4. Endlich rügt die Beschwerde als Mangel des Sachverständigen-Gutachtens, dass die in
der Annullierungsklage der beschwerdeführenden Firma geltend gemachten Mängel der Be
schreibung, welche darin bestehen sollen, dass die Zusammensetzung der Glasschmelze
nicht näher angegeben ist, gar nicht gewürdigt worden seien.
Auch dieser Einwand ist nicht richtig.
Denn das Sachverständigen-Gutachten sagt ausdrücklich, dass die einzelnen Phasen des
privilegierten Combinationsverfahrens zur Herstellung von Gläsern mit Iriseffect ganz genau
gekennzeichnet sind, so dass jeder Sachverständige imstande ist, den Gegenstand nach der
Beschreibung zu verfertigen, ohne neue Erfindungszugaben oder Verbesserungen beifügen
zu müssen, weshalb es nicht erforderlich sei, Näheres über die bei der Durchführung des an
gefochtenen Verfahrens stattfindenden chemischen Processe anzugeben, da ja die Arbeits
weise in der Beschreibung klar gekennzeichnet sei. Die Angabe in der Beschreibung, dass
metallisch vorgefärbte Glasmassen zur Decoration der Glasgegenstände verwendet werden,
biete den Sachverständigen ausreichende Anhaltspunkte für die Durchführung des im ange
fochtenen Privilegium beschriebenen Verfahrens. In dem Privilegium sei nämlich nicht bloss
die Combination bestimmter Ausführungsformen der einzelnen Theilverfahren geschützt,
sondern die Combination aller möglichen Ausführungsformen dieser einzelnen Theilverfah
ren.
Wenn die Beschwerde noch weiter rügt, dass auf den in der Klage angebotenen Herstel
lungsbeweis darüber, dass der den vom Privilegiumsinhaber deponierten Mustern eigen-
thümliche matte Isisschimmer durch die Dämpfe aus salpetersaurem Baryt, salpetersaurem
Strontion und Zinnchlorür nicht zu erreichen sei, nicht zugelassen worden ist, obwohl nur
durch einen solchen Beweis die Mängel der Beschreibung hätten dargethan werden können,
so ist wieder auf das Sachverständigen-Gutachten hinzuweisen, wonach hinsichtlich der für
die Erzielung des Iriseffectes anzuwendenden Metallverbindungen die gleichen Gesichts
punkte maassgebend seien. Durch das Namhaftmachen einiger dieser Verbindungen und
daran schliessend des Wörtchens „etc.“ im Patentansprüche 1 sei klar ausgesprochen, dass
die Verwendung aller für ähnliche Zwecke bekannten Verbindungen bei der Combinationser-
findung des Privilegiums mit in den Schutzbereich dieses Privilegiums fällt.
Hiezu ist nur noch zu bemerken, dass weder die Herstellung der Glasschmelze an den vorge
arbeiteten Glasgegenständen, noch die Herstellung des irisierenden Effectes an denselben
an sich Gegenstand des Privilegiums sind, dass vielmehr das Privilegium die schon früher
diesbezüglich angewendeten Mittel und Verfahrensweisen acceptiert und nur die eigenartige
Combination der einzelnen Verfahrensweisen, welche in ihrer Gesammtheit zur Herstellung
der Irisgläser führen, unter Schutz stellt.
II. Das Begehren um Aufhebung der angefochtenen Entscheidung als gesetzlich nicht be
gründet stützt die Beschwerdeführerin darauf, dass
1. Durch die Ausstellung von Tiffany-Gläsern im Gewerbemuseum zu Reichenberg und im
k. k. Museum für Kunst und Industrie in Wien eine neuheitsschädliche Vorausübung des Privi
legiumsgegenstandes im inlande stattgefunden habe und dass
2. Der Gegenstand der privilegierten Erfindung schon vor dem Prioritätszeitpunkte des ange
fochtenen Privilegiums im Inlande durch eine Druckschrift, nämlich durch den bereits er
wähnten Artikel „Die Kunstgläser von Louis C. Tiffany“ von S. Bing in Paris bekannt gewesen
sei.
Ad 1. Der Privilegiumsinhaber gibt in seiner Gegenschrift den thatsächlichen Umstand, dass
Tiffany-Gläser vor dem Prioritätstage seines Privilegiums an den bezeichneten Orten öffent
lich ausgestellt gewesen seien, zu; mit Recht aber wendet er ein, dass aus dieser Ausstel
lung eine neuheitsschädliche Ausübung des Privilegiums im Inlande nicht stattgefunden
habe.
Es mag ununtersucht bleiben, ob in der erwähnten Ausstellung eine Ausübung des privile
gierten Verfahrens überhaupt erblickt werden kann, da nicht feststeht, ob diese Ausstellung
zu dem Behüte erfolgt ist, um das Privilegium im Inlande gewerblich zu verwerten, denn nur
in diesem Falle könnte von einer Ausübung des Privilegiums die Rede sein. Neuheitsschäd
lich wäre aber die Ausübung durch die Ausstellung der Tiffany-Gläser nur dann, wenn erwie
sen wäre, dass die ausgestellten Gläser, sowie überhaupt die sogenannten Tiffany-Gläser in
der gleichen Weise erzeugt werden, wie die Irisgläser des Privilegiumsinhabers.
Dies ist aber keineswegs der Fall, wie zweifellos aus dem vom Handelsministerium eingehol
ten Sachverständigen-Gutachten hervorgeht.
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