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Volltext: Glas 1905 - 1925 : vom Jugendstil zum Art deco

Versuche sind noch lange nicht abgeschlossen. Aber die wenigen, gut gelungenen Aus 
fallstücke haben so glänzend schöne eigenartige Farberscheinungen, daß es doch nicht 
überflüssig erscheint, einiges darüber zu berichten. Mir lagen einzigartige noch nie ge 
sehene Gläser vor. Auf einem geheimnisvollen, durchsichtigen bläulichen Schein lagen 
tiefschwarz=grünliche, große Punkte und Scheibchen, die wiederum eine zarte, sonder 
bar splittrig erscheinende Goldbronzeumfassung zeigten. Auf andern hinwieder leuchtet 
es in zauberischem kräftigen lichten Blau voll goldfärbigen und gelben, abwechselnd mit 
feurig = rotgoldigen und grüngoldigen Flecken und Flimmern. Ein herrliches Glasstück 
zeichnet sich wiederum durch einen matten Goldbronzeton aus, in dem feine graugrüne 
Linien und Kreisflächen mit blaß = reingoldenen Einfassungen zu schwimmen scheinen. 
Ein noch anderes ist feuerrot wie die Flamme, und in diesen Ton mischen sich grüngol 
dige, tiefrote und mattkupfrige Ziergebilde. Dann erscheint eines wieder in leuchtend 
stem blauen Gold - dieselbe Erscheinung des Schimmers und Glanzes des Goldes, 
aber nicht in der goldgelben Farbe des Goldes, sondern sonderbar eben in Blau. Diese 
einzigartigen Farb=, Schimmer= und Glanzerscheinungen sind - wie ich sehe - mit Wor 
ten gar nicht zu beschreiben. Auch der so reizvolle Schiller auf den uralten Gläsern, die 
durch Ausgrabungen zutage gefördert wurden, verblaßt gegen diese Schönheit. Die 
Gläser bilden Prachterscheinungen, die nur noch von dem schillernden Glanze einiger 
südlicher Schmetterlinge ein wenig übertroffen werden. 
Mit der Ergründung dieser Geheimnisse und teilweise mit sehr guten Einzelergebnissen 
haben sich hauptsächlich abgegeben: Professor Dr. B. Müller, ehemaliger Chemielehrer 
an der Fachschule in Zwiesel, Professor J. Bönisch, Leiter der Malerwerkstätte an der 
Staatsfachschule in Haida und Professor Dr. Ing. L. Springer an der Fachschule in Zwie 
sel. 
Als Ausfüllmittel für die Malmasse kommt wieder, so wie bei der Gelbbeize, die Gelbe 
Erde, Eisenoxyd oder Porzellanerde zur Anwendung. Die Metallsalze werden mit dieser 
und Gummiwasser, auch mit Öl und Lack wie die Glasschmelzfarben - möglichst fein 
verrieben. In Hauptverwendung kommen wiederum die Silbersalze und neben diesen 
die verschiedenen chemischen Verbindungen von Kupfer und Wismut. Die goldigen und 
gelben Töne kommen zumeist von den Silberverbindungen, die roten von denen des 
Kupfers, blaue von Wismut. Die Mischung der Salze und Metallverbindungen in Hundert 
teilen anzugeben, um bestimmte Farberscheinungen zu erhalten, ist nicht gut möglich, 
weil die Wirkung der verschiedenen Zusammenmischungen nicht von ihnen allein, son 
dern gerade so sehr von der Glasart und den Hitzegraden der verschiedenen Brände 
und der dabei wirkenden Rauchgase abhängt. Springer gibt in einem von ihm geschrie 
benen Aufsatz wohl eine Anleitung zu einer Mischung, die hier wiedergegeben sei: 
,100 g gebrannte Gelbe Erde werden mit 2,5 g Kupferoxyd und einer Lösung von 10 - 
15 g Höllenstein (Silbernitrat) in 70 bis 100 Teilen Wasser versetzt! Hierauf läßt man zu 
dieser Mischung solange verdünnte Salzsäure zutropfen, bis sämtlicher gelöster Höllen 
stein in weißes käsiges Chlorsilber übergeführt ist, was dann der Fall ist, wenn bei wei 
terem Zusetzen von Salzsäure keine Ausscheidung mehr auftritt; auf 10 g Höllenstein 
treffen ungefähr 17 ccm reiner 12,4% Salzsäure. Als Bindemittel wird etwas arabischer 
Gummi zugesetztL 
Schon durch im Verhältnis wechselnden Zusatz von Silber=, bezüglich Kupfersalzen 
oder beider vermengt, kann. man allein schon die Färbung des Glases aus den uns 
schon bekannten Farben der Rot=, Gelb= oder Schwarzbeize verändern. Abter nicht nur 
durch die Salzmischung allein ergeben sich eine Reihe von Spielarten, sondern sie hän 
gen auch von den verschieden hohen Hitzegraden beim ersten Einbrennen, im Rauch 
brand und in einem nachfolgenden Brand ab. Erhitzt man z. B. ein rubingebeiztes Glas 
gleich nach seinem dritten Brand so arg, als es das Erweichen des Glases nur zuläßt, so 
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