ERREICHISCHES MUSEUM
ANGEWANDTE KUNST
nten '70 - Multiples-Wettbewerb
HAUS, AUSSTELLUNGSHALLE, 4-10. NOVEMBER 1970
ünstlerische Tendenzen in Verbindung mit neuen Herstellungsverfahren er-
in den letzten Jahren die Grundlage struktureller Veränderungen auf allen
an des Bildnerischen. Die Möglichkeiten serienmäßiger Fertigung originaler
erke (und nicht ihrer Reproduktionen) sind enorm. Die Praxis zeigte iedoch
nur Ansätze einer auf Massenkonsum abzielenden Realisierung von
es.
igt durch den gewaltigen Aufschwung, den die Druckgraphik auf interna-
r Ebene während der letzten Jahre zu verzeichnen hatte, versuchten sich
gster Zeit Künstler und Editoren in zunehmendem Maße auch mit der
tion und dem Vertrieb ganzer, beziehungsweise aus Einzelteilen zusam-
setzter Multiples. Diese Obiekte werden in zumeist - doch nicht
tdigerweise - limitierten Serien als Originale und nicht nach einem
al hergestellt. Ihr Preis ergibt sich primär aus Auflagenhöhe, Aufwendig-
twie dem Rang und dem Marktwert ihres Urhebers. Das Multiplikative
Serienobiekte liegt in der gewählten Form, kann und soll sich aber auch
n Inhalt erstrecken. Damit soll - was schon Daniel Spoerri, der Gründer
59 ins Leben gerufenen Edition MAT (MuItipIication d'Art Transformable)
chtigte - die begriffliche Abgrenzung zur Reproduktion vorgenommen
i, aber auch zum Ausdruck kommen, daß Auflagenobiekte (Multiples)
ell eigene Bedingungen stellen. Als Originale in Serie sind Multiples
ur vervielfältigt, sondern oft auch in sich selber im Sinne schöpferisch-
iatorischer Betätigungsmöglichkeiten des Publikums vielfältig. Die ein-
Exemplare eines bestimmten Auflagenobiektes müssen daher nicht
Idig einander gleichen. Sie können auch - wenn es Herstellungsart und
wen zugrunde liegende gestalterische Idee zulassen - Stück für Stück,
ungsweise in zahlenmäßig festgelegten Serien voneinander abweichen.
er skizzierte Sachverhalt war für die Firmen W. HamburgerlA. Mosburger
andes Moment, den ersten Wettbewerb für künstlerisch gestaltete Auf-
biekte in Österreich auszuschreiben und durchzuführen. Für ein modernes
ieunternehmen stellt sich die Aufgabe, zur gesellschaftlichen Integration
unst mit beizutragen, zweifellos anders als für die Einzelperson, die
tigterweise rein subiektiven Vorlieben stattgeben kann und sich die
nach strukturell relevanten Ansatzpunkten kulturellen Tätigwerdens erst
:ht zu stellen braucht. Die Impulse, die von Multiples als ergänzendem
aart zu Einzelkunstwerken im Sinne echter Breitenwirkung ausgehen kön-
iaben die Organisatoren des Wettbewerbes, an dem sich mehr als
i österreichische Künstler mit annähernd 170 Obiekten, Entwürfen und
rpen beteiligten, in ihrem Vorhaben wesentlich bestärkt. Bildende Kunst
nd muß als geistige Leistung Exklusivität beanspruchen, sie sollte iedoch -
it dem Buch oder der Schallplatte vergleichbar - nur in untergeordneter
II von Geld und unikatbedingten Spitzenpreisen abhängig sein.
Peter Baum
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Hans Knesl - Plastik. Zeichnungen. Aquarelle
NEUES HAUS, AUSSTELLUNGSHALLE, 27. NOVEMBER 1970 - 3. JÄNNER 19
Die seit dem Tode Anton Hanaks im Jahre 1934 eingetretene Stagnation a
dem Gebiete der österreichischen Bildhauerei war nach 1945 wie mit einr
Schlag überwunden. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich vor allern Wi
zu einem ungemein lebendigen Zentrum der modernen Plastik, das bis z
Gegenwart seine Vitalität behalten hat.
Neben den Vertretern der älteren Generation, die in dem Zeitraum zwisch
den beiden Weltkriegen ihre Ausbildung erhielten und ihre frühen Arbeit
schufen, und die dann als Lehrende an den beiden Wiener Ausbildungszentr
tätig waren und auch noch sind, eroberte sich eine iüngere Generation, zu
Teil in Übereinstimmung, zum Teil in Widerstreit, ihre eigene Position. S
war weniger von den internationalen Modeströmungen beeinflußt, sondern el"
eine konsequente Weiterentwicklung der seit dem Aufbruch zur Moderne t
1900 hier in Wien bestehenden Tendenzen, die selbst im abstrakten Schaff
noch ihre Herkunft von der menschlichen Figuration erkennen lassen.
Von den Lehrenden wurde Hans Knesl von der Hochschule für angewanc
Kunst im November dieses Jahres 65 Jahre alt.
Vor den Arbeiten Hans Knesls, die er in den Materialien Ton, Gips, Naturste
und Metall, aber auch in Beton und Aluminium geschaffen hat, erweist es si
wieder sinnvoll, die alle Unterscheidung der Bildhauerei nach den Begriff
„Skulptur" und „Plastik" zu gebrauchen. Diese beiden polaren Gestaltung
weisen, wobei bei dem einen die direkte Arbeit am Stein, das Fortnehm
von Masse durch das Heraushauen der endgültigen Form mit dem Meißel u
bei der anderen das Hinzufügen von Material um einen Kern zu versteh
ist, handhabt Knesl mit iener Sicherheit, die nicht allein aus einer das Har
werkliche vollendet beherrschten Technik resultiert, sondern vielmehr aus ein:
künstlerischen Eros, dem die Sinnlichkeit des Materials und die Sinnenhaftigk
plastischer Formen die wesentlichen Elemente seines Gestaltens bedeuten. We
er auch hin und wieder durch Einbeziehung modernster Techniken über die
Grundtatsachen bildhauerischen Gestaltens hinauszugehen scheint, so bleibt
dennoch ein „Bildhauer" im umfassenden Sinne.
Daß ein so schaffender Künstler darüber hinaus das stete Bedürfnis hat, r
Feder, Stift und flüssiger Farbe der drängenden und schaffenden Unruhe
begegnen, ohne ienen physischen und zeitlichen Aufwand, die iede bildhaue
sche Arbeit erfordert, ist nur zu verständlich. Seine Themen und Imagination
auch mit graphischen und malerischen Mitteln zu bewältigen, ist ein für Kne
Schaffen charakteristischer Wesenszug. Solche Arbeiten sind nur in den settr
sten Fällen sogenannte Bildhauerzeichnungen, geplante Vorstudien oder au:
nome Schöpfungen. Sie sind ein bedeutsames Nebenprodukt, spontan hingeset
aus der Situation und in ieder Situation entstanden. Skizzen- und Malblc
sind 1a seine ständigen Begleiter, um Geschautes oder visuell lmaginierl
festzuhalten, unmittelbar, dynamisch, gewalttätig, wild, aggressiv und brutal u
immer in jener offenen und nicht abgeschlossenen Farm, die ieder spontan
Tätigkeit eigen ist.
Wilhelm Mraz
Bildfolge untere Reihe v. I. n. r. 5-8