ZUCKERWASSERGARNITUREN
Für das Zuckerwasser - ein wohlschmeckendes und erfrischendes Getränk, dessen
Gebrauch in Österreich bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts nachweisbar ist - gab es
eigene Garnituren, vom einfachen gläsernen „Wassersatz“ mit Zuckerdose bis zur kost
baren Ausführung in Silber und Glas.
Johann Meyr, „Besitzer der Glas=Fabriken zu Adolph, Leonorenhein und Kaltenbach,
Böhmen, Prachiner Kreis“ wurde auf der „zweiten allgemeinen österreichischen Ge-
werbs=Producten=Ausstellung“ des Jahres 1839 mit einer goldenen Medaille ausge
zeichnet. Er zeigte neben anderen Exponaten auch einen „Zuckerwasser= Aufsatz mit
einer ovalen Krystall= Tasse, einer Bouteille, einer Zucker= Vase und zwei Trinkbechern
von violet rothem Glase, grünen Kugeln und durchgetriebenen ausgezackten Rändern “
(Bericht 1839, S. 33). Noch weitere Garnituren für Zuckerwasser wurden auf dieser Aus
stellung gezeigt, und zwar „von Außen oder von Jnnen lasirte Zuckerwasser= Service“
von Graf v. Bouquoy, „Jnhaber der Glas=Fabrik zu Silberberg und Georgenthal, Böh
men, Budweiser Kreis“ (Bericht 1839, S. 36). Leider sind uns von diesen Zuckerwas
sergarnituren keine Abbildungen überliefert. Hingegen ist im „Preis-Courant von Jgnaz
Vogel, Glasraffineur in Meistersdorf und Jägersdorf bei Böhm. Leipa in Böhmen“ im Ab
schnitt „Diverse Liqueure & Wassersätze“ auch ein „Wassersatz“ enthalten, der neben
anderen Bestandteilen auch eine Zuckerdose einschließt (Abb. 32, S. 50): „1 Wasser
satz, besteht aus 1 Wasserflasche, 1 Rumflasche, 1 Zuckerdose, 2 Becher & 1 Plateau“.
Dieser „Wassersatz“ wurde in drei Ausführungsvarianten angeboten: „weiss mit Ecken
schliff“ (Preis: 6 fl.), „mit Goldstreifen“ (Preis: 10 fl.) sowie „rubin & Goldstreifen“ (Preis:
12 fl.).
In kostbarem Material wurden zwei Garnituren von der Wiener Firma Mayerhofer & Klin-
kosch ausgeführt (Abb. 33, 40; S. 51, 55). Die Silberarbeit ist durch die Wiener Feinge
haltspunze 1835 bzw. 1836 datiert. Bestandteile und Grundform sind vergleichbar: eine
dreiseitige Platte mit abgerundeten Ecken und gedrückten Füßchen trägt den Krug
(Abb. 37, S. 53) bzw. die Glaskaraffe (Abb. 45, S. 58), einen Glasbecher mit Silberdeckel
(Abb. 36, S. 53; Abb. 44, S. 57) und eine silberne Fußschale mit vergoldeter Mulde
(Abb. 42, S. 56). Jedes Gefäß - Becher, Karaffe bzw. Krug und Aufsatzschälchen - hat
durch eine silberne, mit der Platte fest verbundene Einfassung, die wie der Rand einer
Einsatztasse gebildet ist, ihren festen, unverrückbaren Standort (Abb. 38, S. 54).
Bis auf eine Signatur (dem Lobmeyr-Monogramm auf einem Becher, der wohl als spä
tere Ergänzung diente (Abb. 46, S. 58), sind die Gläser zwar unbezeichnet, aller Wahr
scheinlichkeit nach aber böhmischer Provenienz und mit qualitätvollem Schnittdekor
versehen (Abb. 45, 46, S. 58).
Vor kurzer Zeit wurde mir von einer dritten Zuckerwassergarnitur aus dem 19. Jahrhun
dert (1846 datiert) berichtet, von der heute noch als „Verre d’eau“ gesprochen wird.
Der 1893 erschienene Katalog der „Berndorfer Metallwaarenfabrik Arth. Krupp“ enthält
Zuckerwasserlöffel (Abb. 49, S. 60; Abb. 52, S. 61), einen „Stoßer“ für Zuckerwasser
(Abb. 51, S. 61), ferner sogenannte „Zuckerschöpfer brasilianische Form“ (Abb. 54, 55,
S. 62, 63) und „holländische Form“ (Abb. 53, S. 62) sowie auch Zuckerwasserlöffel „bra
silianische“ Form (Abb. 50, S.60).
Deckelbecher aus Glas und Silber waren auch als Einzelstücke für verschiedenste
Zwecke in Verwendung; ein besonders schönes Beispiel wurde von dem bekannten
Wiener Silberschmied mit der Meisterpunze BNR (= Benedikt Ranninger) angefertigt
(Abb. 34, 35, S. 52).
In mancher Beziehung ist ein weiteres Service mit den zwei erwähnten Zuckerwasser
garnituren vergleichbar: es besteht aus einem Tablett mit querrechteckigem Fußschäl
chen, einem Deckelbecher aus Glas und Silber und einem Kännchen; die Porzellantasse
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