Otto Mauer
BRUNO GIRONCOLI
Jahrgang 1936 (Villach), Kärnten; Studium bei
Professor Eduard Bäumer, Hochschule für ange-
wandte Kunst, Wien; erstmals ausgestellt bei
Heide Hildebrand (Klagenfurt, dann 1968 und
1969 in der Galerie nächst St. Stephan, Wien).
ist von Grund auf und mit Leidenschaft Bildhauer.
Seine von merkwürdigen Einfällen angefüllten
Zeichnungen und Gouachen sind Begleit-
erscheinungen und Vorläufer seiner Plastiken.
Nicht alles, was die Zeichnung phantasiert, kann
leichter Hand in Plastik umgesetzt werden, nicht
alles - leider - wird m Plastik realisiert werden
(dazu sind seine Einfälle zu viele, die Projekte
und Modelle verlangen nach fast monumentaler
Größe der Verwirklichung). Die Arbeiten Giron-
colis sind absolute Plastiken; sie verlangen nach
keiner Erklärung, sie haben keinen symbolischen
Charakter (die Zeit der Allegorese ist ein für
allemal vorbei). Alles ist sichtbar, an der Ober-
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fläche, nirgends lauern mysteriöse Hintergründe.
Vielleicht sind gerade deshalb seine Objekte so
aggressiv, so schockierend (obwohl nichts
Krasses, nichts Exhibitionistisches an ihnen zu
finden ist). Seine Arbeiten sind Mythen, aber auf
dem Boden des sekundären Systems, nicht der
sogenannten Natur.„Was Natur ist,daß bestimme
ich", könnte der Bildhauer gedacht, gesagt
haben. Die technische Welt bietet ihm ihre An-
regungen, aber er konstruiert keine Maschinen;
weder funktionierende, noch Pseudomaschinen.
Das Trivialste ist ihm ebenso willkommen wie
das Renommierte; wenn er sich von der Natur
anregen läßt, dann verfremdet sich unter seinen
Händen das primäre System: Wolken werden
Material, Felsen erweichen sich auf Befehl, ein
Herz wird aus Röhren gebildet, Alliterationen der
Natur und technisch-urbaner Welt besagen nicht,
daß der Künstler die Absicht zu interpretieren
besitze; auch von Abstraktion ist keine Rede
er will keine Essenzen aus dem konkreten Well
material erheben, ihn verfolgt auch kein idez
Iistisches Streben, Inbilder des Vorhandenel
Vdrgegebenen zu erschauen, zu entdecken. Sein
Objekte sind neue Wesen, die unversehens unser
Welt zu bevölkern beginnen. Man kann sich vor
stellen, von ihnen eingekreist oder verdrängt odt
überwältigt zu werden. Manche von ihnen habe
drohenden, beängstigenden Charakter, manch
sind von skurrilem Humor, grenzen ans Groteske
viele scheinen unheimlich nutzlos, fremd i
dieser lunktionalisierten, linalisierten Welt dl
Produktion. Gironcoli ist ein Träumer und Ei
finden aber kein Konstrukteur; so wie er es dr
Natur nicht nachzumachen gedenkt, so auc
nicht der Technik (die ja vom Zweck lebt). Di
Welt der klassischen Ursachen, vorab der Kausz
lität. ist für ihn uninteressant. Trotz der Härte. dt