lidiem und privatem Besitz befand, zur Schau
stellte und damit einen einmaligen Höhepunkt
erreichte. Josef Folnesics vom Österreichischen
Museum hatte mit Einsatz der ganzen Autori-
tät, die das Wiener Institut genoß, alles, was
nur irgendwie zu erreichen war, zusammen-
getragen. Zu dieser bisher größten Präsentation
von Wiener Porzellan, die unwiederholbar
blieb und bleiben wird, erschien auch ein Kata-
log, der, entsprechend den damaligen Usancen,
sehr knapp in der Beschreibung war und keine
Abbildungen enthielt, ein Manko, das die Be-
deutung dieser Ausstellung stark beeinträd-itigte.
In der Folge jedoch lieferte diese umfassende
Überschau das Material für zahlreiche Bespre-
chungen und brachte so eine Diskussion in
Gang, die in allen musealen Fachblättern der
Monarchie ihren Niederschlag fand. Zwischen
1904 und 1914 wurde auf diese Weise das
Wiener Porzellan ein Lieblingsthema der kunst-
wissensdiaftlidien Forschung. Die ästhetischen,
technischen und historischen Probleme wurden
Geltung brad-iten, sollte es das wissenschaftliche
Standardwerk bleiben, obwohl sidn seither die
meisten Besitzverhältnisse auf Grund der Zeit-
ereignisse vollständig gewandelt haben.
In diesem Jahrzehnt blieb audu das private
Sammlertum nicht untätig. Der Wiener Indu-
strielle Karl Mayer konnte eine Sammlung
zusammentragen, die, wie der von Josef
Folnesics im Jahre 1914 verfaßte Katalog
erkennen läßt, mit 528 Porzellanen nicht nur
einen erstaunlichen Umfang erreichte, sondern
aud1 höchste Qualität aufwies. Dieser Kata-
log sowie der spätere Auktionskatalog vom
Jahre 1928, die alle Objekte abbilden, sind
für alle Sammler ein unentbehrliches Nadi-
schlagewerk geworden. Sie sind bisher die beste
Ergänzung zu dem Werk von Folnesics und
Braun.
Bis zum Zusammenbruch der Monarchie im
Jahre 1918 lieferten E. W. Braun und Julius
Leisching nod1 manchen Beitrag zu Detail-
fragen, vor allem zu der mit nur wenigen
Ernst, der Direktor des Wiener Museums, in
Jahre 1925 dem Porzellan des Klassizismus de
Sammlung Bloch-Baur noch einen stattlichei
und aufwendigen Band widmete, der dies
Epoche besonders würdigte, blieb die Versteige
rung nicht aus. Ebenso erging es der Sammlun1
Strauß und vor allem der Sammlung Ka:
Mayers, die besondere Cimelien aus der Früh
zeit enthielt. Von diesen beiden Samrnlungei
konnte jedoch nur ein geringer Teil für da
Museum erworben werden. Die meisten Por
zellane wanderten ins Ausland, viele nad
Amerika, wo vor allem nach 1938 das Inter
esse am Wiener Porzellan erwacht war um
durch emigrierte Sammler wachgehalten wurde
Erst die Jahre nach dem zweiten Weltkriej
rückten das Wiener Porzellan wieder in dei
Blickpunkt des Interesses. Der wesentliche An
stoß hierzu kam jedoch nicht von österreichi
scher Seite. Hier hatte man noch andere Sorgen
auch in dem Institut, das es als seine Aufgabi
betrachtet hatte, dem Wiener Porzellan zu ge
6 Runder Teller mit buntem V0 el und indianisdiem Blüren
zwt-igmotiv, um 17204725, sterteidiisdtes Museum m
angewandte Kunst, Wien. _
7 Schüssel aus einem Service mit barndtern Vasenrnotiv um
indianischen Blütenzweigen, um 1720. Slg. Fürst Liediten
Stein.
a Große Schüssel aus einem Jagdsetvice, Hatzgruppe mit g:
jagtem Pfcld, um 1710-1740. Slg. Fürst Liediteustein.
eingehend behandelt, besonders in „Kunst und
Kunsthandwerk", der Zeitschrift des Wiener
Museums, und führten mitunter auch zu hef-
tigen Kontroversen. Diese Auseinandersetzun-
gen befaßten sich vor allem mit der Frage der
Markenbezeichnung, ein Problem, das durch
einen Beitrag von Heinrich Modern über „Un-
bekannte Marken der Kaiserlichen Wiener
Porzellanfabrik" ausgelöst worden war und
sd-iließlich in seinem Sinne geklärt werden
konnte.
Der Hauptertrag der Wiener Ausstellung war
dann die bisher größte und umfassendste Pu-
blikation zur Gesdiichte der Wiener Porzellan-
manufaktur im Jahre 1907. Von den beiden
Autoren behandelte josef Folnesics vorn Wie-
ner Institut die Geschirr- und Geräteproduktion
und E. W. Braun den Beitrag über die Porzel-
lanplastik. Mit zahlreichen Abbildungen ver-
sehen, die der damaligen Reproduktionstechnik
entspradien und nur selten die „eigentümliche
Sdmönheit" der Wiener Porzellane zur vollen
32
Akten belegten Frühzeit der Wiener Manufak-
tur, deren Produktion und deren Künstler.
Von einer Rußlandreise brachte E. W. Braun
die Kenntnis von Wiener Porzellanen für den
russischen Hof nach Hause, die sich in der
Eremitage befanden und worüber er in „Kunst
und Kunsthandwerk" berichtete. julius Lei-
sching wieder zeigte noch im letzten Kriegsjahr
in seinem Brünner Museum eine Ausstellung
von 309 Porzellanen aus Brünner Privatbesitz.
Ein Nachweis, daß auch in den Kronliindern
das Wiener Porzellan ein begehrtes Sammel-
objekt geworden war.
Die Zwischenkriegszeit von 1918 bis 1938 war
mit ihren Wirtschaftskrisen nicht dazu angetan,
das Interesse am Wiener Porzellan wachzuhal-
ten oder zu fördern. Die Besitzer der großen
Sammlungen, wie Max Strauß, Karl Mayer und
Ferdinand Bloch-Baur mußten sich von ihren
Sammlungen trennen; in den zwanziger und
dreißiger Jahren begann der Ausverkauf von
österreidnschem Kunstbesitz. Obwohl Richard
bührender Geltung zu verhelfen. Hier reicht:
es 1952 nur zu einer kleinen Publikation in de:
Reihe der Bildhefte des Instituts, die sich aus
schließlich mit dem Porzellan aus der Manua
faktur Du Paquiers befaßte und in erster Lini:
zur Information der Museumsbesucher gedadii
war. ln diesen Jahren war das wissenschaftlich:
Interesse fast ausschließlich auf dieses Themz
gerichtet. Hier lagen nicht nur die meister
ungelösten Probleme, sondern die Porzellan:
dieser Zeit hatten durch das Sammlerinteress:
für Arbeiten der Frühzeit, die ja in Wien weger
ihrer „eigentümlichen Schönheit" sidn von der
Erzeugnissen der anderen Manufakturen unter-
schieden, eine ästhetische und finanzielle Aufl
wertung erfahren. Es war der englische Kunst-
historiker John Forrest Hayward, der als erste;
diese „eigentümliche Schönheit" der Du
Paquier-Porzellane wieder erkannte. In einei
Aufsatzreihe, zuerst im „Apollo" erschienet
und dann zu einem Buch zusammengefaßt, ver-
öffentlichte er ebenfalls im Jahre 1952 seinl