Elberfeld gab es eine Fabrik, von der aber
bloß eine einzige geprägte Dose vom Iserlohner
Typ mit der DarstellungFriedridis und PRINTZ
FERDINANDS SIEG BEI MINDEN bekannt
ist. Sie ist beiderseitig signiert: H 8c WID öeH
fecit ELBERFELD 1759 (Abb. 29 und 29a).
Aus den Notizen von 20 Jahren konnte, nadi
Meistern geordnet, eine kleine Aufstellung der
Prägungen zusammengestellt werden, weld1e
noch zu ergänzen sein wird '. Meist haben die
Darstellungen Querformat, nur wenige weisen
Hochformat auf. Die obligaten Insdiriften be-
ziehen sich auf die Darstellungen. Viele Dosen
haben noch Sprüdie, Devisen, Zitate 1" und
Gedidite, meist in lateinisdien Blodtbuchstaben
mit Apotheosen bombastiseh-naiven Inhalts.
Drei Dosen (G 3, G 11 und H8) weisen die
seinerzeit so beliebten Chronogramme auf, zum
Beispiel:
FRIDERICVS BORVSSORVM REX VENIT
ID ICV V VM X V I
501 106 5 1005 10 5 1
VICIT FVGAVIT HOSTES PATRIAE SVAE
VICI V VI I V
107 5 6 1 5 s 1757
Sprachlich sind in der Aufstellung 30 Dosen
deutsch, 16 holländisch, sedis latein, vier latein-
deutsch, neun latein-holländisdi, zwei latein-
englisch und fünf deutsch-holländisch beschrif-
tet.
Die meisten Darstellungen auf den Dosen zei-
gen Begebenheiten aus dem Siebenjährigen
Krieg und geben Aufschlüsse über die Formie-
28
rung der damaligen Heere, der Infanterietaktik
und der Bewaffnung oder Apotheosen auf
Friedrich d. Gr., der in Ganz- oder Halbfigur,
als Kniestüdt, Brustbild oder in einem Medail-
lon dargestellt wird (G 1, 3, 11, H 3, 6, 7, K 1,
10, 12). Außer ihm sind noch abgebildet sein
Bruder Prinz Friedrich Heinrich (G11, K 12),
Herzog Ferdinand von Braunschweig (G 2), der
Prinz von Soubise (K 2), Kaiser Franz I. und
seine Gemahlin Maria Theresia (G 10, H 9,
B 1a), deren Feldherren Daun und Laudon
(G 2) 11 und die Könige von England Georg II.
und III. (H 3a), die ja audi Großherzöge von
Braunschweig waren. Andere Darstellungen
sind der Friede von Fontainebleau (1762)
(H 8), der Friede von Hubertusburg 1763
(K3)11, der Friede von Focxani 1774 (B 1)
und der Friede zwischen Rußland, Preußen und
Schweden 1762 (H 4). Weiters kommen vor die
Städte Hamburg (G 9), Amsterdam (G 9, G 9a),
Rotterdam (K 14, H 9a), Breslau (G 15), Lissa-
bon (H 5, K 1) und Prag (G 10), ferner reli-
giöse und biblische Themen, Hirschjagd und
Sauhatz. Sonderbarerweise ist bisher noch keine
Darstellung von Iserlohn noch aus dem Berg-
werksleben bekannt geworden.
Den Hinweis auf die Verwendung als Raudi-
tabaksdosen bezeugen uns die Verse am Boden
einer Dose, auf deren Deckel (Abb. 3) pfeifen-
raudaende Kavaliere in Damengesellschaft gra-
viert sind, sie lauten:
Unter denen seltenen Wuaren
Die man uns in vielen [ehren
Hat aus Indien gebracht
Wird Tobark bey jung und Alten
fernerhin den Preiß behalten
Weil er frohe Geister mudrt
Unter den für den Export nach Holland be-
stimmten Dosen zeigt uns die, deren Dar-
stellung die Macht verherrlidit (G 7, H 9, K 7
und B 3), neben den vier Erdteilen die Wappen
der sieben holländischen Provinzen und an
einem Tisch drei pfeifenraudiende Kaufleute.
Die darunter gesetzten holländischen Verse
lauten wörtlich übersetzt:
Id1 fahre gleich einem Helden nadi fern gelegenen
Küsten
Was hat man nidit dies Geld, viel lieber sollt idi
rasten
und bleiben in diesem Land und haben meine Ruhe
und trinken ein Glas Wein und rauchen eine Pfeife
Tabak.
Und eine Dose von Bedter (B 8) (Abb. 28) zeigt
am Deckel und Boden rauchende Kavaliere und
Kaufleute und darunter beiderseits den Spruch:
TOBACK DU EDELES KRAUT WIR PREISEN
DEINE TUGEND
DU BIST DER ALTEN LUST UND DAS
CONTECT DER IUGEND
WER DICH MIT MASSEN BRAUCHT ALS EIN
GESCHENK VON OBEN
UND EIN PAAR PFEIFFEN RAUCHT DER
WIRD DICH MÜSSEN LOBEN.
Die Iserlohner Dosen sind fast alle signiert, die
meisten, auf welchen Zeitereignisse dargestellt
sind, audi datiert. Entsprechend dem Raum auf
dem Bildfeld sind die Namen oft willkürlich
gekürzt oder monogrammiert, mit oder ohne
Vornamen und Ortsbezeichnung. Bei Giese,
Hamer und Becker ist diese mit Iserlohn an-
gegeben und bei Keppelman wohl anzunehmen.
Die in der Vorliteratur (s. Lit. 2, 3, 10 t
angeführte und fälsdwlidi weiter "berno
angebliche Signatur „SECUER" dürfte e
stümmelt entstelltes, daher verlesenes BE
bedeuten. Bei Bedter 3 und 6 lernen
den vier Erdteilen eine bisher unbekanr
einmalige Signatur H. C. LOHMAN l
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N
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