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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 83)

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eine PrunkwaEe, deren Fläche durch drei 
streifen dreigeteilt und von einem breiten 
rband rundum eingefaßt ist. Diese Deko- 
)n ist in schwerer, feuervergoldeter Ätzung 
geführt und enthält ein dichtes Muster 
verschlungenem Blattgeranke, fast ein 
hungel zu nennen, in dem sich Fabelwesen 
'egen: Meerweibchen oder Nereiden, ge- 
elte Genien oder Amoretten, die auf 
:hwänzten Drachen reiten, Putten und 
sken. Die drei Mittelstreifen und der 
ldstreifen werden begleitet von einer 
nalen Einfassung aus zartem Bandge- 
rlt. 
den drei blanken Feldern sitzen ebenso 
it verzierte und vergoldete Medaillons 
r Rosetten. Aus den Ecken der Felder und 
den Rosetten wachsen wie Büsche kalli- 
ahisch gezeichnete Linienranken hervor. 
sind tief geätzt und mit schwarzer Masse 
gefüllt. Dasselbe gilt von dem Außenrand, 
zu einem dicken Wulst von übereinander- 
enden Schuppen aufgetrieben ist. Der 
;esetzte Mittelstachel über dem Schild- 
kel ist leider verlorengegangen. 
Reichtum in den Farben (blank-gold- 
warz), in der Gliederung und Füllung ist 
allend. Er wird in sehr eigenartiger Weise 
ihr durch eine Besetzung mit Halbedel- 
rien (Tiirkisen) und blauen sowie honig- 
ien Glasfiüssen, die bis auf 9 fehlende in 
Anzahl von 42 noch vorhanden sind. Sie 
I rund gemugelt (Cabochons) oder in 
m von sogenannten Tafelsteinen flach 
eckig zugeschliffen. Sie sitzen nach einem 
orativen System verteilt in runden oder 
rckigen, vergoldeten Fassungen. Ihre An- 
igung war von Anfang an fest geplant. 
Ätzung beschreibt nämlich rund um sie 
im kreisförmige oder viereckige Rahmen, 
12 Fabelwesen des breiten Randstreifen 
an denn auch wohl verteilt zwischen 
len 12 Edelsteinen. 
. moderne rote Samtfutter wird durch eine 
he von 32 modernen Messingnieten am 
ild festgehalten. Daneben erkennt der auf- 
'ksame Blick weiter innen, waagrecht 
tellt, vier Paare von Nieten, welche die 
idgriife festhalten. Rechts im Bilde stehen 
etwas weiter auseinander: hier greift der 
1c Arm des Trägers durch. Links stehen 
etwas enger: hier umschließt die linke 
1d den kleinen Griff. Der oberste und der 
erste Punkt sind dadurch an diesem Rund- 
ild genau bestimmt. 
aen von den acht Nieten für die Griffe 
l ebenso moderne Hinzufügung wie die 
:ten am Rande für das Futter. Die einzige 
te jedoch verrät uns den ursprünglichen 
itzer. Sie trägt in vergoldeter Ätzung das 
tugiesische Königswappen: Für einen König 
1 Portugal muß der Schild angefertigt 
rden sein! 
r stilistische Charakter dieser prunkvollen, 
rlrhaft königlichen Waffe ergibt ihre Ent- 
WO (IICSCI OCKLIJCI HUECICYUEII WOIUCD 15K, DICIDI 
eine zu klärende Frage. Die vergoldete Ätzung 
findet sich, so wie sie hier vorliegt, am ähn- 
lichsten auf den gesicherten Harnischen des 
Nürnberger Waffenschmiedes oder genauer 
Plattners Kunz Lochner (um 1510-1567). Er 
ist I-Iofplattner Erzherzog Maximilians II. von 
Österreich, des späteren Kaisers. Er hat 
Prachtwerke für den Herzog von Bayern, den 
Kurfürsten von Brandenburg, die Kurfürsten 
und Herzoge von Sachsen, für die Habsburger 
Ferdinand I., Maximilian II. und Philipp II., 
aber auch für Sigmund II. August König von 
Polen und seinen Kanzler Nikolaus IV. Fürsten 
Radziwill hinterlassen. Er hat also weit nach 
dem Nordosten, bis nach Litauen geliefert. Er 
ist selbst nach Polen gereist. Er hat sich in 
diesen letzten Werken erstaunlich dem öst- 
lichen Geschmack, den Wünschen seiner Auf- 
traggeber angepaßt. Sollte er neben Spanien 
auch den äußersten europäischen Südwesten 
beliefert haben? 
Sein Stil bzw. der Formgeschmack des mit 
ihm in Verbindung arbeitenden „Ätzmalers" 
ist an dem Wiener portugiesischen Königs- 
schild deutlich zu spüren. Die unendlich 
fortgesponnene Musterung ist jedoch so 
gedrängt, so dicht, so unruhig, so schwer 
erkennbar und „lesbar", daß geradezu ein 
vorderindischer Charakter der Dekoration 
entsteht. Die Medaillon-Rosetten sind orien- 
talisches Motiv. Der Besatz mit Steinen, der 
erst am Ende des 16. Jahrhunderts in Europa 
allgemeiner wird, ist für die Mitte desselben 
Jahrhunderts noch völlig ungewöhnlich. Er 
wirkt ganz orientalisierend. 
Die Gepflogenheit, Harnischnieten mit Wap- 
pen und Emblemen ätzen zu lassen, ist eine 
ausschließlich portugiesische. Der Prunk- 
harnisch A 290 der Real Armeria zu Madrid, 
dort König Sebastian von Portugal (1557 bis 
1578), von mir jedoch seinem Vater Johann III. 
