IRISIERUNG UND LÜSTRIERUNG
Gustav E. Pazaurek, Metallreflexe in der Glasindustrie und Keramik, in: Mitthei
lungen des Nordböhmischen Gewerbe-Museums, XVIII. Jahrgang (1900). Nr. 1,
S. 1-8:
In der Keramik, wie in der Glasindustrie lassen sich die Bestrebungen, durch eine besondere
Behandlung der Oberfläche einzelner Erzeugnisse effectvolle Reflex- und Schillerwirkungen
zu erzielen, ungemein weit zurückverfolgen. Die in allen Ländern der ehemaligen römischen
Weltherrschaft, in Kleinasien und am Rhein, in Nordafrika, wie an der Donau nicht selten zu
Tage geförderten Reliquien antiker Glasindustrie tragen gewöhnlich herrliche Reflexe zur
Schau, welche bald dem milden Farbenwechsel einer Seifenblase, bald dem intensiv goldigen
Farbengefieder eines ausländischen Vogels gleichen. Die Verwitterung, der die Gläser durch
so lange Zeit im Erdboden ausgesetzt waren, ist die Ursache hievon; verschiedene, im Bo
den enthaltene Mineralsalze haben im Laufe der Jahrhunderte die äußerste Oberfläche ange
griffen und zersetzt. Aber dieser Farbenglanz haftet nur in losen Schuppen an und wird oft
bei der Berührung mit der Fland abgeblättert, sodass nur das blind gewordene Glas zurück
bleibt. Im Altertume gab es aber auch bereits - wenngleich nur selten - Glasobjecte, die das
schimmernde Farbenspiel im neuen Zustande aufzuweisen hatten. Kaiser Fladrianus
(117-138) schickt an seinen Schwager, den Consul Servianus, solche eigenartige Gläser, die
er halb griechisch und halb lateinisch mit dem Namen „allassontes versicolores“ bezeichnet,
d. h. „farbenwechselnd, verschiedenfarbig“. Wol bald mag aber diese Technik, die gewiss nur
einen Zufallserfolg bedeutet, wieder verloren gegangen sein.
In der Keramik des Islams taucht der „reflet metallique“ im Mittelalter wieder auf. Schwefel
verbindungen von Kupfer, Silber und Eisen, die mit Ocker gemengt wurden, erzeugen auf der
Glasur der Wandfliesen in den Moscheen von Persien metallischen Glanz, bald blassgold,
bald mehr ins Braune oder Kupferfarbene schillernd, je nach dem Silbergehalt, der nament
lich bei späteren und weniger kostbaren Gegenständen geringer war. Schon im 12. Jahrhun
derte ist diese Technik im ganzen Moslemin-Bereich verbreitet; im Schutt der im 12. Jahrhun
derte zerstörten ägyptischen Stadt Fostat, an deren Stelle sich heute Kairo erhebt, wurden
so behandelte Scherben gefunden, und von den spanischen Mauren berichtet uns der Geo
graph Edrisi deren Fertigkeit im Metallüster. Die ältesten, uns noch erhaltenen und datirten
Objecte zeigen die Jahreszahl 1217 ... Die spanisch-maurischen Majoliken weisen densel
ben Gold- oder Kupferlüster auf, und gerade in Spanien hat sich diese Decorationsweise län
ger erhalten, als anderwärts; noch in der christlichen Zeit werden besonders in Manises bei
Valencia . . . ganz gut lüstrirende Gefäße gemacht... Inzwischen war zu Anfang des 16. Jahr-
hundertes eine der prächtigsten Lüsterfarben entdeckt worden, nämlich der herrliche tief-
carminrothe Lüster von Gubbio, einer kleinere Majolicafabrik im Flerzogtum Urbino. Die älte
ste erhaltene Gubbio-Lüstermajolika mit der Datirung 1501 steht heute im South-Kensington-
Museum zu London. Kaum waren die Experimente Giorgio Andreolis gelungen, verbreitete
sich auch schon der Ruhm von Gubbio über ganz Italien, zumal die Palette des Majolicama-
lers nicht einmal eine gewöhnliche, brauchbare rothe Farbe besaß, und die Fabrik hatte voll
lauf zu thun, um die Zahl der Aufträge zu bewältigen, obgleich die Brände nur in geringem
Percentsatz gelangen. Desungeachtet schickten die berühmtesten Manufacturen von Urbino,
Casteldurante, Faenza etc. ihre Erzeugnisse nicht selten nach Gubbio, wo dieselben stellen
weise mit dem prächtigen Carminlüster überdecorirt wurden. -
In der Glasindustrie kennt man das ganze Mittelalter und die Renaissance keine ähnlichen
Bestrebungen, und die grundverschiedene Aventurindecoration der alten Venetianer, die sich
allmälig auch nach Norden im bescheidenen Maße verbreitete, ist die einzige Art und Weise,
die ähnliche Wirkungen - natürlich nicht in der Oberflächenbehandlung, sondern in der
Masse - anstrebte.
Wir müssen Jahrhunderte überspringen, ehe wir die Lüsterwirkungen in der Keramik wieder
finden; in unserer Glasindustrie, deren größte Blütezeit im 18. Jahrhunderte auf der künstleri
schen Vervollkommnung des Glasschnittes beruhte, ist natürlich von so entgegengesetzten
Bestrebungen noch viel länger nichts zu merken.
- Bei Empire-Porcellanen - in erster Reihe der Wiener Manufactur - finden wir einen seit dem
Anfänge des 19. Jahrhundertes beliebten Kupferlüster, der vorläufig discret und mit Relief-