darüber hinaus auch, daß die Wiener Werkstätte bereits zur Zeit ihrer Gründung eine
völlig neue Typographie entwickelt hatte. Diese Typographie ist im Vergleich zu allem
Vorhergegangenen auf diesem Gebiet ebenso kühn und revolutionär wie die bereits er
wähnten Marken und Signets, von denen Rosenmarke und WW-Monogramm in unter
schiedlichen Größen bzw. Proportionen im Stanzenbuch wiedergegeben sind.
DIE WIENER WERKSTÄTTE-MARKEN UND IHRE ENTWERFER
Für die Marken und Signets der Wiener Werkstätte konnten bisher im Archiv der Wiener
Werkstätte keine Hinweise auf die Urheber gefunden werden. Die einzigen zeitgenössi
schen publizierten Zuschreibungen dürften in den Werken von F. H. Ehmcke enthalten
sein. Dort wird Josef Hoffmann als Schöpfer der Rosenmarke genannt (Ehmcke 1921,
S. 32), hingegen das WW-Monogramm und ein Firmensignet der Wiener Werkstätte
(Ehmcke 1921, S. 32, bzw. Ehmcke 1925, S.21) mit Kolo Moser in Verbindung gebracht.
Die Typographie der Wiener Werkstätte soll in einer anderen Publikation untersucht wer
den, doch sei vorweggenommen, daß die Autorschaft Mosers für die Schrift-Marken
bzw. -Signets und jene Hoffmanns für die Rosenmarke sehr wahrscheinlich ist. Ehmcke
verweist in diesem Zusammenhang auf Mackintosh: „Wie seine ganz auf historische
Überlieferung verzichtenden, streng sachlich konstruierten, nur durch Materialschönheit
wirkenden, im übrigen schmucklosen Bauten wohl auf die Wiener Architektur des Hoff-
mannkreises einen bestimmenden Einfluß ausübten, so fanden seine Schriftanregungen
ebenfalls in Wien einen guten Boden. Das beweisen die allerlei dekorativen Experi
mente, die man als .wienerisch' zu bezeichnen pflegt. Als ein Beispiel für viele gelte die
Marke der Wiener Werkstätte.“ (Ehmcke 1925, S.21-22). Jedoch gerade die Gegenüber
stellung von Mackintoshs Schriftgeviert und dem Signet-Block Kolo Mosers zeigt
grundsätzliche Verschiedenheiten, die in Mackintoshs Schrift einen dekorativen Faktor
erkennen lassen, den die strenge Struktur der klar gerahmten und gegliederten Signets
von Kolo Moser fast kontrapunktiert. Als Non plus ultra größtmöglicher Reduktion ist
das WW-Monogramm gestaltet. Demgegenüber wirkt das bildhafte Zeichen der Rosen
marke als stilisierte Blüte wesentlich dekorativer.
KENNZEICHEN ALS DATIERUNGSHILFE - EINE ARBEITSTHEORIE
Im folgenden versuche ich, das Resume aus meinen Forschungen ziehend, Kennzei
chen als Datierungshilfe einzusetzen. Es sei ausdrücklich betont, daß es sich dabei um
eine Arbeitstheorie handelt. Anspruch auf Allgemeingültigkeit kann und will ich nicht er
heben, jedoch ein Gerüst erarbeiten, das die Grundlage für die zeitliche Einordnung von
Wiener Werkstätte-Objekten bilden soll.
Hinsichtlich der Kennzeichnung von kunsthandwerklichen Objekten kann man ein Ge
fälle beobachten, das bis auf relativ wenige Ausnahmen auch für die Wiener Werkstätte
Gültigkeit hat: Objekte aus Edelmetall sind in der Regel am besten gekennzeichnet,
dann folgen solche aus unedlen Metallen; nach den Keramiken sind Gläser, Buchein
bände und Lederarbeiten zu nennen. Textilien und Möbel bilden das Ende dieser Skala.
Die zahlreichen Entwürfe und Werkzeichnungen der Wiener Werkstätte im Österreichi
schen Museum für angewandte Kunst sind auf vielerlei Weise bezeichnet: manche tra
gen Wiener Werkstätte-Marken (Rosenmarke, WW-Monogramm) als Stempel, sehr häu
fig kommen Signets vor, die auch in verschiedenen Archivstempeln enthalten sind.
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