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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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Im südlichen und südwestlichen Böhmen scheint man es geliebt zn haben, das Mittelschiff 
zur doppelten Seitenschiffshöhe emporzuführen. Dies zeigen sowohl Pisek als auch Horaz- 
diowitz und Bergreichenstein. Die auf Veranlassung der Herren von Strakonitz erbaute 
Peters- und Paulskirche in Horazdiowitz und die Nikolauskirche in Bergreichenstein, 
welche einen aus fünf Seiten des Achtecks gezogenen Schluß und außerdem zwei Kreuz 
gewölbejoche des Presbyteriums haben, die Chorwölbung von schlanken, auf Consolen 
stehenden Wandsäulen ansteigen lassen, für die Eintheilung des Langhauses vier Pfeiler 
paare anordnen, stimmen auch bezüglich des an der Nordseite angeordneten Thurmes 
und der in der südlichen Chorschlnßmaner ausgesparten, im gebrochenen Spitzbogen 
gedeckten Sedia überein, deren Einstellung an die reiche Nischenanordnung im Chor 
der so interessanten Rund- und Spitzbogenconstruction nebeneinander verwerthenden 
Pfarrkirche zu Konrim erinnert. Das Bergreichensteiner Denkmal ist trotz ziemlich starker 
Verwahrlosung instructiver als die Horazdiowitzer Kirche; in den Seitenschiffen wie im 
Lichtgaden des Mittelschiffes ist die alte schmale Bildung der einfachen, stark abgeschrägten 
Spitzbogenfenster, an der Westseite das spitzbogige Portal mit dem über geradem Thür 
sturze leer gebliebenen Tympanonfelde und die ursprüngliche Anordnung eines jetzt ver 
mauerten Rundfensters zwischen den die Eintheilung des Innern markirenden Strebe 
pfeilern nachweisbar. Eine ähnliche Deckung der Nischen wie in Horazdiowitz und Berg 
reichenstein findet sich auch an den drei mittleren Seiten des Chorpolygons der Stadtkirche 
in Aussig, deren Presbyterium die Formen der Frühgothik in beachtenswerther Reinheit 
bewahrt hat und gegenüber der Eintheilung der zuletztgenannten Denkmale noch ein 
oblonges Kreuzgewölbejoch mehr besitzt. In der Ausdehnung und Eintheilung der 
Presbyteriumsanlage stimmen mit der Aussiger Kirche auch die Saazer Decanal- und die 
Hohenmauther Lanrentiuskirche überein, welch letztere übrigens nicht minder in die 
Winkel des Chorschlusses schlanke Säulen mit schönen Capitälen einstellt und das Mittel 
schiff wie in Horazdiowitz und Bergreichenstein über die Seitenschiffe emporragen läßt. 
Bald zwei-, bald dreiseldrig, bieten die hohen Spitzbogenfenster dieser Bauten vereinzelt noch 
die alten einfachen Maßwerkbildungen der Frühgothik; die der letzteren geläufige Profilirung 
des Horizontalsimses kommt besonders in Aussig und Hohenmauth schön zur Geltung. 
Die bei den bisher genannten Stadtkirchen vertretenen Eintheilungsgedanken blieben, wie 
sich an der Bartholomäuskirche in Pilsen und Rakonitz, an der Kirche in Caslau, an 
der Jakobskirche in Kuttenberg, am Presbyterium in Kaplitz, an der Decanalkirche in 
Chrudim und der Prachatitzer Jakobskirche und anderen Nachweisen läßt, durch 
lange Zeit in ganz Böhmen in Geltung. Ausgedehnter wurde dagegen die Presbyteriums 
anlage der von der Königin Elisabeth gegründeten und in den beiden ersten Jahrzehnten 
der Negierung Johanns von Luxemburg vollendeten Heiligengeistkirche in König grätz.
	        
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