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Volltext: Glas 1905 - 1925 : vom Jugendstil zum Art deco

FORMEN DES GLASES 
Grundsätzlich werden von den zeitgenössischen Autoren (ca. 1880 bis 1930) drei Vor 
gangsweisen zum Formen des Glases unterschieden: die Stuhlarbeit, die Formarbeit 
(sowie die häufige Kombination von Stuhl- und Formarbeit) und das Pressen. Als eine 
eigene Gruppe ist das sogenannte „lampengeblasene“ Glas anzusehen, das ursprüng 
lich vor der Lampe, später vor der Flamme des Gasbrenners aus vorgefertigten Röhren 
oder Stäben hergestellt wurde. 
WERKZEUGE 
Mit geringen Abweichungen blieben die von den Glasmachern verwendeten Werkzeuge 
über Jahrhunderte gleich: dies ist am Beispiel des Glasmacherstuhls ebenso feststell 
bar wie anhand der Glasmacherpfeife und des Hefteisens. Wenn es im Laufe der Zeit 
auch zahlreiche Varianten und Sonderformen gab, blieben doch die Grundtypen der 
Eisen, Zangen oder Scheren erhalten. Vorblasformen, Plätteisen, Marbelplatte, Formhöl 
zer und -eisen gehörten über Jahrhunderte zur Grundausstattung des Glasmachers. 
Hohlbaum beschreibt diese Werkzeuge folgendermaßen: 
„1. Die Pfeife. Sie besteht aus einem etwas über 1 m langen Eisenrohr von 1 1/2 cm Durchmesser, 
welches entweder in einem durchbohrten Holzgriff steckt, der am Ende ein Messingmundstück 
besitzt (Fig. 51), oder aus einem vorne zugespitzten Eisenrohr, über welches an dem zugespitz 
ten Ende ein Holzgriff gesteckt ist. Das zugespitzte Ende dient als Mundstück (Fig. 52). Diese 
Pfeifen sind in Frankreich und im Rheinland im Gebrauch. 
2. Das Vorstreicheisen oder Richteisen, auch Zwackeisen genannt. Es ist ein U=förmig gebogenes 
federndes Eisen, welches an den Enden zugespitzt ist (Fig. 53). Man verwendet es zum Vorstrei 
chen des Glases vor die Pfeifenmündung, zum Entfernen von Blasen und Steinen aus der aufge 
nommenen Glasmasse, ferner als Werkzeug zu den verschiedensten anderen Arbeiten. 
3. Das Wallholz. Ein mit einem Stiel versehenes Holzklötzchen, welches auf der einen Seite eine 
halbkugelförmige Vertiefung, auf der anderen Seite einen keilförmigen Ausschnitt hat (Fig. 54). 
Das Wallholz dient zum Verteilen der aufgenommenen Glasmasse um die Pfeifenmündung und 
zum Vorformen des Glaspostens entsprehend der zu gebenden Form. 
4. Die Schere (Fig. 55). Sie dient zum Abschneiden von Glasmasse beim Ansetzen von Henkeln, 
Ausschneiden der Gefäßmündungen und Überfangen vom Zapfen. 
5. Die Marbelplatte. Es ist eine polierte Stahlplatte, welche vor der Arbeitsöffnung eingemauert ist. 
Sie dient dazu, dem Glasposten eine zylindrische Gestalt zu geben. 
6. Das Hefteisen. Ein 1 m langer, 1 1/2 cm starker Eisenstab mit Holzgriff, welcher zum Anheften 
der aufgeblasenen Gegenstände dient. 
7. Die Bodenschere (Fig. 56), ein U=förmig gebogenes federndes Eisen, dessen Enden gabelför 
mig auseinandergehen. Es dient zum Formen der Füße von Weingläsern, Bechern ec. 
8. Verschiedene Zangen mit verschieden geformten Zangenbacken zur Herstellung von Wirteln an 
Stengeln, zum Vorpressen von auszuziehenden Blättern ec. 
9. Das Auftreibeisen. Ein LMörmig gebogenes federndes Eisen ähnlich dem Vorstreicheisen mit 
längeren zugespitzten und etwas gebogenen Enden (Fig. 57). 
10. Ein kurzes Blasrohr. Es ist ein 30 cm langes Stück einer Glasmacherpfeife. Es dient zum Anset 
zen der Henkel und zum Anblasen der angesetzten Henkel behufs Abkühlung.“ 
STUHLARBEIT 
Die Arbeit am Glasmacherstuhl nennt man „Stuhlarbeit“. Eine entsprechende Arbeitstei 
lung ermöglichte auch die Anfertigung anspruchsvollerer Glasformen. Als Glasarbeiter 
führt Benrath den „Vorbläser“, den „Anfänger“, den „Fertigmacher“ und den „Gehilfen“ 
an. Er schildert als Beispiel für „reine Stuhlarbeit“ die Anfertigung eines Kelchglases mit 
Fuß (Benrath 1875, S. 262-264): 
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