Ad B. Zum Erweise der Ausübung wird darauf verwiesen, dass in Oesterreich vor dem Priori
tätszeitpunkte irisierende Vasen mit mattem metallischem und stellenweise mattem, stellen
weise glänzendem Irisschimmer, welche nach dem System Louis C. Tiffany in New-York er
zeugt waren, öffentlich ausgestellt gewesen sind, und zwar:
a) 1897 Im nordböhmischen gewerbemuseum in Reichenberg, ferner in Haida und Steinschö
nau aus der Collection S. Bing in Paris;
b) im October 1897 im k. k, österr. Museum für Kunst und Industrie in Wien eine Collection
von S. Bing;
c) Nr. 1989 und Nr. 1987 - 2 Tiffany-Gläser seit 21. März 1898 im Besitze des ad b genannten
Museums und seitdem dort ausgestellt.
Der Beklagte bestreitet die Angaben der Klägerin und macht geltend, dass die Beschreibung
allen gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Bezüglich der Neuheit des Erfindungsgegenstandes führt der Beklagte aus, dass sein Verfah
ren ein „Combinationsverfahren“ sei, indem die einzelnen Theile des Verfahrens wohl be
kannt seien, jedoch nicht die Combination derselben, durch welche ein neuer technischer Ef
fect erzielt werde.
Zugegeben wird, dass Tiffany-Gläser 1897 und 1898 in Reichenberg und Wien ausgestellt wa
ren, jedoch beweise dies nichts für die Gleichheit der Technik.
Im Gegentheil, es spreche schon die Beschaffenheit des Glases gegen die Gleichheit der
Technik.
Der Beklagte behauptet, dass jeder Sachverständige den Unterschied zwischen den Tif-
fany’schen und seinen Fabrikaten sofort erkennen wird.
Tiffany-Gläser seien aus massivem metallisch-gefärbten Glase erzeugt, da sie auf ihrer gan
zen Innen- und Aussenfläche einen metallischen Effect aufweisen, während seine Gläser nur
jene metallisch-mattglänzenden Stellen besitzen, welche nach der dem Privilegium zugrunde
liegenden Beschreibung mit einer metallisch gefärbten Glasschmelze versehen wurden.
Die gemäs § 47, lit. b und c der Vollzugsvorschrift zum Priv.-Gesetze (M. E. v. 5./10. 52,
Z. 1888) vernommenen Sachverständigen haben nachstehendes Gutachten erstattet:
Die Patentansprüche des angefochtenen Privilegiums lauten folgendermassen:
1. Ein Verfahren um Glasgegenständen einen matten oder einen combinierten, stellenweise
matten und glänzenden Iris-Effect zu verleihen, darin bestehend, dass der in üblicher Weise
vorgearbeitete Glasgegenstand an den mit dem beabsichtigten matten Iris-Effect zu verse
henden Stellen mit einer metallisch vorgefärbten, d. h. durch Metalle, wie Gold, Silber, Kup
fer, Antimon etc. oder Metalloxyde gefärbten Glasschmelze versehen, sodann einem starken
Feuer und erst nachträglich in gewöhnlicher Weise den einen Iris-Effect bewirkenden Dämp
fen aus Zinnsalz, Strontian, Baryt etc. ausgesetzt wird.
2. Als neue Industrieproducte Glasgegenstände mit einem in beschriebener Weise herge
stellten, matten, metallischen Iris-Effect oder mit einem combinierten, stellenweise matten
und glänzenden Iris-Schimmer.
Aus dem Wortlaute des Patentanspruches 1 und auch aus dem übrigen Theile der Beschrei
bung geht hervor, dass in dem angefochtenen Privilegium eine Combination von Verfahrens
phasen zur Herstellung von Gläsern mit Iris-Effecten geschützt ist.
Die einzelnen Phasen, aus welchen sich dieses Verfahren zusammensetzt, sind genau ge
kennzeichnet so dass jeder Sachverständige im Stande ist, „den Gegenstand nach der Be
schreibung zu verfertigen, ohne neue Erfindungen, Zugaben oder Verbesserungen beifügen
zu müssen.“
Es ist somit nichts erforderlich, Näheres über die bei der Durchführung des angefochtenen
Verfahrens stattfindenden chemischen Processe anzugeben, da ja die Arbeitsweise in der
Beschreibung klar gekennzeichnet ist.
Die Angabe in der Beschreibung zum angefochtenen Privilegium, dass „metallisch vorge
färbte Glasmassen“ zur Decoration der in üblicher Weise vorgearbeiteten Glasgegenstände
verwendet werden, bietet dem Sachverständigen ausreichende Anhaltspunkte für die Durch
führung des im angefochtenen Privilegium beschriebenen Verfahrens.
In dem angefochtenen Privilegium ist nämlich nicht blos die Combination bestimmter Ausfüh
rungsformen der einzelnen Theilverfahren geschützt, sondern die Combination aller mögli
chen Ausführungsformen dieser einzelnen Theilverfahren.
Die gleichen Gesichtspunkte sind maassgebend hinsichtlich der für die Erzielung des Irisef
fectes anzuwendenden Metallverbindungen.
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