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Volltext: Alte und Moderne Kunst IX (1964 / Heft 72)

in der neuen Uubclnsuuncuaiuu, LIJL U03 tmustunu...  
undsätzlichen Umwertung des Lebens und des ihm ver- 
1 Körpers gebracht hatte. 
as gemalte Älumienbildnis nicht, wie Petrie und seine Nache 
inten, das Resultat einer immanenten Entwicklung der Toten- 
'as ist dann seine Bedeutung, sein Sinn? Welches sind die 
, die diesen Wechsel hervorgerufen und veranlaßt haben, 
iem bestimmten Zeitpunkt die ihrem Zweck gemäße plastische 
ske zugunsten des grundsätzlich andersartigen gemalten Bild- 
fgegeben wurde? Der Hauptgrund dieser Änderung ist das 
)t des Dekalogsl5. Dieses richtete sich nämlich gegen die 
i Wiedergabe der Natur, und nicht, wie oft fälschlich in- 
t, gegen eine gemaltelß. Auch hier hat die Kunstgeschichte 
iarf genug zwischen den „Techniken", also Malerei und 
ind der bedeutungsmäßigen Implikation, die in ihnen liegt, 
Die Alten aber waren sich dieses Unterschiedes, der für 
lernen Beschauer kaum mehr als ein formal-ästhetischer ist, 
er spezifischen iknnographischen Bedeutung sehr bewußtl7. 
1 wäre der Ursprung des Mumienbildnisses, als Kunstform 
ris, in jenen religiösen Gemeinden zu suchen, in denen die 
les Alten Testaments Geltung hatten, d. h. in den jüdischen 
eoechristlichen Gemeinden. Hier allein vollzog sich der be- 
volle Wechsel von Maske zu Bildnis. Nicht als Folge einer 
ne, sondern als Ausdruck einer geistigen Umstellung und 
ien XYXeltverhaltens, die alle Werte des Lebens, in erster Reihe 
zitsvorstellungen modifiziert hatten. Es ging hier nicht mehr 
Ilas physische Weiterleben des Toten zu sichern, auf das es 
nischen Religionen allein ankam. Konnte nun aber das gemalte 
iicht mehr die magische Zweckfunktion der Maske erfüllen, 
sein Sinn, seine neue Funktion? Oder handelt es sich einfach 
:räts des Verstorbenen, um Profanbiltlnisse, wie es manche 
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Intensität der Menschendarstellung, ihrer Wirklichkeitstreue, 
übernatürlich großen Augen mit ihrem seherischen Blick, sond 
vor allem in einem ganz bestimmten, immer gleich bleibenden Aufl 
Bei genauer Betrachtung erweist sich nämlich, daß er, der in sei 
Einfachheit und Uniformität, vor allem durch seine klCiederholi 
fast monoton wirkt, subtile Widersprüche und Zwiespältigkeiten : 
zeigt. Sie kehren aber mit so viel Nachdruck wieder, daß es sich 
um eine bestimmte, bedeutungsvolle Absicht handeln muß. 
Widerspruch liegt einmal im Verhältnis vom Körpervolumen 2 
Raum, den jenes logisch zur Voraussetzung hat. Die Gesichter 
den sich rundenden XVangen, die kugelförmigen Augen, der säulen 
gebildete Hals sind durch das Medium von Licht und durch Ei; 
schatten durchmodelliert. Mögen sie aber noch so körperlich gese 
sein, in der Art, wie sie dem Hintergrund, dem jede Raumtiefe fc 
verbunden sind, finden sie keine Entsprechung. Gleich 0b in Blautö 
oder als reiner Goldton, der Hintergrund besitzt keinen Raumv. 
er ist auch nicht dekorativ ausgewertet wie etwa in der moder 
Blalerei. Der Fläche, vor der die dargestellten Menschen erscheii 
entspricht in der Realwelt kein Äquivalent, es ist gleichsam das Nii 
des Ätherraums. Mag er ikonographisch als Himmel oder Paradie 
helle zu deuten sein und so in eine bedeutungsmäßige Beziehung 
den dargestellten Personen treten, rein formal bleibt der Wfiderspr 
zwischen Körperrundungen und Fläche, an der sich das Volui 
gleichsam totläuft. Es entsteht eine Art Volumen, das körperlich 
körperlos zugleich scheint, eine neue Substanz, der jede Dichte f: 
(Die letzte und konsequente Ausbildung dieses zweideutigen Volun 
wird sich in der Ikonenmalerei offenbaren.) 
Viiiderspruchsvtill ist weiterhin die Spannung, die zwischen der ri 
haltslosen Wirklichkeitsnähe und Wahrheitstreue der Menschen 
stellung liegt und ihrer Bewegungslosigkeit, die sie der Zeit und i 
Raum entrückt. Wenn einerseits der Eindruck besteht, daß das Mc 
sich als selbständiger Wert manifestiert, so wird dieser wieder di 
einen höheren Willen aus seinem lebendigen Bereich herausgeht 
und in einen versetzt, wo abstrakte Kompositionsgesetze, wie Fläc 
keit, Frontalität und Symmetrie herrschen, die den Dargeste 
seiner natürlichen Lebenssphäre entfremden. Trotz aller physio; 
mischen Vielfalt, trotz aller individuellen und ethnischen VCIS( 
denheit sind alle Dargestellten in einer höheren überindividui 
Ordnung vereint, einem gemeinsamen Gesetz unterstellt, das il 
ihre Einmaligkeit nimmt und sie untereinander gleichsetzt. B: 
gungslos und unbeteiligt, wie festgefroren in zeitloser Schau, bi 
sie so das Höchste an feierlicher Formelhaftigkeit. Das Formpri 
aber, dem die stärkste Ausdruckskraft innexvohnt und das den 
bau der Mumienbildnisse beherrscht, ist die Frontalität. Ihr ui 
stehen auch alle anderen Formwerte wie Achsensymmetrie und Flät 
keit. In unermüdlicher Ausschließlichkeit präsentieren sich die 
gestellten immer wieder in der gleichen frontalen Haltung, und 
bannende Zwang, dem sich kein Beschauer entziehen kann, das l 
Pathos und die sakrale Würde, die diesen Bildnissen innewohnen 
ihnen ihre kultliche Bedeutung sichern, ist durch die Frontalitä 
reicht, diese Haltung von Angesicht zu Angesicht, dieses „Aug 
Auge", das zu einer intimen und geheimnisvollen Beziehung 
Ich und Du, zwischen der dargestellten Person und dem Bescr 
wirdlli. 
Den iästlichen Großkulturen, Ägypten und Mesopotamien, ist 
Kompositionsprinzip der Frontalität fremd, sie tritt auch in Griet 
land nur in der archaischen Phase auf, ein Beweis, daß es sich 
um einen Bedeutungswert, sondern um eine Primärphase handi 
Als bewußtes Stilprinzip und Ausdrucksträger tritt die Frontaliti 
Mittelmeerkreis zum erstenmal zu Beginn unserer Ära, gleich; 
mit den Mumienbildnissen, in Palmyra, Dura-Europos, Bawit ur 
den Katakombenmalereien auf. Die Ausschließlichkeit, mit de 
von nun an verwendet wird, erklärt sich nur aus einem formbilde 
geistigen Strukturprinzip, dem die Frontalitat wie alle Gcstal
	        
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