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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 10)

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der verschiedentonigen Stücke des Glases, die durch Verbleiung aneinander gebunden sind. 
Die Verbleiungslinien werden ornamental benutzt; so rahmt hier eine solche Linie den 
Kopf wie ein Reif ein, und gleich Juwelen glühen in ihm Karfunkel- und Smaragd- 
füllungen auf. 
Dieser Edelstein-Feuerzauber voll Gralleuchten und Monstranzmagie ist ja das höchste 
Wesen dieser Kunst. Und am hinreißendsten offenbart es sich in alter Kirchen ehrwürdiger 
Nacht, und unvergeßlich in Sainte-Chapelle zu Paris. 
Auf Lechters Spuren geht Kurt Stoeving: Blumenstücke fügt er, Anemonen, samtlila 
in Blau und Grün schwimmend, und lichte Sternblüten und einen Brennen, als mystisches 
Symbol, wie er siebenröhrig auf den Titeln des Angelus Silesius und des Friedrich Spee 
stehen könnte, ein Zeichen fließender, sich ergießender Gottheit. Dann ragt ein christlicher 
Ritter in Waffen aus Wolken von Rubinen und Saphiren. 
Schwellende Akkorde und Weihfestspielklänge suchen auch Gußmann und Unger. 
Gußmann läßt aus dunkelglühendem Blau einen bleichen Kruziiixus tauchen und die Rippen 
der Glasverbleiung spinnen sich um ihn wie ein Dornengerank. Unger stellt im schmalen 
langen Pfeilerfenster steil einen Gewappneten hin, gelb dieRüstung, blank das zum Himmel 
gereckte Schwert. 
Und musische Gestalten reiht er zum Reigen mit Saitenspiel im feierlichen Schreiten. 
Und Pathos und Märchendämmerung - so eine blühende Melisanden-Wildnis 
mit einem Fabelwesen und einer girlandenumHatterten Reiterin - kommen echt und 
stark heraus, weil diese schmelzenden, glühenden Crepusculefarben etwas Verzücktes, 
Ekstatisch-Gesteigertes atmen. Doch vielseitig sind dabei die Möglichkeiten. Nicht immer 
braucht diese Kunst trunken sein. Sie gibt auch anderen Temperamenten Gelegenheit. Der 
Architekt Geßner zeich- 
net auf seinem Fenster 
mit Verbleiung eine grad- 
liniggeometrischeGatter- 
musterung und schreibt 
darin eine langgezogene 
Ellipse ein, ein Lieblings- 
motiv des Schotten Mac- 
kintosh. 
Cäsar Klein bringt 
als Füllung der Scheiben 
vignettenhaftalteStadtin- 
terieure, Grachten, Fach- 
werkgiebelhäuser. Und 
dann kommt die Fülle der 
leichten Künste, plakat- 
und ex librismäßig, wofür 
sich die auf Flächenmo- 
saik angelegte Glaskunst 
gut eignet. 
Belling malt ulkige 
Tierornamente, Eulen, 
Schnecken, Hähne, und 
lustig ist der Tierfries 
von Friese mit Frosch, 
Seeigel, Maus, Schmet- 
terling,gekröntemRaben. 
Für Kinderzimmer ein Aus dem Fachkurse für Textilzeichner in Wien. Entwurf für einen klein- 
vergnüglicher Schmuck. gemusterten Seidenstoff von Artur Schaaf 
 
78'
	        
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