Die Aufhebung der erstangeführten Entscheidung vom 20. März 1901, Z. 59700, wird in der
Beschwerde wegen mangelhaften Verfahrens und in merito als gesetzlich nicht begründet
begehrt.
I. Ais Mängel des Verfahrens werden gerügt:
1. Der Beschwerdeführerin sei das rechtliche Gehör versagt worden, einerseits weil ihr die
vom Beklagten auf ihre Klage und den Klagenachtrag der Beschwerdeführerin erstatteten
Einwendungen der Firma nicht bekannt gegeben und zur Erstattung einer Replik zubeschie-
den worden seien, andererseits weil der klägerischen Firma die Betheiligung an der Beweis
aufnahme nicht gestattet worden sei.
Flierzu ist zu bemerken: Sowohl die Klage der beschwerdeführenden Firma, als auch der
Nachtrag zu derselben wurden dem Beklagten, Ritter von Sp., zur Einbringung seiner Ein
wendungen zugemittelt. Die beschwerdeführende Firma hatte Gelegenheit, in ihrer Klage al
les vorzubringen, was sie zu deren Begründung dienlich erachtete, und sie hat dies auch ge-
than.
Das rechtliche Gehör beider Parteien ist gewiss auch ein im Administrativverfahren zu beob
achtender Grundsatz.
Dieser Grundsatz wurde aber auch im vorliegenden Falle vollständig gewahrt, indem eben
dem Beklagten Gelegenheit gegeben wurde, sich über die in der Klage vorgebrachten Be
hauptungen und Umstände zu äussern. Es kamen also beide Parteien zum Wort.
Dass nochmals Aeusserungen und Gegenäusserungen einzuholen wären, ist kein Erforder
nis des rechtlichen Gehörs, dies umsoweniger in einem Verfahren über Privilegiumsstreitig
keiten, welches einen officiösen Charakter hat, woraus folgt, dass die entscheidende Be
hörde, das Handelsministerium, nach eigenem Ermessen alles ins Klare zu stellen hat, was es
für seine Entscheidung erforderlich erachtet.
Dadurch also.ass das Handelsministerium sich mit Klage und Einrede begnügte, wurde das
Recht keiner Partei verltzt und erscheint somit das Verfahren in dieser Richtung nicht als
mangelhaft.
Was die Einwendung betrifft, dass der Beschwerdeführerin nicht Gelegenheit gegeben wor
den sei, sich an der Beweisaufnahme zu betheiligen, indem ihr das Gutachten der vom Han
delsministerium einvernommenen SAchverständigen nicht bekannt gegeben und dadurch die
Fragenstellung an die Sachverständigen und die Erörterung der Gegenbeweisaufnahme un
möglich gemacht worden sei, so ist zu beachten, dass die Entscheidung allerdings nach Ein
holung eines Sachverständigen-Gutachtens erfloss, dass es sich hiebei aber nicht um die
Durchführung eines von den Parteien angebotenen Beweises, sohin um ein parteimässiges
Beweismittel, sondern lediglich darum handelte, die der entscheidenden Behörde für die Fäl
lung ihrer Entscheidung erforderliche sachverständige Information einzuholen.
Eine Mitwirkung bei diesem Gutachten kommt den Parteien demnach nicht zu und es be
gründet keinen Mangel des Verfahrens, dass im vorliegenden Falle die Parteien vor der Fäl
lung der Entscheidung nicht von dem Sachverständigen-Gutachten in Kenntnis gesetzt und
darüber gehört wurden.
2. Das Sachverständigen-Gutachten beruhe bezüglich der Frage, ob durch die Ausstellung
von Tiffanygläsern zu Reichenberg und Wien eine neuheitsschädliche Ausübung des Erfin
dungsgegenstandes stattgefunden abe, zum Theil auf unrichtigen Voraussetzungen, zum
Theil auf offenbarem Missverständnis. In ersterer Hinsicht sei der Thatbestand auch nicht ac-
tenmässig aufgenommen und bedürfe derselbe in wesentlichen Punkten einer Ergänzung.
Unrichtig soll die Voraussetzung sein, dass aus den ausgestellten Tiffanygläsern die Herstel
lungsweise auch von Sachverständigen nicht entnommen werden könne, und die Be
schwerde beruft sich diesbezüglich auf zwei Sachverständigen-Gutachten, welche in dem
vor dem k. k. Kreisgerichte in L. abgeführten Eingriffsprocesse aufgenommen wurden. Das
Gutachten der Sachverständigen, welches in der angefochtenen Entscheidung wörtlich wie
dergegeben ist, sagt ausdrücklich, dass es für den Fachmann im allgemeinen unmöglich ist,
wenn es sich um gewisse decorative Effecte handelt, allein auf Grund der Besichtigung die
ser Gläser mit Bestimmtheit anzugeben, mittels welchen Verfahrens dieser Effect erzielt
wurde, da sehr häufig ein und derselbe Effect in ganz verschiedener Weise erhalten werden
kann.
Demgegenüber sind die in dem Eingriffsprocesse als in einem ganz anderen Verfahren abge
gebenen Gutachten ganz ohne Belang, da eben nur Meinung gegen Meinung steht und das
Handelsministerium keinen Grund hatte, an der Richtigkeit der Meinung der von ihm einver
nommenen Sachverständigen zu zweifeln. Als weitere unrichtige Voraussetzung des Gutach-
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