GELBES GLAS IN ZEITGENÖSSISCHEN QUELLEN
(19. UND 20. JAHRHUNDERT)
Eine wichtige Quelle der Biedermeierzeit mit Angaben zum gelben Glas ist die Publika
tion von Leng; der Autor unterscheidet Sätze für „Tafelglas“, „Fensterglas“ und „Kry-
stallglas“ (Leng 1835, S. 416-418):
Gelb wird durch antimonigsaures Kali (Antimonium diaphoreticum, schweißtreibendes Spieß
glanz), Chlorsilber, Uranoxyd, selten durch Kohlenstoff erhalten. Um die erste Farbe darzustellen,
mengt man 2 Theile eisenfreies Schwefelspießglanz mit 5 Theilen getrockneten Salpeter, und
trägt das Gemenge löffelweise in einen lebhaft rothglühenden Tiegel, wobei eine Verpuffung statt
findet. Hierbei zersetzt sich der Salpeter, sein Sauerstoff verbindet sich mit dem Spießglanze zu
spießglanziger und Spießglanzsäure, welche sich mit einem Theit des Kalis verbinden, während
der Schwefel theils als schweflige Säure entweicht, größtentheils aber als schwefelsaures Kali mit
salpetrigsaurem Kali gemengt zurückbleibt. Die weiße Masse wird mit Wasser ausgesüßt, wo
durch die fremden Salze aufgelöst werden und nur ein Gemenge von antimonsaurem und antimo-
nigsaurem Kali zurückbleibt, welches man mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, um das Kali
zu entfernen, worauf das Product eine schöne weiße Farbe erhalten wird. Setzt man außer dieser
Farbe dem Glassatz noch etwas Eisenoxyd zu, so geht das Gelb etwas in's Orange über. Häufig
wendet man mit dem Antimonpräparat zugleich Mennig an, also eine Art Neapelgelb. Man ver
mengt das Antimon mit 1-2 Theilen Mennige und bringt das Gemenge in einen Tiegel, den man
% Stunden in mäßiger Hitze erhält; je mehr man Mennige zugesetzt hat, desto heller ist die Farbe.
Die Gemenge für das gelbe Glas sind folgende: . . .
Gelbes Krystallglas.
100 Th. weißer Sand
80 Th. Mennige
36 Th. calcinirte Pottasche
12 Th. krystallisirter Salpeter
8 Th. Antimon mit Mennige.
Das Chlorsilber oder Hornsilber wird wegen seines hohen Preises seltner zum Färben des Glases
angewendet, soll ihm aber eine sehr schöne gelbe Farbe ertheilen. Nach Dumas macht man ein
Gemenge von pulverisirtem Thon und Chlorsilber (aber in welchem Verhältnisse?), überzieht das
weiße Glas damit und erhitzt es dann unter der Muffel. Nach dem Erkalten nimmt man das Thon
pulver ab, und das Glas erscheint dann, in verschiedenen Abstufungen, je nach der Beschaffen
heit des Glases selbst, sehr schön gelb. Glas, welches 8-10 Procent Thonerde enthält, wird weit
schöner gelb, als wenn es nur 2-3 Procente enthielt, und die thonerdehaltigen Gläser nehmen
eine Farbe an, welche sowohl bei durchfallendem als bei reflectirtem Lichte sehr rein erscheint.
Gläser, welche keine Thonerde enthalten, erscheinen dagegen nur bei durchfallendem Lichte
durchsichtig, bei reflectirtem aber scheinen sie trübe und grün oder grünlich zu sein, was beson
ders bemerkbar wird, wenn sie einen schwarzen Körper zur Unterlage haben.
Das Uranoxyd wird unter den Farbestoffen für das Glas mit aufgeführt, mag aber wohl höchstens
zur Darstellung der unächten Edelsteine angewendet werden; es liefert zwar eine schöne Farbe,
die auch in der Porzellanmalerei benutzt wird, aber es ist sehr theuer und erfordert eine sehr vor
sichtige Behandlung, denn bei starker Erhitzung wird es braun und schwarz. Die Kohle steht zwar
an färbender Kraft den Metalloxyden nicht nach, aber sie liefert nur ein schmutziges Braungelb.
Das ordinäre Bouteillenglas verdankt bekanntlich dem Kohlenstoff seine roth= und braungelbe
Farbe; wenn man flüssiges weißes Glas mit einem Birkenzweig umrührt, so erhält es schon eine
gelbliche Farbe, ebenfalls durch den Kohlenstoff.
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