„An der 1.3 bis 1.8 m langen Pfeife aufgenommen, und im .Wallholze' in correcte rundliche Form
gebracht (A) so wie zum ,Kölbchen’ aufgeblasen (B), läßt der zähe Glasklumpen, den unsere Abbil
dungen zeigen, vorläufig noch nicht erkennen, welche Form er anzunehmen bestimmt ist. Auch
das folgende Entwickelungsstadium desselben (C), scheint, mit seinem durch Aufstampfen auf die
Marbelplatte, Anwärmen und Behandeln mit dem Plätteisen hergestellten, ebenen Boden noch
eher einer werdenden Flasche, als einem nach oben zu sich erweiternden Glase, anzugehören,
aber schon weist die größere Wandstärke am oberen Theile des flaschenförmigen Körpers darauf
hin, daß hier für eine spätere Benutzung Material aufgespart worden. Sollte nun ein gewöhnliches
Becherglas ohne Fuß hergestellt werden, so genügte schon die Entwicklungsstufe C, um den glä
sernen Hohlkörper mit etwas flüssigem Glase am Hefteisen zeitweilig zu befestigen, ihn von der
Pfeife abzusprengen, und ihm, in gleich näher zu besprechender Weise, durch Erweiterung seiner
oberen Oeffnung, die gewünschte Form zu ertheilen; da das zu bildende Glas aber einen Fuß erhal
ten soll, klebt der Fertigmacher in der Mitte des Bodens eine Quantität Glas, die ihm vom Gehilfen
am Hefteisen gereicht wird, und von der er, sobald sie befestigt, sich die zur Bildung des Stengels
erforderliche Menge mit der Scheere abschneidet, an das werdende Gefäß D, und formt aus dieser,
seine Pfeife auf den Führungsarmen des Stuhls fortwährend rotiren lassend, und den Glasklumpen
mit der federnden Zange bearbeitend, den Stengel des Fußes (E, b). Unterdeß hat der Vorbläser,
an einer zweiten Pfeife, eine kleine, relativ dickwandige Hohlkugel aufgeblasen; er bringt die, der
Pfeifenöffnung gegenüberliegende Oberfläche derselben, mit dem unteren Ende des Stengels in
Berührung, heftet sie hier an das noch weiche Glas des letzteren an, und sprengt sie, mit einem
Tropfen Wasser und leichtem Schlage, von seiner Pfeife ab, wodurch der in Ausarbeitung befindli
che Glaskörper das Aussehen von F annimmt. Nachdem die Pfeife, an der das werdende Glas haf
tet, von dem Gehilfen auf eine Weile übernommen, und der hohle, unterste Theil des Fußes ange
wärmt worden, geht sie wieder in die Hände des Fertigmachers über, der nunmehr mit einer stärker
federnden Zange dem .Auftreibeisen’ in den hohlen Theil des Fußes, wie das schon in F angedeu
tet, hineinfährt, denselben unter rascher Drehung der Pfeife am Rande ausweitet, und allmälig zu
einer ebenen Platte umformt, die mit der Scheere beschnitten, und deren Ränder durch Rund
schmelzen vor der Arbeitsöffnung des Ofens geglättet werden (G).
Nachdem in beschriebener Weise der Fuß vollendet, wird nunmehr in der Mitte der unteren Fläche
desselben das Hefteisen mit einer kleinen Quantität Glas angeheftet H, und, ist dieses geschehen,
das Arbeitsstück von der Pfeife, in der Höhe der in diese Abbildung eingetragenen punktirten Li
nie e, abgesprengt. Wieder geht es nun in die Hände des Gehilfen über, der es vor der Arbeitsöff
nung des Schmelzofens, oder eines eigenen zu diesem Zwecke dienenden, mit eigener Heizung
versehenen, kleinen ,Auftreibeofens‘, in der Weise anwärmt, daß hauptsächlich die obersten, grö
ßere Stärke im Glase besitzenden Partien der Kelchwandung erwichen, und es dann dem Meister
zurückbringt. Letztererfährt mit seinem Auftreibeeisen in die obere Oeffnung des Glases, erweitert
diese allmälig, .treibt sie auf, giebt den Kelchwänden durch Bearbeitung mit Aftreibe= und Plättei
sen, die gewünschte Form, beschneidet mit der Scheere den oberen Rand des Kelches (I), läßt ihn
durch den Gehilfen rund schmelzen, und gewinnt, wenn erforderlich zuletzt noch einmal mit Auf-
treibe= und Plätteisen nachhelfend, hierdurch das Kelchglas, das noch am Hefteisen haftet, in der
gewünschten Form.“
Zu den hüttenmäßigen (heißen) Techniken der Formgebung und des Dekores zählt auch
das von Hais angeführte „Auszwicken“ von Glas aus dem Posten zur Anfertigung von
Henkeln (Hais 1985, S. 12), das Umspinnen und Kämmen des Glases, das Herstellen
von Auflagen und Intarsien, das Marmorieren, die Verwendung von Farbkröseln zur Bil
dung unregelmäßiger Flecken (die Lötz’schen „Papillondekore“), die Gestaltung eisarti
ger Oberflächen durch Wälzen in gepulvertem Glas (zu unterscheiden vom geätzten Eis
glas). Dem Irisieren und Lüstrieren sowie der Reduktion sind eigene Abschnitte dieser
Publikation gewidmet.
Eine eigene Gruppe mit anspruchsvoller Technologie bilden die Millefiorigläser sowie
die Netz- und Fadengläser,
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