COMPOSITIONS- UND SCHMELZGLAS
Smalti und Amausen, Glaskuchen, Mosaik-Pasten und Glaspasten, Schmelzglas und
Schmelzfarben, Emailfarben und Glasflüsse, Glascompositionen und Compositions-
glas: die verwirrende Vielfalt der „Glasschmelzkunst“ spiegelt sich in diesen Begriffen.
Sind Smalti und Glaskuchen identisch? Sind Glasflüsse farbig-transparent und Emails
farbig-opak? Was sind Pasten? Sind Schmelzglas und Email Synonyme?
Alles ist - im ureigensten Wortsinn - „im Fluß“, rätselhaft wie das Glas selbst: entstan
den in komplizierten Prozessen, abhängig von zahllosen Komponenten, geschmolzen
im Feuer, geformt im Erkalten und erneutem Erwärmen, bestimmt von Stoffen, die fär
ben und entfärben, und selbst am Ende nicht völlig erstarrt, sondern geheimnisvoll le
bend, befangen in einem unendlich langsamen Fließen.
Phantastisch klingen auch manche der angewendeten Worte für manche Glasbeson
derheiten: „Amausen“, „smalti“, „Schmelz“, „Email“; folgen wir daher den Erklärungen
von Sprachkundigen. Bei Jacob und Wilhelm Grimm wird das „Schmelzglas“ erläutert:
als „leicht schmelzbares, farbiges glas, womit die Oberflächen metallener oder porzel
lanener gegenstände zum schmuck oder zum schütze überzogen, oder auf solchen
gemälde hergestellt werden, auch Schmelz (s. das.), email. . .“ (Grimm 1899, 9 Bd
S. 1026).
Kluge geht dem „Schmelzen“ etymologisch nach: schmelzen st. Ztw., ahd. smelzan,
mhd. smelzen, mnl. (und als Entlehnung von da) mnd. smelten „zerfließenals Faktiv
dazu schmelzen schw. Ztw., ahd. mhd. smelzen „zerfließen machen, in Fluß bringen“;
vgl. engl, smelt, die hierin wie im zugehörigen Schmalz (s. d.) enthaltenen Wz. vor-
germ. smeld ist mit Wz. meid (s. Malz) und gr. [liXeiv „schmelzen“ verwandt. Aus dem
Germ, entlehnt sind ital. smalto, prov. esmaut 'Schmelzglas, Schmälte’ (Kluge 1934, 11
Auflage, S. 529, 530).
Bei Kluge finden wir somit viele Worte, die im Zusammenhang mit den für uns wichti
gen Begriffen Schmelz, Email und Fluß stehen. In Fachbüchern zur Glastechnologie
sind die Begriffs-Definitionen oft widersprüchlich. Artikel zum Thema „Schmelzglas“
finden wir manchmal unter „Glas“, manchmal unter „Email“; „Schmelzglas“ und „Email“
werden einmal als Synonyme, ein anderes Mal als Ober- und Unterbegriff gesehen.
Häufig wird Schmelzglas oder Email eher mit Metall als mit anderen Materialien in Ver
bindung gebracht, z. B. beim Emaillieren (dem Überziehen metallischer Oberflächen)
oder dem Dekorieren von Metall und Bijouterie. Das Herstellen eines Mehrschichtgla
ses durch Überfangen mit Emailglasschichten ist dem Emaillieren zumindest im Auf
bau (in der Bildung mehrerer Schichten) verwandt. Emailfarben oder Schmelzfarben
dienen der Malerei auf Porzellan, Glas und Metall, wobei auf den jeweiligen Träger ent
sprechend Rücksicht genommen werden muß (dies gilt natürlich ebenso beim Email
lieren oder Überfangen). Glasemailfarben sind von unendlicher Vielfalt (zu den Sonder
formen zählen etwa: Transemail, Emailmillefiori u. a., viele davon in den böhmischen
Fachschulen um die Jahrhundertwende entwickelt).
Die Transparenz der Emailfarben führt ebenfalls zu unterschiedlichen Beurteilungen. In
der deutschen Ausgabe von Loyseis Glasmacherkunst vermerkten die (ungenannten)
Bearbeiter: „Die gefärbten durchsichtigen und undurchsichtigen Gläser, welche letz
tere auch Schmelzgläser genannt werden, sind meines Wissens jetzt nur aus Böhmen
und Venedig zu erhalten“ (Loysel 1818, S.266); hier wurden also Schmelzgläser mit
undurchsichtigen Gläsern gleichgesetzt. Prechtl spricht von „Glasflüssen“ und „Glas
pasten“: „Glasflüsse nennt man im Allgemeinen die durch Zusatz von Metalloxyden
während des Schmelzens verschiedentlich gefärbten Glasmassen. Diese Färbung be
wirkt man für verschiedene Zwecke. Entweder will man das gewöhnliche und Krystall-
glas, wie es in den Glasfabriken dargestellt wird, mit verschiedenen Farben tingiren,
um dann Glastafeln, Glasgeschirre und Schleifwaare aller Art daraus zu verfertigen;
dieses sind dann die gewöhnlich so genannten gefärbten Gläser; oder man will die
Glasflüsse zur Nachahmung der Edelsteine darstellen, wo sie dann insbesondere Glas
pasten heißen. Sind die Glasflüsse durch Zusatz von Zinnoxyd oder phosphorsaurem
Kalk undurchsichtig gemacht worden, wo sie dann eine weiße oder gefärbte steinar-
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