ZUR NEUAUFSIELLUNO DER SIAN-
DIGEN AUSSTELLUNG IN DER NEUEN
GALERIE AM LANDESMUSEUM JOAN-
NEUM. GRAZ
Die Neue Galerie am Landesmuseum
Joanneum in Graz. die seit 1941 im
Stadtpalais der Grafen Herberstein
untergebracht ist. eröffnete am 30. Okto-
ber 1963 in den ehemaligen Festräumen
des Hauses den ersten Teil der ständigen
Ausstellung von Werken des 19. Jahr-
hunderts. Sie umfaßt die Zeitspanne
vom Klassizismus bis zum Biedermeier.
die in 91 Exponaten - Ölbildern und
Miniaturen - präsentiert wird.
Die Bildersammlung des Joanneums,
die 1941 in eine Alte Galerie und eine
Neue Galerie geteilt wurde. geht auf
zwei Wurzeln zurück: die einen Be-
standteil der seit 1787 bestehenden
Ständischen Zeichnungsakademie bil-
dende Gemäldegalerie und jene Bil-
der. die im Joanneum selbst seit der
Gründung im Jahr 1811 gesammelt
wurden, Nach Vereinigung beider Be-
stände im Jahre 1818 flossen im Laufe
des 19. Jahrhunderts Spenden und
große Legale zu.
Die bei der Teilung der Landesgemälde-
galerie übernommenen Werke des
19. Jahrhunderts waren nicht einheit-
DAS MUSEUM DES 20. JAHRHUN-
DERTS IM DEZEMBER UND VON
JÄNNER BIS MÄRZ
Eine geradezu gigantische Wirkung
geht von den Plastiken des im Juni
vergangenen Jahres im Alter von
dreißig Jahren verstorbenen Bildhauers
Andreas Urteil aus. der 7 das steht
ohne Zweifel fest i zur nicht zahl-
reichen Schar der Frühvollendeten
zahlt und getrost in einem Atemzug
mit Schiele und Gerstl genannt werden
kann. Urteil begann als Handwerker
ganz in den Traditionen des Klassi-
zismus und wurde dann Schüler, später
Assistent von Wotruba. Er gehört zu
den wenigen jungen Bildhauern, die
sich dem übermächtigen Vorbild des
Lehrers niemals unterworfen. ja mehr
noch, die es verstanden. ihm. dem
Verfechter einer kristallinisch-geschlos-
senen, archaistisch-kubistischen Statua-
rik ein eigenes, immer leidenschaftlicher
werdendes Bekenntnis entgegenzuset-
zen, Und Wotruba kann es nicht hoch
genug angerechnet werden. daß er
den Genius seines wohl begabtesten
Schülers mit aller Kraft förderte.
Urteil bildet seine Wesen aus Knochen-
und Knorpelgerüsten, die sich mit
oftmals gewitterhafter Vehemenz oder
in einer dem Wuchern von Korallen
vergleichbaren Art emporbäumen, um
immer stärker und konsequenter die
letzten Anlehnungen an das herkömm-
liche Menschenbild abzustreifen, Dabei
ist Urteil, ein meisterhafter Gestalter
von Raum, Masse und Bewegung. weit
davon entfernt, bloß Formalist zu sein.
Seine Knarpelmenschen sind von iri-
tensiver Lebendigkeit, als Marksteine
der unabsehbaren Gefährdung der
Menschheit werden sie auch zu Pro-
phezeiungen des eigenen Endes: sie
stehen ganz im Zeichen von Angst und
50
licn ausgerichtet. Neben isiiaern aus-
ländischer Schulen lag das Schwer-
gewicht auf der Wiener Schule, die
steirischen Künstler hingegen waren nur
mit durchschnittlichen Werken vertre-
ten. Diesen Bestand sinnvoll zu gliedern
und zu erweitern war eine der Haupt-
aufgaben der Neuen Galerie.
