lruno Thomas
)ie Wiener Tapisserien mit den Taten
les Dom joao de Castro in Indien
und weitere Portugalensia in Wien
is gibt Hauptwerke der Kunst, deren Ent-
tehung und deren Geschichte in allen Einzel-
eiten wohl dokumentiert vor unseren Augen
tehen. Und es gibt Meisterwerke, die trotz
ller Anstrengungen der Forschung von un-
lurchdringlichen Geheimnissen umgeben sind
.nd bleiben, die uns Rätsel aufgeben, die wir
nicht zu enthüllen vermögen.
Zin solches ratselhaftes Werk ist eine der
Costbarkeiten des Kunsthistorischen Museums
n Wien: die Folge von zehn monumentalen
Üapisserien, darstellend den Triumph des Dom
oao de Castro (Lissabon 27. II. 1500-6. VI.
548 Goa), seit 1545 der vierte Vizekönig von
ndien unter König Johann III. von Portugal
geboren 1502, König 1521, gestorben 1557).
iie werden im Inventar der Wiener Gobelin-
iammlung geführt, die ein Teil der Sammlung
ür Plastik und Kunstgewerbe ist. Ausgestellt
ind sie in ihrer ganzen Gesamtlänge von
-3 Metern in der Neuen Burg.
Sie entfalten eine strahlende Schönheit in
Formen und Farben. Der Reichtum ihrer
Darstellungen ist überwältigend. Jede Einzel-
heit der Landschaft und der Personen, ins-
besondere ihrer Kostüme und ihrer Bewaffnung
ist mit bewundernswerter Genauigkeit wieder-
gegeben. Ein faszinierendes Panorama rollt
vor den Augen des Betrachters ab. Es enthält
dramatische Ereignisse von höchstem ge-
schichtlichem Rang, kriegerische Szenen von
heldischem Glanz und von bitterem Elend,
theatralische Vorführungen und idyllische
Szenerien.
Die Darstellung ist von so lebendiger Wirkung,
als hätte sich alles erst gestern ereignet. Der
virtuose Stift des Zeichners, den ein klarer
Geist und ein untrüglicher Beobachtungssinn
auszeichnen, hat an Ort und Stelle eindring-
liche Skizzen festgehalten. Sie wurden in
Europa zu den großen Kompositionen der
Kartons verdichtet. Der Tapissier, der Wirker
der Wandteppiche, hat darnach mit Hilfe
seiner unerhört reichen und reinen „Pall
an farbigen und an Goldfäden seine t
Behänge für die Palastwände seiner Auf
geber als greifbar lebendige „Gemälde
prunkvollen Rahmungen ausgeführt.
In jeder Phase der komplizierten Entstel
des Kunstwerkes haben bedeutende M:
gewirkt. So eingehend, umfassend und
kend, wie sie die Geschehnisse schildern,
kein Kriegsbetichterstatter unserer Tage,
wenn auch die modernsten Mittel der Tec
ihm zur Verfügung stehen, ein derar
Geschehen in ein Bild bannen. Bei d
Tapisserien erwächst die Anschaulichkeh
dem hingebungsvollen Studium des De
aus der konzentrierten Raffung der Ereigi
mit anderen Worten aus der geistigen D1
dringung des Vorganges, aus der küi
rischen Fähigkeit zum tief gestaffelten
bau, zur überschaubaren, gebauten K01
sition.
Man entwarf im 16. Jahrhundert der lel