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„Die zum Schnupftabak bestimmten Blätter werden, nachdem sie gereinigt, sortirt und ge
dörrt worden sind, auf die Müle gegeben. Das Vermalen geschah vorhin durch Bestandmü-
len, jezt aber auf 2 eigends dazu errichteten Schiffmülen. Die feineren Sorten werden auf der
Maschinenmüle, welche durch ein Pferd getrieben wird, mittelst eines in vertikaler Richtung
herumlaufenden Rades mit eisernen Schienen zermalmt, der Staub wird dann auf eine Art
von Müle geschüttet, wo er blos durch ein Beuteltuch nach und nach durchsiebt wird.
Rappe naturel wird nicht gemalen, sondern angefeuchtet, mit einer Brühe gewürzt, dann un
ter einem breiten, schweren Mülstein zerrieben.
Die lezte Zubereitung ist die Beize, welche aus verschiedenen Gattungen von Früchten, Sal
zen und Gewürzen besteht, deren Zusammensezung als ein Fabrik = Geheimnis behandelt
wird. Die Brühe wird in kupfernen Kesseln gesotten, dann über das in einem Troge aufge
schüttete Mehl aufgegossen, welches 6 Arbeiter zugleich mit Anstrengung zu walken be
schäftigt.
Wenn sodann die durch diese Beize bewirkte Gärung abgewartet, das Mehl gesiebt und ge
kühlt worden ist, so wird der nun fertige Tabak verpakt, und zwar der ordinäre in Fässer, der
Galizier in bleierne, länglich vierekige Dosen.
Die Platten zu diesen Dosen werden von der Peternellschen Fabrik in Wien bezogen. Sie sind
so biegsam als Papier, und die Dose wird zugleich während des Ein füllens mit großer Schnel
ligkeit verfertigt.
Wenn Jemand den Tabak selbst beizen will, muß er eine schriftliche Bewilligung und eine An
weisung auf das verlangte Quantum Staub von der Administration erwirken.
Auch vom Auslande werden einige Tabaksorten hieher bezogen, als: Crull oder Sonne und
Mond, Debreer, Kästner und die meisten feinen Ausländer Schnupftabak = Gattungen. Span-
niol wird über Genua unmittelbar nach Wien geliefert. Der sogenannte Gallizier muß von den
Fabriken zu Lemberg geliefert werden, da man ihre Beize, ungeachtet man die Vorschrift des
Verfahrens und selbst die Meister hieher kommen ließ, nicht zu Stande brachte. Man glaubt
den Vorzug in der Qualität des dortigen Wassers (?) zu finden ..."
Auf nicht weniger als 20 Seiten handelt Leuchs die Zubereitung des Schnupftabaks ab,
dem folgen zahlreiche „Vorschriften“ (Rezepte) für die Fabrikation von Schnupftabak.
Im Kapitel „Von der Einrichtung, den Werkzeugen und Geräthen zur Tabakfabrikation“
sind Abbildungen eines Wiegemessers, einer Handstampfe und einer Tabakmühle ent
halten. Illustrationen von Werktisch und Handtabakmühle finden wir auch in einer etwas
älteren Publikation (Abb. 14), die ebenfalls die Rezepturen der wichtigsten Schnupfta
baksorten enthält, darunter neben dem „Spaniol“, dem König der Schnupftabake, auch
verschiedene Sorten des Marocco und Marino, den Bolongarotabak und verschiedene
Pariser Schnupftabake (Rape). Der echte „Spaniol wird nirgends ächt, als in der königli
chen Fabrik zu Sevilla in Spanien geliefert, und man bedient sich dort ausschließend der
Havannahblätter dazu. “ (Beck 1835, S. 273)
Von den „geringem Sorten“ waren die Schupftabake ä la Violette beliebt, die Ge
schmacksvarianten ä la Bergamotte, ä la Citronelle, ä la Vanille, ä l’oeillet, ä la Cinnamone
und ä la Rose in Deutschland verbreitet (Beck 1835, S. 278- 282).
Das Tabakmonopol in Österreich hat Tradition. Ein Spezialwerk der Biedermeierzeit
(Wagner 1828, S. 84, 85, Tafel 101) beschreibt „Nicotiana Tabacum“, den „Gemeinen Ta-
back“ und seine Anbaugebiete: „Der gemeine Taback wächst ursprünglich in Amerika
wild, wird aber jetzt in den meisten Ländern Europa 's gebaut, in den österreichischen
Staaten ist der Anbau desselben nur in Ungarn, Siebenbürgen, Slavonien und Galizien
gestattet“.
Nach mehr als 150 Jahren ist Wagners nachstehend zitierte Feststellung nach wie vor
gültig: „ .. . jeder Mensch der sich daran gewöhnt hat, schränkt Heber seine wirklichen
Bedürfnisse ein, um nicht diess eingebildete entbehren zu müssen. Ja, was noch mehr,
weder die strengsten obrigkeitlichen Befehle, noch die ernsten, und gegründeten Er
mahnungen der Aerzte vermochten etwas wider den nun einmahl zur Gewohnheit ge
steigerten Gebrauch desselben“. Bei Wagner war damit offensichtlich der Rauchtabak
und nicht der Schnupftabak gemeint, dessen Verwendung aber, zeitgenössischen Be-
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