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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 104)

Zur Ausstellung der Kunsthlätter- 
Sammlung des Österreichischen 
Museums für angewandte Kunst 
grnnhik, Entwurferl zu kurtsthandwerkllchan 
Gegenstandvn, Plakaten und künstlerischen 
Photographien verlugt, sowie uber eine hochst 
interessante Sammlung lruhar Drucke und 
wurnruller Elnbande, war bisher nur allzu- 
wenig bekannt. Es waren diese seiiene nur 
über Verlangen Im Lesesaal der Bibliothek 
erreichbar, wobei es dem Interessierten 
zwar mugllch wer, einzelne Spozialstudien am 
Original anzustellen, kaum aber einen Uber- 
blick über großare Zusammenhänge zu 9B- 
wirlnan. 
Um nun diese wertvollen 
Olfcntllchkait vorzustellen. 
Bestände der 
crllschloß man 
Derjapanischa Farbholzschnitt ist eine 
Kunstform, die in enger Verbindung 
mit japanischem Leben und japa- 
nischer Geschichte zu sehen ist, die 
in Verbindung rnit sozialen Ver- 
änderungen innerhalb des Landes 
auftritt, und untrennbar verbunden ist 
mit der Viellalt des Kabuki Theaters, 
der Sagen- und Legendenwelt, und 
schließlich mit dem Alltagsleben der 
beiden unteren der vier lestgefügten 
sozialen Klassen im Japan der Toku- 
gawa-Zeit (1603-1867). 
Träger der Kunst war in der vorher- 
gegangenen Zeit der Kaiserhof sowie 
die Hofe der Feudalfürsten einer- 
seits, die der Geistlichkeit ander- 
seits gewesen. Nun schufen sich 
Handwerker und Kaufleute II11 Farb- 
holzschnltt ihre Kunstform. 
Voraussetzung dazu gab die Um- 
schichtung wirtschaftlicher, politi- 
scher und sozialer Verhältnisse unter 
der Herrschaft des Shöguns Tokugawa 
leyasu (1542-1616). Der Shögun 
verlegte den Regierungssltz von der 
alten Kaiserstadt Kyöto weiter nach 
Norden, in den bislang unbedeutenden 
Ort Edo (dem heutigen Tokyo), der 
innerhalb kürzester Zeit zur Großstadt 
und zum wirtschaftlichen und poli- 
tischen Zentrum des Reiches wurde. 
Das Bürgertum der Reglerungsstadt 
sowie der übrigen Handelsstädte ge- 
langte zu Reichtum und wirtschaft- 
licher Unabhängigkeit, der städtische 
Kaufmannsstand, dem Gesetz nach 
die unterste der vier Standesklassen, 
formte in den Stadten den allge- 
meinen Lebensstil und dessen künst- 
lerischen Ausdruck. Das Prachtbedürl- 
nis des Militäradels verschmolz mit 
ähnlichen Tendenzen unter den rei- 
chen Keulmannsfamilien. 
Diese neu erstandene und nun maß- 
gebend gewordene Gesellschafts- 
schicht fand Freude an den sinneri- 
haften und modischen Vergnügen 
der Nergängliclten Welt", dem Ukiyo. 
Ihre Idole waren die Kurtisanen des 
Yoshiwara. dem vornehmen Ver- 
gnügungsvlertel Edos. die Schau- 
spieler des Kabuki-Theaters, das aus 
einer Verbindung von Musik, Tanz 
und Schauspiel entstanden war und 
Themen aus der Geschichte, der 
japanischen Legenden- und Geister- 
welt und schließlich aus dem Alltag 
behandelte, und endlich die impo- 
santen Ringer. Gerade jene Haltung 
der neuen Gesellschaftsschicht aber 
und ihre Interessen spiegelt der Farb- 
holzschnitt wider, das Werk von 
Künstlern, die durch eine soziale 
Kluft von den etablierten Meistern 
aus berühmten Malerfamilien ge- 
trennt blieben. Maler und Zeichner. 
