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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 172 und 173)

ahlpunkt für die radiär im Kuppelraum stehen- 
l Bilder und Heiligtümer. Dies mit Recht, birgt 
doch die Eucharistie, der Kirche höchsten 
tatz, das Mysterium des Wandels von Brot und 
l Wein, die erlösende Metamorphose, Erfolg 
I Christi Passion, Weg zur Erlösung. 
s Ziborium erfüllte auch in seiner inneren, gei- 
gen Architektur seine Position an diesem zen- 
ien Ort. Das Apostelgrab unmittelbar darunter 
stärkt seinen Sinn, die gloriosen Apostelfürsten 
gen die Kirche. 
' denken an Raffaels geheimnisvolles Bild in 
1 Stanzen, die Dlsputation des Sakramentes 
lb. 9). im Zentrum die Mensa; auf dieser steht 
Strahlpunkt in der Monstranz die Eucharistle. 
rüber In hochovaler Engelsglorie Christus in 
' Dreiergruppe, der Deesis, flankiert von Maria 
1 dem Täufer, oben in den Wolken umringt von 
1 Chören der Engel, dann der Apostel und unten 
Kreise die Kirchenlehrer, das Konzil. Die Eu- 
aristie, als Mitte und Zentrum des Kultes, wird 
htbar. 
Sinne der alten Lehre der drei Metamorphosen 
s Christentums: der Taborverklarung, der Eu- 
arlstle und des Aufrufs zum Elysium", wäre 
rninis Glorie über der Kathedra als "Verklä- 
lQSVlSlOfl" (Hans Kauffmann) oder als Verklä- 
IQ am Tabor die erste Metamorphose, das Zibo- 
m mit der Eucharistie die zweite und, als dritter 
J letzter großer Wandel in der gewaltigen Achse 
i Petersplatz, der Aufruf der Sellgen zum Ely- 
m." in der gleichen Abfolge schmücken diese 
Dtl" {Matirw du; 
großen Bilder die Kaiserdalmatika im Tesoro des 
Domes." 
Der eherne lateinische Satz, der hier vorliegt, ist 
ein Lehrsatz. Er kann nicht umgangen werden, er 
hilft einen Forschungsknick zu beseitigen. Damit 
wird die gesamte große Achse sichtbar, wie Papst 
Alexander sie plante. Entscheidendes späteres 
Nichterfüilen des Planes hat das große Konzept 
verunklärt, so daß die Wissenschaft heute vor ei- 
nem Palimpsest steht. 
Unser Beweis stützt sich außer dem genannten 
Dokument, das aus der bedeutendsten Quelle, 
den Dekreten der Fabbrica stammt, auf die Zeich- 
nung der Eremitage, auf das Fehlen der kleinen 
Quellen, der Giustificazioni bei den Engeln, Män- 
gel bei den Belegen für den Tempietto und 
schließlich auf die unübersehbaren ästhetischen 
Mängel der Architekturkonzeption. 
Die wissenschaftlichen lnterpretationsschwierig- 
keiten des gesamten Dombezirkes entstanden an 
den drei Hauptpunkten der Längsachse. 
Erstens am Altar der Cattedra Petri, dessen the- 
matische Definition endlich und glücklich durch 
Hans Kauffmann als "Verklärungsvisiomr erfolgte, 
nachdem der Autor" Berninis figurativen Entwurf 
einer i-Verklärungii für diese Stelle im Dom bereits 
vorgelegt hatte. 
Zweitens erfolgte eine wesentliche Beeinträchti- 
gung des hohen Gedankens durch die Entfernung 
des Ziboriums vom Hochaltar und seine Neuauf- 
stellung in der Sakramentskapelie. Es verlor damit 
seinen zentralen Strahlungsraum. 
Ära-mute ßvrxina 
Schließlich wurde die Gesamtidee weiter ge- 
schwächt durch die Nichtausführung des dritten 
Kolonnadentraktes. Der Gedanke des runden Plat- 
zes als Ort der Sammiung der Gläubigen zum Auf- 
rufe zum Elysium wird damit verwässert. Das Sicht- 
barmachen der geistigen Architektur der geplan- 
ten Achse könnte die Forschung beleben, ordnen. 
Wenn wir die Gründe erwägen für die Nichtaul- 
stellung des Ziboriums am zenlralsten Ort, müs- 
sen wir vor allem die Kathedra Petri nennen. Man 
liebte diese Verherrlichung des Papsttums, die 
Schaustellung des Primates der päpstlichen Leh- 
re, den üppigen goldenen Thron. Uneingeschränkt 
wollte man ihn in der Hauptachse sehen. Freude 
und Entzücken müssen nach der 1666 erfolgten 
Einweihung nach der neunjährigen Arbeit groß ge- 
wesen sein. Aus ähnlichen Gründen war auch die 
Gestaltung des Mittelfeldes der Glorie unterblie- 
ben." 
Motive der höchsten internationalen Kirchenpoli- 
tik spielen hier - bei einem im übrigen politisch 
ohnmächtigen Papsttum - die größte Rolle. Hart 
und schwer lag der Schatten des Sonnenkönigs 
über dem Kirchenstaat. über der Christenheit. 
Wie so oft schon drängte sich Politik vor Religion. 
Ein goldener Thron verdrängte das Mysterium, die 
Eucharistie, so wie er aus dem Fenster der Glorie 
Christi Gestalt verdrängt hatte. Anstelle des zen- 
tralen Mysteriums war eine kalte, dekorative und 
repräsentative Lösung getreten, welche der Ta- 
gespolitik nützte. Der Ruf des Barock als Dekora- 
tionsstil wurde geprägt.
	        
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