(1521 -1557) zugeschrieben, ein signiertes 
Werk des Augsburger Plattners Anton Pfef- 
fenhauser von etwa 1550-1555, trägt auf 
seinen Nieten das Königswappen von Portugal, 
das Kreuz des portugiesischen Christusordens 
und die Armillarsphäre (das Emblem König 
Emanuels, des Vaters Johanns 111.). 
Wer muß also der Besitzer des Wiener Rund- 
schildes gewesen sein? Niemand anderer als 
eben König Johann III., für den er gerade 
in jenen Jahren angefertigt wurde, als Dorn 
Joao de Castro für ihn in Vorderindien seine 
Siege errang und seine Triumphe feierte. Ob 
zwischen diesen Taten des Feldherrn und der 
Prunkwaffe seines Königs Beziehungen walten, 
entzieht sich vorläufig der Erkenntnis. 
Nicht von den Tapisserien, nicht von dem 
Seereisealbum und dem Gebetbuch der Castro, 
nicht vom Rundschild König Johanns III. 
wissen wir, wie all diese Kostbarkeiten nach 
Österreich gelangt sind. Sie dokumentieren 
in Wien jedenfalls die Weite der habsburgischen 
politischen und kulturellen Beziehungen. 
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106111191 reizvoll. dim seltsamen Pwlrqdleniin im. Wien 
deuulupuhürn hier vorzustellen. 
LITERATUR 
Zudm Tapisxrizn: 
Ernst Ritter von Birk: Invmtar der im Baitz du Allerl 
Kaise-rhauses beElndlid-ien Niederländer Tapeten und G 
Inzjahrbudl der Ksnssthistorischen Sammlungen des Aller! 
Kaiserhauscs. Bd. 1, Wien 1883, S. 233-234. Serie XXl 
bis 10. - Ludwig Baldam: Die Wiener Gobclinsan 
Wien 192), Nr. 91-IIXI. - Heinrich Göbel: Wandn 
Teil 1: Die Niederlande. Leipzig 1923. Bd. 1. s. 41a, 420 
Tafel 112. - Luis Keil: A: rapecaria de D. oao de 
Lißabon 1923. 36 5.. 10 Tafeln. - Marthe clt-Ku 
Marquu et xi tun: de tapisierx bnixellois. In: Anna! 
societe ndy e dßrcheologie de Bruxelles 1936. s. 
vgl. Abb. s. - 0m Quelle: Der lpanisdl-poftu 'ßilClJC 
Kreis auf Wiener Gobelim. Leipzig 1940, S. 20- , Tafel 
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In: Schlem-Schnßm N1. Fslachrift Franz Hutter, In 
1959. S. 295-314: behandelt die Tapisserius Errhtrz 
dinands II. auf S. 306-313.) - A.Faria de Morais: D 
series de D. Joao de camd. m; Bulletin des Etudes P01" 
Bd. 19. Lisabon. Livriria Bertrand. 195a, s. 5-79, 12 
Klaus Beirl: ras de gigantes, dancas dümazonas e 
diabretes: Die volkstümlichen Motive in den niederlal 
Gobelins der Wiener De Castro-Serie. In: R111 
äalirrbpeh für Volkskunde, Bd. 15116, Bonn 1964165, S. 21 
a . 
Konkovdmz der Nurnerierung der Castro-Tapisserien: 
Birk Serie XXll 1 2 3 4 5 6 7 8 
Balclas 91 92 93 94 95 96 97 98 
Keil VIII IX VI I X VII V IV 
Keil I II III IV V VI VII VIII 
Baldass 94 100 99 98 97 93 96 91 
BirkSerieXXll 4 10 9 B 7 3 6 1 
Zur unpublizierten Vvrzeirhnung vergleidae: 
Max J. Friedläuder: Die altniuierlanclisdie Malerei. 
Leiden 1935; darunter Pietcr Coock: S. 52-63. Tafel 22 
Otlo Benesch: Die Zeichnungen der niederländischen 
des 15. und 16. Jahrhunderts. (Bschreibender Kata 
Handzeiehnungen in der Graphischen Sammlung A 
Bd. 2.) Wien 19H. S. 9, Tafel 16, Nr. 53. 
Zum Szeveixe-Bildbnichl: 
Dom Joalo de Castro: Prirneiro Roteiro da Costa da lnd 
Goa ate Diu. ed. Diogn Köpke. Porto 1843. 
Zum Srumknbuch: 
Franz Unterkircher: Österreichische National-Bibliothek: 
landisdse Buchmalerei (Aussbellun (8108). Wien 
Nr. 224. - Franz Unlerltircher: Bilfotheque National 
triche: Manißcriß et livres im rixnes concemanr Vhisi 
Pays-Bas 1415-1600. Brüssel 962. Nr. 66. - Franz 
kircher: Ambraser Handschriften. Ein Tausch zwisch 
Kunsrhistorischen Museum und der National-Bibliol 
Jahre 1936. In: Jahrbuch der Kunsthirtorisdien Saml 
in Wim. Bd. 59. Wien 1963. S. 240. - Franz Unlel 
Ambraser Kunst- und Wunderltamxner: Die Bibliothc 
lirägädekAiäästellnng. Wien, Österreichisdie National-Ei 
. r. . 
Zum Rundsdnild: 
Bruno Thomas: Die Augsbur Funeralwaden Kaiser 
In: Walfm- und Kostümkun e, Bd. 1. Miinchm 195' 
Anm. 7: vergleiche ferner S. 38-40 (über die geoeal 
Bfdgllllllgm der dllerreichixdi-spanisch-portußesisdlel 
stlcn .
	        
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