In der nun erfolgten Aufstellung sind
die geistes- und stilgeschichtlichen Epo-
chen vom Ende des 18. Jahrhunderts
bis über die Mitte des 19. durch die
Wiener Malerei gekennzeichnet. Bilder
von Lampi. Füger. Jakob und Friedrich
Gauermann. Thomas Ender. Franz
Steinfeld. Jakob Alt, Danhauser, Amer-
ling und Waldmüller dokumentieren
die Epoche, während Werke der
steirischen Maler J. Tunner, I. Hofer,
E. Ch. Moser, F. Mallitsch. I. Raffalt,
der Brüder Kreuzer und J. Kuwasegg
den Beitrag der Steiermark für diesen
Zeitraum bilden.
Klllufprtll! im Dezember 1963 wurde zum
S. Male der Jocmneurn-Kunstpreis für zeii-
gendssische Malerei, der 1959 anlälilich des
Steirischen Gedenkiahres gestiftet wurde. ver-
geben. Zum 4, Male wurde der Preis des
Alpenlandkaufhauses Kastner ä Ohler
verliehen. DIE Preislräger sind ZWEI Mil-
glieder des "Forum Stcidtoark". der Maler
Maria Decleva mit seinem Bild „Komposilo-
rische Variation ll zur Improvisation A" und
die Malerin Elga Molv mit dem Bild "Ameno
1963".
Trude Aldrian
Todesnot. Auch als Zeichner leistete
Urteil immenses; die Ausstellung im
Museum des 20. Jahrhunderts (13.12,
1963 bis 5.1.1964) zählte zu den
bedeutendsten Veranstaltungen des jun-
gen Institutes.
Dies kann aber von der Ausstellung
Josef Mikl (17.1.-8.3,1964) nicht be-
hauptet werden. Mikl (1929). einer der
vier Protagonisten der Galerie St. Ste-
phan, begann 1948 als hochbegabter
Zeichner, der sich intensiv mit den Pro-
blemen LinieeFarbe. Fläche-Tiefraum,
Realisation-Imagination auseinander-
setzte. Seine frühen Arbeiten sind von
sublimer Feinheit, wahre Delikatessen
für höchste Kenneransprüche, Anfang
der fünfziger Jahre folgt nach der "Akt-
periode" die ,.technoide" oder "Glas-
fensterperiode". in der aus der schöpfe-
rischen Kontrastierung von unregelmä-
ßig-geometrischen Farbelementen mit
stumpf rahmendem. gerüsthaftem
Schwarz heraus so manche monumen-
tale Leistung gelingt. Mitte der fünfziger
Jahre kommt eine „Mondrianperiodej
dann bricht das Informelle in Mikl hem-
mungslos durch. Um 1960 gibt es eine
.,gelbe Periode", die noch im gleichen
Jahr in eine „blaue Periode" mündet.
Dann kommt die Blau-Ocker-Periode,
jetzt ist das mehr oder minder reine
Ockerstadium erreicht. Das wäre alles
nicht so schlimm, was jedoch verloren-
ging. sind Disziplin und Konzentration
der Frühzeit: Mikl lebt sich in zehn Lein-
wänderi aus. wo der Bildeinfall nicht
einmal für ein Gemälde gereicht hätte,
Was bleibt. ist unverbindliche, bunt
gähnende Leere 7 die gleiche Leere,
die sich bei so manchem Angehörigen
der surrealistischen „Wiener Schule"
in emsiger Schwatzhaftigkeit manife-
giert, Schade!
Ernst Köller
iciiiiy UIC sciiweuisciie lVthIlClltl _
Sylwan mit rund 30 Ölbildei
Temperablättern erstmals in Öst
vor. Die gebürtige Wienerin 5'
von 1946 bis1952 an der Kunstak
in Stockholm, gerade zu jener
der sich in der Malerei Schwed
neuer Aufbruch vollzog. der ex
nistische Tendenzen ablöste,
Die heitere, unbeschwert wi
abstrakte Malerei Susanne
läßt derzeit in ihrer Gesamthi
fältigste Einflüsse erkennen.
