Werner Kitlitschka
Zur Restaurierung
und Revitalisierung der
niederösterreichischen
Burgen und Schlösser -
Schloß Grafenegg
Das Bundesland Niederösterreich besitzt mehr
als 400 Burgen und Schlösser von erheblicher
künstlerischer, historischer oder sonstiger kultu-
reller Bedeutung. War ein Teil dieser Obiekte
bereits in den vergangenen Jahrhunderten ganz
oder teilweise zu Ruinen geworden, so drohte in
den Jahren nach T945 der Mehrheit des nieder-
österreichischen Burgen- und Schlösserbestandes
der Untergang. Viele Bauwerke waren noch in
den letzten Kriegstagen schwer beschädigt wor-
den und konnten aus verschiedensten Gründen
nicht instand gesetzt werden. Zahlreiche Burgen
und Schlösser kamen als deutsches Eigentum
erst nach Abschluß des österreichischen Staats-
vertrages im Jahre 1955 in devostiertem Zustand
an die Eigentümer zurück. Die Hauptursache
schwerster Bauschöden bildete vielfach der Um-
stand, daß jahrelang die ständig notwendigen
Dachinstandhaltungsarbeiten nicht durchgeführt
werden konnten. Der Zustand unzähliger Ob-
iekte erschien hoffnungslos. Günstigenfolls kam
es zur Vornahme der allernotwendigsten Siche-
rungen, an umfassende Restaurierungen war
nicht zu denken.
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Der wirtschaftliche Aufschwung Österreichs, die
Entwicklung des Fremdenverkehrs und des Wo-
chenendausflugstourismus sowie die Entfaltung
eines neuen Kulturbewußtseins in der Bevölke-
rung vermittelten auch den Bemühungen um die
Erhaltung der Burgen und Schlösser Niederöster-
reichs richtungweisende lmpulse. Es setzte gewis-
sermaßen die Wiederentdeckung dieser von vie-
len bereits tatgeglaubten oder totgesogten Bau-
denkmale ein. Wie oft hatte man noch kurz zu-
vor gehört, man müsse und solle dieses oder
ienes Bauwerk „in Schönheit sterben lassen". Am
Zustandekommen dieses Umdenkens haben Pres-
se, Hörfunk und Fernsehen einen außerordentli-
chen Anteil.
Zu den Pionierleistungen dieser Ära zählt die
Einrichtung des Donaumuseums und einer Außen-
stelle des Österreichischen Museums für ange-
wandte Kunst in Schloß Petronell. Die Burgen
und Schlösser betreffenden Aktivitäten waren
überwiegend auf das Nah- oder Fernziel orien-
tiert, in dem ieweiligen Gebäude ein Museum
einzurichten. Das Zauberwort, das den einstigen
Herrschaftssitzen neues Leben zu garantieren
schien, hieß „Schloßmuseum". Zu den Obiekten,
die Anfang der sechziger Jahre restauriert und
als Museen der Öffentlichkeit zugänglich ge-
macht wurden, zählen etwa die Schlösser von
Bad Deutsch-Altenburg, Gobelsburg, Heiligen-
kreuz-Gutenbrunn, Matzen und Riegersburg.
Auch der Wiederaufbau des eingestürzten Pot-
tenbrunner Turmes und die Adaptierung des
Schlosses als Museum fällt in dieses Dezennium.
Die damals geplante Präsentation von Möbeln
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Be-
stönden des Museums für angewandte Ki
Schloß Ernstbrunn kam allerdings bisher
zustande.
ln der zweiten Hälfte der sechziger Jahre
sich eine verhältnismäßig breite Aufföcl
der Verwendungsmöglichkeiten, die in der
ren Zeit von 1945 bis 1955 nahezu unvors
erschienen war: Schloß und Burg komm:
als Hotel, als Tagungs- und Ausbildungszi
sowie als Unterbringungsart kommunale
richtungen und als privater Wohnsitz in Be
Es konstituieren sich Vereine, die sich die
tung und Revitalisierung eines oder me
Objekte zur Aufgabe machen. Diese Ei
lung, die sich ab etwa 1965 abzuzeichni
gann, hält weiterhin an und hat bereits
reiche positive Auswirkungen gezeitigt. S:
den etwa - um nur einige zu nennen
Schlösser Hernstein und Rosenau zu Ta
zentren ausgestaltet. Schloß Weikersdorf
den wird gegenwärtig restauriert und als
adaptiert. Das Schloß in Bad Vöslau
nach der umfassenden bautechnischen San
und Restaurierung eine ideale Widmur
Rathaus der Stadtgemeinde. Einige Scl
bzw. Burgen wurden von kulturell engag
Persönlichkeiten - und hierbei besondei
Künstlern - erworben und als Domizil i
gesetzt. Als ein Beispiel für viele sei in i
Zusammenhang Schloß Lengenfeld erwähi
vom Künstlerehepaar Hans und Christa
mann bewohnt und teilweise als Galerie
nössischer Kunst der Öffentlichkeit zugi
gemacht wird. Die Burgruinen Gutenstein
Kollmitz und Streitwiesen verdanken die