NACH KÜNSTLERISCHEN GRUNDSÄTZEN.
17&
Renaissance an. Die Massengruppierung (Mittelbau, Eck
bauten durch Langtrakte verbunden, Auffahrtsrampe, kleines
Gartenparterre) zeigt uns aber eine Vollblutbarockanlage, wie
sie nicht schöner erdacht werden könnte und wovon die alten
Griechen noch keine blasse Ahnung hatten. Der barocke
Schloßbau steht in seinen Grundzügen da vor uns, selbst
das tatsächlich unerläßliche Gartenparterre ist im Keime
vorhanden (s. Fig. 112 zwischen a und b). Wo bleibt aber die
notwendige Ausgestaltung dieses Motives ? Kann man denn
einem Bau, der auf große Perspektivwirkung angelegt ist,
den unentbehrlichen Vorplatz zum Rücktritt verweigern?'
Man sollte es nicht für möglich halten, aber der moderne
Stadtbau in seiner absoluten Unfähigkeit, die Bedingungen
der Kunst auch nur zu begreifen, geschweige denn zu befrie
digen, brachte auch das zuwege. Nur die allmähliche Ge
wöhnung an diese Situation schon während des Baues macht
den jetzigen Zustand erträglich; an und für sich ist (künst
lerisch genommen) dieser schroffe Widerstreit geradezu
unerträglich. Hier muß die Ringstraße weg, hier muß der
zum Bau gehörige Vorplatz geschaffen werden. Erst dann
würde auch der Bau seinen vollen Reiz entfalten. Man
kann hievon einen kleinen Teil schon jetzt empfinden, wenn
man im Winter vom Theseustempel aus zwischen den blatt
losen Bäumen des Volksgartens und der Ringstraße hin
durch das gerade auf Fern Wirkung so vortrefflich angelegte
Werk betrachtet. Man kann es frei heraussagen, daß die
Wiener ihr Parlamentshaus noch gar nicht gesehen haben,
denn die richtigen Augpunkte dazu sind durch die Ring
straße verlegt. Es ist gerade so, als ob man eine kostbare
Tapete verkehrt an die Wand geklebt hätte, denn alle die
architektonischen Schönheiten der Bauwerke kommen auf
dieser ganzen Strecke der Ringstraße nicht zur Geltung,
nicht mit voller Kraft zum Ausdruck. Diesen Zustand zu
verbessern, wäre auch beim Parlamentshaus noch möglich.
In Fig. 112 ist ein Versuch skizziert. Zu beiden Seiten von
c bis g und von d bis h müßte die Abschließung des Raumes