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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIX (1984 / Heft 192 und 193)

 
Ostertags wurden in Salzburg getauft: Elisabeth am 
2. Oktober 1594, Katharina am 13. Oktober1598, Maria 
am 26. April 1600 und Luzia am 12. Okt0ber1601", wo- 
bei jedoch bei der letzten Eintragung Jonas Ostertag als 
bereits verstorben vermerkt ist. Die Begräbniskosten 
fürdie Beisetzung Ostertags in einer Hofkünstlern vor- 
behaltenen Gruft im Friedhofvon St. Sebastian hatte der 
Erzbischof übernommenfs 
Hier sei ein kleines, aber vielleicht nicht uninteressan- 
tes Detail zur Handwerksgeschichte eingeflochten. 
Man hört öfters die Meinung, daß bei den außerhalb der 
Zunft stehenden Hofkünsttern keine Gesellen arbeiten 
und daß sie auf keinen Fall Lehrlinge ausbilden durften. 
In den Lehrjungenbüchern derSalzburger Goldschmie- 
dezunft ist in einer Eintragung zu lesen, daß sich Hans 
Leichte, gebürtig von Traunstein, am 13. Juni 1593 bei 
Benedikt Obernauerats Lehrling auffünfJahre verding- 
te: ein späterer Zusatz stellte fest: vilst den 21. Julius 
im 159Gsten Jahr weckh loffen und zu dem Osterdag 
khumen, der nit pey uns im Handtwercht istrrfs Trotz- 
dem wurde, wohl aus Gründen der Existenzsicherheit, 
Hans Leichte am 13. September 1598 von Benedikt 
Obernauer freigesprochen." 
Das Werk des Jonas Ostertag muß in großem Ansehen 
gestanden und von hoher Qualität gewesen sein. Wir 
wissen von einem itsehr schönen und khünsttichen 
Schreibtisch, so dises ablaufenden 1587sten Jahr 
durch Jonasen Ostertag, Burgern und Goldschmid zu 
Augspurg, glückhlich absolviert und vollendet Wßfdenu 
ist; in einem Briefvom 5. Dezember 1 587, dem eine aus- 
führliche Beschreibung des Werks beigelegt ist, berich- 
tete darüber Hans Fugger an Erzherzog Ferdinand von 
Tirol,danein solchesWerknurfüreinengroßen Potenta- 
ten sein und er, Fugger, nicht umhin könne, dies sofort 
dem Erzherzog zu melden." Daß Hans Karl schon 
1599, also noch zu Lebzeiten Ostertags, in Salzburg 
nachweisbar ist, hängt wohl mit einer schweren. wahr- 
scheinlich der tödlich endenden Krankheit Ostertags 
zusammen. Jedenfalls kann aus der Berufung Karls 
nach Salzburg in keiner Weise - wie dies Eva Stahl ge- 
tan hat - darauf geschlossen werden, daß "der brave 
Meister Ostertagtr der geforderten hohen Qualität wof- 
fenbar nicht gewachsen wart." Schon die Berufung in 
den engsten künstlerischen Umkreis eines Fürsten, für 
den stets und immer die Forderung nach höchster 
künstlerischerQualitätGrundlage einesAuftrages war, 
entzieht einer solche Meinung jede Grundlage. 
Einer der beiden frühen Hofgoldschmiede Wolf Diet- 
richs, Tobias Volckmer oder sein Nachfolger Jonas 
Ostertag, muß der Meister der Silbermontierung eines 
venezianischen Glaskruges gewesen sein (Abb. 1), der 
sich heute in den Sammlungen des Palazzo Pitti in Flo- 
renz befindet und den dort Kurt Rossacher im Zuge sei- 
ner umfangreichen Entdeckungen aufgrund des Wap- 
pens am Deckel und der lnschrift am Fußring identifizie- 
ren konntef" Das mit der Montierung 22,5 cm hohe 
Werk ist in seinem gläsernen Teil ein typisches Erzeug- 
nis aus Murano; das gehenkelte Enghalskrüglein aus 
der Mitte des 16. Jahrhunderts ist mit drei horizonta- 
len, aus roten Glasfluß-Halbperlen und kalt aufgeleg- 
ten Goldschuppen gebildeten Ornamentfriesen ge- 
schmückt. Die vergoldete Silbermontierung besteht 
aus Fußreif, Henkelauflage, Daumenrast und Deckel. 
Der Standring ist analog dem Deckel mit getriebenen 
Rollwerkfriesen versehen. Autdem glatten Fußreifen ist 
in lateinischen Majuskeln die in der Legende zu Abbil- 
dung 1 zitierte lnschrittgraviert; übersetzt heißt es: itDir 
brachten in dieser Schale die alten Liburner ihr Opfer, I 
gefunden sei sie erneut, Apoll, Deinem Dienste geweiht! 
lWeil wir nun aber im Hause des Fürsten Theoderich wei- 
len, lwilt ich nun beiden Göttern dienen und auch den 
Gastemt Man braucht kein geschulter lkonologe zu 
sein, um nicht zu wissen, werhier mit Apoll gemeint ist. 
In der Mitte des Deckels ist als kleines Medaillon in" 
Email das Wappen Wolf Dietrichs von Raitenau als Erz- 
bischof von Salzburg angebracht, darüberistdas Mono- 
gramm W. T. A. S. zu lesen (Wolfgangus Teodoricus Ar- 
chiepiscopus Salisburgensis). Das Wappen Wolf Diet- 
richs ist hier als nkleinesu Wappen wiedergegeben (vgl. 