die die Entwürfe für Holzschnitte 
lieferten, waren zwar unter der Groß- 
stadtbevolkerung durchaus bekannt 
und berühmt, sie signierten auch ihre 
Werke, galten aber doch eher als 
Handwerker, denn als Künstler. Ob- 
wohl die Kenntnis des Holzplatten- 
druckes in Japan bereits seit dem 
S. Jahrhundert nachgewiesen werden 
kann snielte der Hnbsrhniff währnnri 
moglich, als damit dem Besucher ein Elrldr k 
von der lrinenraumgestalturtg aus der Grun- 
dungszeit des Museums vermittelt wird, da 
in diesem Raum eine der wenigen noch 
unveränderten lnnenarchltekluren aus de! 
großen Zeit der Wiener Ringstraßenbauten 
erhalten ist. 
Es sollen hier nun bei jahrlich dreimaligem 
Wechsel Ausstellungen arrangiert werden. 
die einerseits dem Wesen und der Entwicklung 
der Eunh- und Druckkunst Europas und des 
fernen Ostens gewidmet sind, anderseits 
dem Museumshesuchrlr den Zusammenhang 
VUrt dtuckgraphischam Vorlageblatt und aus- 
im Dienste der buddhistischen Reli- 
gionspropagarlda. 
Während des 15. und 16. Jahrhun- 
derts findet der Holzschnitt zur Illu- 
stration vvlkstümlicher Erzählungs- 
literatur Verwendung, bis schließlich 
wahrend derersten Hälfte des17.Jahr- 
hunderts die ersten echten Farbholz- 
schnitte in wissenschaftliche Werke 
aufgenommen werden. 
Der erste Künstler, der der modischen 
Bilderwelt der neuen Gesellschafts- 
schicht der Tokugawa-Zeit im Holz- 
schnitt Forrn gab, war Hishikawa 
Moronobu (1625-1694). Unmittel- 
bares Vorbild und Anregung zu 
seinem Schaffen lieferte die etwa 
gleichzeitige Slttenmalerel. Während 
der ersten Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts setzte sich zunächst der 
Maler lwasa Matabä, selbst Mitglied 
der höllischen Kreise, neben den 
durch lange Tradition geheiligten 
Themen des gehobenen Stiles mit der 
bisher fehlenden Darstellung von 
Szenen aus dem täglichen Leben 
auseinander. Sein Werk, dem im 
Zusammenhang mit den enrvähnten 
historischen Veränderungen reges In- 
teresse entgegengebracht wurde, fand 
Nachfolge in der Ukiyoe-Schule, den 
Bildern der vergänglichen, fließenden 
Welt, von denen schließlich der 
Holzschnitt seinen Formenkanon zu- 
nächst in Schwarzweißblättern ab- 
leiten konnte. 
Während der erst um die Mitte des 
18. Jahrhunderts einsetzenden Blüte- 
zeit des Farbllolzschnittes können die 
Holzschnitte in verschiedenen Typen- 
gruppen zusammengelaßt werden, so 
den Buchillustrationen zu Geschichten 
und Romanen, den Holzschnittserlen 
aus Einblattdrucken, die das Leben in 
dem Freudenviertel, dem Yoshlwara, 
oder Szenen aus Romanen und histo- 
rischen Erzählungen zeigten, ferner 
Einzelblättern, mit Porträts der Lieb- 
lingsschauspieler, der Kurtisanen und 
Ringkämpfer, sowie den Glück- 
wunschblättern zu Neujahr und Ka- 
lenderblättern. 
