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Volltext: Glas 1905 - 1925 : vom Jugendstil zum Art deco

EINLEITUNG 
Die Qualität des österreichischen Kunstglases aus den ersten Jahrzehnten des zwan 
zigsten Jahrhunderts ist in künstlerischer und technischer Hinsicht unbestritten. Dafür 
waren mehrere Faktoren und Konstellationen maßgebend, nicht zuletzt das enge Zu 
sammenwirken der böhmischen Glasproduzenten mit den künstlerischen Kräften im 
ganzen Land, besonders in Wien. Die Tätigkeit der „Glasverleger“ (E. Bakalowits Söhne 
und J. & L. Lobmeyr, Wien) bildete die Klammer für die regional getrennten Bereiche, 
unterstützt durch den hohen Ausbildungsstand einschlägiger Kunstgewerbeschulen 
(Wien und Prag) sowie der Fachschulen für die Glasindustrie (Haida und Steinschönau). 
Wiewohl bedeutende Glashütten auch außerhalb Nordböhmens zum besonderen Ruf 
des österreichischen Kunstglases wesentlich beitrugen (als wohl berühmtestes Beispiel 
sei hier Joh. Lötz Witwe in Klostermühle bei Unterreichenstein genannt), konzentrierten 
sich Glasproduktion und -Veredlung auf den Haida-Steinschönauer Bezirk. Über das 
„böhmische Schleiferland“ wissen zeitgenössische Autoren (Lode-Schwiedland 1907, 
S. 377-344) anschaulich zu berichten: 
„Die Glashütten, welche Rohglas hersteilen, sind über verschiedene Bezirke Böhmens 
verstreut. Die Veredlung ihrer Erzeugnisse ist dagegen lokalisiert: die Hohlglasraffinerie 
liegt geschlossen in der Gegend um Haida, die Kurzwarenerzeugung aus Glas in jener 
von Gablonz. 
Die Handelszentren im Haida-Steinschönauer Bezirke sind die Städtchen Haida 
(3200 Einwohner) und Steinschönau (5200 Einwohner). Um diese Orte herum gruppie 
ren sich im Kreise etwa zwanzig Ortschaften, in denen die von Verlegern abhängigen 
Schleifer, Kugler, Einbohrer, Graveure, Ätzer, Maler, Versilberer, Gürtler, Holzschnitzer 
und Glasmanschettenerzeuger, zum Teile nach Orten geschieden, hausen. Zunächst 
übernehmen die Schleifer die rohen Glasstücke vom Verleger und liefern sie bearbeitet 
zur Prüfung und Verrechnung an ihn zurück oder, wenn ihre Vollendung sehr dringt, un 
mittelbar an andere verlegte Arbeiter weiter: an Graveure, Ätzer, Maler, Versilberer 
usw., durch deren Mitwirkung die Jahrmarkts-, sowie die besseren Erzeugnisse der 
Haida-Steinschönauer .Glasindustrie' entstehen ... In Haida, dessen schmucke Häus 
chen Wohlhabenheit verraten, dürften 30 Glasverleger bestehen. Manche beschäftigen 
im Handelsbetriebe bloß Familienangehörige, andere dagegen eine große Zahl von kauf 
männischem und Magazinspersonal... Im nahen Steinschönau bestehen 26 Verleger, 
etwa ebensoviele in den sonstigen umliegenden Orten ... Die Gesamtzahl der von den 
(etwa 90) Verlegern abhängigen Arbeiter sämtlicher Glasveredlungsgewerbe im Bezirke 
wird auf 3800 geschätzt. 
Etwa 250 Schleiferbetriebe gruppieren sich vorwiegend in den Orten Nieder- und Ober- 
Preschkau, Hillemühl, Röhrsdorf, Morgenthau und Langenau, entlang von Wasserläufen, 
deren Betriebskraft sie nutzen. Im ganzen dürften sich der Schleiferei gegen 450 Perso 
nen widmen, wozu etwa 130 Trägerinnen kommen .. 
Heinrich Strehblow, langjähriger Direktor der Fachschule von Haida, berichtet im Jahre 
1927 (Strehblow 1927, S. 8-11): 
„Die allererste Entwicklung der Verzierung von Glasgefässen in Nordböhmen, im heuti 
gen Glasindustriegebiete der Städte Haida und Steinschönau reicht wohl bis ins sech 
zehnte Jahrhundert zurück; aber erst im siebzehnten Jahrhundert, nach dem dreissig- 
jährigen Kriege kam dieses Veredlungsgewerbe zur Wirkung und das verzierte böhmi 
sche Glas zur Bedeutung. Wie auch in anderen Ländern hing auch hier die Glaser 
schmelzung in erster Linie vom Vorhandensein der nötigen Holzmenge und dann von 
den vorhandenen Rohstoffen, also vom Glasgemenge ab. Und mit den damals vorhan 
denen Mitteln konnte nur ein Alkalikalkglas erschmolzen werden, eine sehr streng flüs- 
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