Hinblick auf Farbe. Form un
mungsgehalt vor allem an Jacque
und Franz Marc erinnern. Es
sich jedoch nicht um absichtlict
nommenes, um bewuflte Entlehi
die den Vorwurf des Epigonenti
sich brächten. sondern einfa
bildnerische Lösungen. die n
Bildern der vorhin Genannte
manches gemeinsam haben. ln
Zusammenhang scheint es dahi
angebracht. van einer geistige
wandtschaft zu sprechen, die i
auf Cezanne zurückführen ka
aber ebenso auch auf we
aktuellere Strömungen der Ze
dem Zweiten Weltkrieg hindeut
Die Feslwochenausstellung 1964 im Wiener Künstlerhaus. die unter dem Titel ..Die N
des Z0. Jahrhunderts" stattfindet, wird als historische Schau der asterreichischen Kunst
bis 1397 besonderes Interesse erwecken. Es werden namlich aus dem genannten .
stammende Gemälde der Traditionalisten des Künstlerhauses in bewußter Gegenube
zu den Ver-sacrum-Künsllern des Kunstlerhauses gezeigt. wodurch sich erstmalig eine d
larische Entwicklungsousstellung der Secession im Künstlerhaus ergibt. Um die vort
musealen Bestande des genannten Zeitraumes wirkungsvoll zu ergänzen, sucht das Kür
Leihgaben aus Privatbesitz, und zwar nachstehender Tradilionalisten:
Tina Blau-Lang, Hugo Darnaut,
Anton Hlavacek, Rudolf C, Huber. Rudolf Ribari
Russ, Emil Jakob Schindler, Olga Wisinger-Flarian. Leopold Carl Müller, Franz Di
Franz Rumpler. Außerdem werden Leihgaben aus Privalbesitz von nachstehender
lichen Kunstlerhausmitgliedern und späteren Ver-sacrum-Künsllern erbeten: Thi
Hormann, Carl Moll, Wilhelm Bernatzik, Eugen Jetlel. Guslav Klimt. Koloman Mais:
narid Andri, Albin Egger-Lienz. Franz t-lohenberger, Johann Viktor Krämer und Ernst St
Die Gemälde würden fur die Zeit vom 10 Mai bis 15. Juli 1964 gebraucht.
1 BllCk iii die neuaufgeslellle ÄUSSlBJJUDQ
von Werken des 19. Jh. in der Neuen
Gülefle am Landesmuseum JOGDHEUM,
Graz
2 Miiiio Decleva. Kompositorische Varia-
tian ll zur Improvisation A 7 Joanneum-
Kunstpreis1963
3 Helga Maly, ÄITWEDO 1963,
OhlSP-PVEIS1QÖ3
4 ÄHdFEGS Urteil, Sitzende rigui mit Ef-
habertem Arm. BelDflguÜ. H, 75cm.
1952159
s Blick lfl die Ausstellung Josef Mikl im
Museum des 20. Jh.
Kastner 81
Susanne Sylwan liebt die helle
tigen Farben und das lebendige
einander verschiedener Tön
stufungen und Formen. Ihre
Bilder sind gleichsam von nat
Frische. zugleich geht von ihni
auch ein verhaltener Glanz c
irgendwie feierlich wirkt. D
peramentvolle, mitunter stark
misch gegliederte Komposition
immer wieder von verhaltene
durchflutet zu werden. Die
bloße Zufälligkeiten ausschließe
lerische Ordnung entbehrt jeda
der nötigen Freizügigkeit.
Wenn auch nicht bestritten
soll, daß vieles eher im Vari
in der Lösung da ist und die
sicherlich noch an Kraft und
Aussage gewinnen sollte, so m
dennoch zugeben, daß Susanne
neben dem unbedingt vorhi
künstlerischen Talent und Temp
auch über wachsam-offene l
verfügt. ohne die nun einmal ks
Maler auf die Dauer auskommi
Einige überdurchschnittliche. fai
formal ausgewogene Kompositii
stätigen dies auch eindeutig.
In ihnen zeigt sich auch die Beri
allem Lebendigen aufnahmebe
gegenzutreten. die im weiteste
vorhandene Naturverbundenh
Lebensgefühl und zugleich a
Lebenshalturig der zu weiter:
nungen Anlaß gebenden Künstl
Peti