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der verschiedentonigen Stücke des Glases, die durch Verbleiung aneinander gebunden sind.
Die Verbleiungslinien werden ornamental benutzt; so rahmt hier eine solche Linie den
Kopf wie ein Reif ein, und gleich Juwelen glühen in ihm Karfunkel- und Smaragd-
füllungen auf.
Dieser Edelstein-Feuerzauber voll Gralleuchten und Monstranzmagie ist ja das höchste
Wesen dieser Kunst. Und am hinreißendsten offenbart es sich in alter Kirchen ehrwürdiger
Nacht, und unvergeßlich in Sainte-Chapelle zu Paris.
Auf Lechters Spuren geht Kurt Stoeving: Blumenstücke fügt er, Anemonen, samtlila
in Blau und Grün schwimmend, und lichte Sternblüten und einen Brennen, als mystisches
Symbol, wie er siebenröhrig auf den Titeln des Angelus Silesius und des Friedrich Spee
stehen könnte, ein Zeichen fließender, sich ergießender Gottheit. Dann ragt ein christlicher
Ritter in Waffen aus Wolken von Rubinen und Saphiren.
Schwellende Akkorde und Weihfestspielklänge suchen auch Gußmann und Unger.
Gußmann läßt aus dunkelglühendem Blau einen bleichen Kruziiixus tauchen und die Rippen
der Glasverbleiung spinnen sich um ihn wie ein Dornengerank. Unger stellt im schmalen
langen Pfeilerfenster steil einen Gewappneten hin, gelb dieRüstung, blank das zum Himmel
gereckte Schwert.
Und musische Gestalten reiht er zum Reigen mit Saitenspiel im feierlichen Schreiten.
Und Pathos und Märchendämmerung - so eine blühende Melisanden-Wildnis
mit einem Fabelwesen und einer girlandenumHatterten Reiterin - kommen echt und
stark heraus, weil diese schmelzenden, glühenden Crepusculefarben etwas Verzücktes,
Ekstatisch-Gesteigertes atmen. Doch vielseitig sind dabei die Möglichkeiten. Nicht immer
braucht diese Kunst trunken sein. Sie gibt auch anderen Temperamenten Gelegenheit. Der
Architekt Geßner zeich-
net auf seinem Fenster
mit Verbleiung eine grad-
liniggeometrischeGatter-
musterung und schreibt
darin eine langgezogene
Ellipse ein, ein Lieblings-
motiv des Schotten Mac-
kintosh.
Cäsar Klein bringt
als Füllung der Scheiben
vignettenhaftalteStadtin-
terieure, Grachten, Fach-
werkgiebelhäuser. Und
dann kommt die Fülle der
leichten Künste, plakat-
und ex librismäßig, wofür
sich die auf Flächenmo-
saik angelegte Glaskunst
gut eignet.
Belling malt ulkige
Tierornamente, Eulen,
Schnecken, Hähne, und
lustig ist der Tierfries
von Friese mit Frosch,
Seeigel, Maus, Schmet-
terling,gekröntemRaben.
Für Kinderzimmer ein Aus dem Fachkurse für Textilzeichner in Wien. Entwurf für einen klein-
vergnüglicher Schmuck. gemusterten Seidenstoff von Artur Schaaf
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