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EINLEITUNG.
vollen, reinen Klängen. An einer solchen Stelle begreifen
wir auch die Worte des Aristoteles, der alle Grundsätze
des Städtebaues dahin zusammenfaßt, daß eine Stadt so
gebaut sein solle, um die Menschen sicher und zugleich
glücklich zu machen. Zur Verwirklichung des letzteren
dürfte der Städtebau nicht bloß eine technische Frage,
sondern müßte im eigentlichsten und höchsten Sinne eine
Kunstfrage sein. Das war er auch im Altertume, im Mittel-
alter, in der Renaissance, überall da, wo überhaupt die
Künste gepflegt wurden. Nur in unserem mathematischen
Jahrhundert sind Stadterweiterungen und Städteanlagen
beinahe eine rein technische Angelegenheit geworden, und
so scheint es denn wichtig, wieder einmal darauf hinzu
weisen, daß hiemit nur die eine Seite des Problems zur
Lösung käme und daß die andere Seite, die künstlerische,
von mindestens ebenso großer Wichtigkeit wäre.
Hiemit ist der Zweck der folgenden Untersuchung
angegeben, wobei jedoch gleich eingangs zu bemerken
kommt, daß es nicht darauf abgesehen ist, schon längst und
oft Gesagtes neuerdings zusammenzutragen. Es ist auch
nicht die Absicht, neuerdings in Klagen über die bereits
sprichwörtliche Langweiligkeit moderner Stadtanlagen aus
zubrechen oder alles und jedes einfach zu verdammen und
nochmals an den Pranger zu stellen, was auf diesem Gebiete
in unserer Zeit geschehen. Eine solche bloß negative Arbeit
muß allein dem Kritiker Vorbehalten bleiben, dem ewig
nichts recht, der immer nur verneint. Wer dagegen die
Überzeugung in sich trägt, daß Gutes und Schönes auch
heute noch geschaffen werden kann, der bedarf auch des
Glaubens an die gute Sache und der Begeisterung für die
selbe. Also weder der historische noch der kritische Stand
punkt soll hier in den Vordergrund gestellt werden, sondern
es sollen alte und neue Städte rein kunsttechnisch analysiert
werden, um die Motive der Komposition bloßzulegen, auf
denen dort: Harmonie und sinnberückende Wirkung, hier:
Zerfahrenheit und Langweiligkeit beruhen; und das Ganze