Erwin Heinzle
Schlösser in Vorarlberg
und ihre Revitalisierung
Wenn man sich das heutige Vorarlberg vorstellt
- die alemannische Enklave Österreichs -, so
kann man sich kaum mehr vorstellen, daß dieses
hachindustrialisierte Land früher ein fast aus-
schließliches Bauernland war; daß es daher
dort eine ganze Reihe von heimischen Haus-
typen gibt, welche aus dem rheintalischen oder
wälderischen Baustil entstammen, aus dem walli-
sischen Erbe im Kleinen Walsertal oder am
Hochtannberg, heute besser unter den Namen
Lech und Zürs bekannt. Der Adel spielte in
diesem Land, das überdies im Bregenzerwald
die ältere Demokratie als die Schweiz kannte,
eine bescheidene rRalle. Es ist daher verständ-
lich, daß zwar in„früher Zeit in diesem kleinen
Land mehr Burgen als im Burgenland, daß aber
prunkvolle Schloßhauten eigentlich fehlen, wenn
wir von vier Bauwwiken mit Schloßcharakter ab-
sehen. ,
Nur diese vier Schlösser zeugen heute nach
von ehemaligen Acelssitzen: von Nord nach Süd
aufgezeichnet sind es das Schloß Hofen in Lochau
bei Bregenz, der Ralast in Hohenems, das ehe-
malige Palais der Liechtenstein in Feldkirch und
das Schlaß Gayenhofen in bzw. über Bludenz.
Daneben gab es eine große Anzahl kleiner
Edelsitze, welche kleine Landvögte beherbergten
und zum großen Teil heute noch in gutem Zu-
stand sind.
Beginnen wir im Süden des Landes in der Reihen-
folge der Bemühungen zur Revitalisierung dieser
historischen Bauwerke mit der österreichischen
Herrschaft Bludenz-Sonnenberg, wie sie seit 1474
genannt wurde) Vögte amtierten anstelle ihres
Herrn, wie schon in der werdenbergischen Zeit
bis in die bayerische Periode Anfang des T9.
Jahrhunderts. Diese Vögte waren mit ihren Un-
tervägten und Vogteiverwaltern meist zugleich
auch die Pfandinhober der Herrschaft. Die be-
deutendsten in Bludenz waren die aus Südtirol
stammenden Sterbach. Zwischen den beiden
Weltkriegen war es wechselweise Armenasyl,
Kaserne, nach 1945 diente es der Besatzungs-
macht. Diese Periode ließ das Schloß Gayen-
hafen hoffnungslos verkommen. Die Stadt als
nunmehrige Eigentümerin war nicht in der Lage,
es instand zu setzen und hatte auch für das
umfangreiche Bauwerk keinen Verwendungs-
zweck.
So gelang es schließlich, das Land dafür zu in-
teressieren. Mit Sorgfalt und großem Einsatz
wurde es zur Bezirkshauptmannschaft adaptiert
und darf somit auf lange Sicht als saniert und
revitalisiert gelten.
in Feldkirch steht das einzige Stadtpaluis. Es
wurde nach einem Stadtbrand des Jahres 1697
zwei Jahre später vom Fürsten Johann Adam
von Liechtenstein erwarben. Von hier aus wur-
den die Grafschaften Schellenberg und Vaduz
verwaltet, welche er gekauft hatte, um in den
Reichstag zu gelangen.
Auch dieses Bauwerk hatte wechselvolle Schick-
sale und viel Besitzerwechsel. Schließlich war es
eine Mietskaserne mit zahlreichen Parteien. Die
Erben waren weder materiell noch geistig in der
Lage, es einem besseren Bestimmungszweck zu-
zuführen. Da konnte in mühevollen Verhand-
lungen die Stadt Feldkirch gewannen werden, es
zu erwerben, die Mieter umzuquartieren und das
stattliche Bauwerk für kulturelle Zwecke herzu-
richten. Neben der Unterbringung des städti-
schen Verkehrsvereines im Erdgeschoß hat in
den oberen Räumen das Stadtarchiv ein neues
Domizil gefunden. Daneben sind Räumlichkeiten
für Wechselausstellungen und andere Veranstal-
tungen verschiedenster Art. Das zweite Ober-
geschoß beherbergt seit Jahren eine Daueraus-
stellung mit Werken aus den fürstlich-liechten-
steinischen Sammlungen in Vaduz.
Schloß Hofen in Lochau bei Bregenz, Geburts-
stätte des nachmaligen Erzbischofs von Salzburg,
Wolf Dietrich, befand sich viele Jahre im Eigen-
tum des Vorarlberger Gastgewerbeverbandes.
Dann war es nach einige Zeit Hotel, und im
vergangenen Jahr hat es das Land in Besitz ge-
nommen. Es soll als Stätte für eine Erwachsenen-
bildung im Bodenseeraum und für wirtschaftli-
che Managementkurse Verwendung finden. Da-
mit wird auch dieses Barockschloß einer Dauer-
verwendung sicher sein.
Schließlich wird in mehreren Etappen der Pa-
last in Hohenems instand gesetzt, und es be-
stehen Pläne von seiten des neuen Besitzers
Graf Waldburg-Zeil, hier ebenso ein Kulturzen-
trum ins Leben zu rufen. Die entsprechenden In-
standsetzungen werden jeweils von anerkann-
ten Fachleuten ausgeführt. Das schwerste war
allemal, für iedes der angeführten Objekte einen
adäquaten Verwendungszweck zu finden. Das
erreichte Ergebnis darf alle Beteiligten mit Ge-
nugtuung erfüllen, sind diese Schlaßbauten doch
nach menschlichem Ermessen durch die getrof-
fenen Maßnahmen auf lange Sicht der Nachwelt
erhalten.
Unser Autor:
W. Hofrat Dr. Erwin Heinzle
Landeskonservator für Vorarlberg
6900 Bregenz, Gallusstraße "I0