Die ersten Zweifarbendrucke gehen 
auf Okumura Masanobu (16867 bis 
1768) zurück, der auch die aus 
Europa übernommene Zantralper- 
spektive in den japanischen Holz- 
schnitt einlührte. Es ist in diesem 
Zusammenhang darauf hinzuweisen, 
daß die allmähliche, fast ein Jahr- 
hundert dauernde Entwicklung des 
Farbholzschnittes wohl nicht zusehr 
als ein uhundertjähriges Erringen 
drucktechnischer Möglichkeiten" ge- 
wertet werden darf. Vielmehr scheint 
dia langsame Entfaltung einerseits 
unter dem Einfluß der dem japa- 
nischen Volk eiganen Traditionslicbo 
und dem daraus sich ergebenden 
Festhalten an einer einmal gefun- 
denen Form zu stehen. anderseits 
wird eine Wechselbeziehung zwischen 
erstarkender Wirtschaft und wach- 
senden Wohlstand verbunden mit 
gehobenen Ansprüchen nach kost- 
barerer Ausstattung des künstlerischen 
Ühialrln: hnriinlznißlwtint ulrnnlnrw miicv 
im Verlag des Osterreichlschen 
erschienene Bilderlleft descherr 
rektors des Museums, Dr. Vlklorl 
hielt. so daß jene Publikation t 
zur Ausstellung dienen kann. l 
durch Vlktor Griessmaier gctroflel 
aus derrr großen Bestand jzoanis 
holzschnitla im Beslll des Qstel 
Museums lur angewandte Ku 
Widmung des Verstorbenen Wiene 
Anton Exner, vermag einen knap 
blick uber die Entwicklung llfld 
jener durch etwa 250 Jahre gepfll 
japanischer Kunst zu geben. 
Schönschreibekunst. Bei ein 
strelt zu diesem Jubiläums 
1755 gefeiert wurde. ließen 
Klubherren, die nicht nur 
sondern zum Teil auch Mali 
besonders kostbare Kalen 
drucken, die sie sammel 
tauschten. Die Blätter de: 
Harunobu (17257-1770) t 
dabei die der anderen Kü 
Liebreiz, zarter Lyrik. Eleg 
Harmonie. Uber die Tatsach 
von da an während der let 
Jahre seines Lebens der be 
modische Meister seiner Zeit 
zu sein, wurde Harunobu zu 
klassischen Meister des jap 
Farbholzschnittes, gefolgt x 
sukawa Shunshö" (1726717 
Kitagawa Utamaro (1753-1i 
Zu einem der größten Me 
Schauspielerporträts wurde 
seinem Schaffen nur durch 
nachgewiesene Töshüsai 
(1794-1795). 
Der Schilderung von Ereigni 
Geschichte und Sage widm 
gawa Kuniyoshi (1798-18l 
Werk. 
Erst gegen Ende der Zeit c 
nischen Holzschnittes, die l 
der Mitte des 19. Jahr 
abgegrenzt werden kann, 
das Landschaftsbild, hauptsal 
Erinnerung an unternommeni 
an Bedeutung. Hier ragt v 
Katsushika Hokusai (176C 
dessen Holzschnitte in Euro 
Zeit als Inbegriff japanischi 
galten, hervor. (.36 Ansicl 
Berges Fuji.") Neben der 
Landschaftsstudie gelang 
eine harmonische Gleichbere 
von Figur und Landschaft. l 
des zweiten großen Lant 
Zeichners des japanischen F 
schnittcs, Andö Hitoshige (' 
1858) sinkt die Figur zur Stl 
der Landschaft ab, wie sein 
szenen erweisen. Er arbeil 
unmittelbarer Naturbeobachtl 
erlaßte die landschaftlichen 
derheiien ebenso wie die Stin 
nuancen. 
Die Kunstgattung des jap. 
Farbholzschnitles, die in der 
Hälfte des 19. Jahrhunderts il 
bekannt wurde und west 
Einfluß auf die Malerei dir 
gewann, ist, im Ganzen i, 
höchst merkwürdig und inti 
Ihre innige Verbindung m 
bestimmten Gesellschaftsscll 
sich aus den ehemals t 
Klassen zusammensetzte, gab 
gewisse Traditionslosigkeit. l 
sie gegen die japanische Ma 
gleichen Zeit. deren Bilder l 
jene Schicht nicht interassan 
Daraus entstand auch die Vl 
Reproduktionsverfahrens, da: 
es auch von den guten Mais 
in sehr kleinen Auflagen au 
wurde, doch eirl „billiges" w 
Es war eine Kunst des Auge 
und der Mcld unkonventiol 
sehr vernänul h Nach dem I 

	        
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