BEIZEN
Aus der Biedermeierzeit sind uns jene Bordüren mit Goldornament auf leuchtend gel
ben Grund vor allem von den sogenannten Kothgasser-Gläsern bekannt; die als „Silber
gelb“, „silbergelbgebeizt“ und - fälschlicherweise - „silbergelbgeätzt“ bezeichnete
Technik wird im 20. Jahrhundert verstärkt wieder aufgegriffen. Strehblow, der sich zwar
vehement gegen den letztgenannten Ausdruck wendet, ihn aber selbst fallweise ge
braucht, unterscheidet vier Arten von Beizen (Gelbbeize, Rotbeize, Schwarzbeize,
Rauchbeize) und definiert sie als „Färbungen des Glases mittelst Metallverbindungen
und in der Hitze der Muffel... bei den Beizen ist. .. eine Färbung der obersten
Schichte des Glases eingetreten und zeigt dementsprechend den Glanz des Glases, ist
also mit ihm eins“ (Strehblow 1920, S. 143).
Der Glashüttenchemiker Springer aus Zwiesel bestätigt zwar die Richtigkeit der Streh-
blowschen Begriffe, verwendet aber nach wie vor „Ätzen“ anstelle von „Beizen“ (Sprin
ger 1923, S. 63):
„Strehblow hat in seinem schon erwähnten Buche für diese Techniken den Ausdruck
,Beizen' (Gelbbeize, Rotbeize) eingeführt, was wohl ganz glücklich gewählt ist, weil ei
nerseits das Wort ,Lasur“ ein Fremdwort ist und anderseits das Wort .Aetzen“ ganz un
bezeichnend und irreführend wirkt, da man hierbei immer an ein Aetzen des Glases mit
Flußsäure denkt; nachfolgend sind aber noch die alten technischen Ausdrücke beibe
halten“. Springer verdanken wir eine ganze Reihe von Versuchen zur Silberbeize und
den sich daraus ergebenden Erkenntnissen (Springer 1923, S. 62-78).
Die Beizen können auch miteinander kombiniert werden (Strehblow 1920, S. 149): „So
läßt sich auf ein und demselben Glase Gelb= und Rotbeize hervorbringen. Da ist zu be
achten, daß die Gelbätze nicht in die reduzierenden Gase kommt, da sie dabei selbst re
duziert würde und statt schön gelb grünlich=erdig aussehen würde. Es wird daher erst
die Rubinätze gemalt und im Brand bis einschließlich des Schwarzbrennens gegangen,
dieser also noch vollendet. Zu den nun schwarz erscheinenden Zieraten werden die
gelb sein sollenden mit der Gelbbeize hinzugemalt; nach dem Trocknen wird der dritte
Rotbeizebrand vollzogen, wobei sich gleichzeitig die Gelbbeize mit einbrennt.“
GELBBEIZE
Eine kurze Definition sei vorangestelit:
„Silbergelb, Gelbbeize, ist eine prächtig goldgelb glänzende, oberflächliche Färbung
des Glases, hergestellt durch einfaches Einbrennen von Silbersalzen“ (Glasfachschulen
1927, S. 17).
Strehblows Beschreibung der Vorgänge ist wesentlich ausführlicher (Strehblow 1920,
S. 144):
„Man verwendet hierzu irgend eines der Silbersalze, wie Chlorsilber, kohlensaures oder
salpetersaures Silber... am meisten wird das kohlensaure Silber verwendet. Diese
Salze könnten allein nicht dünn genug oder auch nicht gleichmäßig genug auf das Glas
aufgetragen werden, weshalb ihnen ein Mischkörper - meist sogenannte Gelbe Erde
(das ist feinstkörniger Ton), Kaolin oder Eisenoxyd - zugegeben wird. Die gebräuch
lichste solche Mischung ist 1 Teil kohlensaures Silber zu 5 Teilen Gelbe Erde, auch
28 Teile Chlorsilber zu 10 Teilen Kupfervitriol zu 200 Teilen Gelber Erde wird genommen.
Die Farbstärke und die verschiedentlichen Farbtöne der fertig gebrannten Gelbbeize
hängen vom Silbergehalt des Gemisches ab, von der Dicke des Auftrages, von der
Dauer des Brandes und der Hitzegrade und wesentlich von der Empfänglichkeit der
Glasart... Je mehr Silbersalz verwendet wird, desto dunkler wird die Färbung ausfal-
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