Abb. 4, 9 und 17). Da der Zeitpunkt für die Veränderung 
zum vgroßenu Wappen (vgl. Abb. 1 4 und 1 8) öfters unge- 
nau angegeben wird, darf hier folgendes gesagt wer- 
den. Im Zusammenhang mit derdurcn das Diplom Kai- 
ser Rudolfs ll. vom 24. August 1594 erfolgten Standes- 
erhöhung der Familie Raitenau hatte Erzbischof Wolf 
Dietrich offenbaraus eigener Machtvollkommenheit ei- 
ne Wappenvermehrung des Raitenauischen Familien- 
wappens vorgenommen: iiFührte die Familie bis dahin 
die einfache schwarze Kugel im weißen Felde, so rückte 
diese fortab in den Herzschild und der gevierteilte 
Schild zeigte im ersten und vierten, gespaltenen Felde 
einen Hut mit Federn und im zweiten und dritten, eben- 
falls gespaltenen Felde vorn einen roten Löwen in Silber 
und hinten einen goldenen Schrägbalken in Blau, . . . den 
Wappenbestandteilen der ausgestorbenen Familien 
der Mayer von Raitenau und der Eschenzer von Raiten- 
au.u5' Zwar wurde, wie sich an Urkundensiegetn erwei- 
sen läßtsz, im iioffiziellenu staatspotitischen Bereich der 
Siegelstempetm von 1587 mit dem kleinen Wappen 
noch einige Zelt verwendet. Im Bereich der persönlichen 
Aufträge des Erzbischof an Künstler aus seiner Umge- 
bung wurde der Wappenvermehrung sofort Rechnung 
getragen: Das sprechendste Beispiel dafür sind zwei 
1594 datierte Schaumünzen Wolf Dietrichs (Bernhardt- 
Rolly Nr. 1536 bzw. 1544), beide mit derselben Verso- 
seite, dem Emblem des Erzbischofs (dem inmitten an- 
brandender Wogen von den Winden umbrausten und 
trotzdem feststehenden Turm): an der Vorderseite wur- 
dejedoch einmal das iikteineq Wappen, das andere Mal 
das ngroßeuWappen angebracht. Das heißt, daß die bei- 
den Stempel für die Vorderseite knapp vor beziehungs- 
weise knapp nach dem 24. August 1594 geschnitten 
worden sein müssen, das heißt ferner, daß alle mit dem 
pkteinenx Wappen versehenen Kunstwerke vor dem 
24.August 1594 zumindest in Auftrag gegeben wurden 
(Abb. 17, 18). 
Aus rein zeitlichen Gründen könnte die Silbermontie- 
rung des Glaskruges von Tobias Volckmer geschaffen 
worden sein. Kurt Rossacher hat aber mit Recht ge- 
meint, daß als Meister der Monlierung wder Schöpfer 
des Ziboriums und der Monstranz Wolf Dietrichs in Fra- 
ge kommtlrfs Beide Werke sind heute noch Bestandteil 
des Salzburger Domschatzes. Das Ziborium (Abb. 7 bis 
10)tragt in einem der Felder des sechspassigen Fußes 
das nkleinert Wappen Wolf Dietrichs (Abb. 10), in den an- 
deren Cherubsköpfe beziehungsweise das Mono- 
gramm des Namens Christi. Der eingezogene untere 
Teil des Cuppakorbes über dem vasenförmigen Nodus 
besteht aus getriebenen Akanthusblaltern, der obere. 
durchbrochen gearbeitete Teil aus Engelsköpfen, 
Früchten und Ornamentbändern. Analog ist der von ei- 
nem Kruzifix bekronte Deckel gearbeitet, dessen Innen- 
seite eine gravierte Platte mit der Darstellung des 
Schweißtuches Christi bildet. Die hohe Qualität der 
Treibarbeit, iider Dekor und die Schärfe des plastischen 
Ornaments weisen auf die Hand eines bedeutenden 
Goldschmiedsicss Gleiches gilt für die 1596 datierte 
Hostienmonstranz des Salzburger Domschatzes (Abb. 
11). Das aus vergoldetem Silber gebildete, mit Edel- 
steinbesatz und Emailarbeit verzierte, 56,5 cm hohe 
Werk trägt an der Innenseite des Fußes eine gravierte 
Silberplatte mit dem "großen" Wappen Erzbischofs Wolf 
Dietrich und der Datierung. Über dem reich verzierten 
Fuß erhebt sich ein prismatischer Sockel, der in jeweils 
einem vertieften Feld mit Wappen beziehungsweise ei- 
nem Emblem in dunkelblauem Email champleve ge- 
schmückt ist: an der Vorderseite das (ursprüngliche) 
Familienwappen der Raitenau, dann das Wappen der 
Familie Hohenems (Steinbock), das persönliche, oben 
beschriebene Emblem Wolf Dietrichs und das Wappen 
des Erzstiftes Salzburg. Mit den beiden erstgenannten 
Wappen ist ein ausdrücklicher Hinweis auf die Eltern 
des Erzbtschofs gegeben (Hans Werner von Raitenau 
hatte 1558 Hetena von Hohenems geheiratet), so daß 
dadurch die Entstehung der Monstranz im Zusammen- 
hang mit einer Gedächtnisstiftung gesehen werden 
könnte. Auffällig ist, daß das von einerdurchbrochenen 
Umrahmung umgebene und mit Edelsteinen besetzte 
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