zen im Stande sind. Wir können uns kaum eine Vorstellung von den Mitteln machen, derer sich
die Natur bei der Bildung der Bergkrystalle bedienet hat. Durch jene Mittel, die der Kunst zu Ge-
bothe stehen, die Kieselerde in Glas zu verwandeln, erhalten wir ein Produkt, welches dem Berg
krystalle in den meisten Eigenschaften nachstehet und gewöhnlich um so vollkommner ist, je
mehr es sich ihm nähert. Diese künstlichen Mittel kommen alle darin miteinander überein, dass
sie die Kieselerde durch die Verbindung mit andern oxydirten Körpern schmelzbar mchen, um sie
dann im geschmolzenen Zustande weiter zu verarbeiten. (Scholz 1820, S. 132-133).
Formal und farblich sind wohl die „Glaszylinder mit überbogenem Rand“ am interes
santesten; die Wandungen der meisten dieser Gläser in hellen gelben, grünlichen und
bläulichen Tönen (Abb. 57) werden von einigen wenigen starkfarbigen Nuancen in hel
lem und dunklem Violett und einem kräftigen Gelbbraun kontrastiert (Abb. 56). Die
klare Kontur der Zylinderformen, der ausladende, flache Mundrand als einzige Akzen
tuierung, die dekorlose Wandung entsprechen so sehr unserem heutigen Begriff einer
neuzeitlichen „Form ohne Ornament“, daß wir versucht sind, diese zeitlosen Gläser mit
dem Terminus „Design“ in Verbindung zu bringen.
DIE SPIEGELFABRIK IN NEUHAUS
Im österreichischen Staate werden sowohl gegossene, als geblasene Spiegel erzeugt. Die erste-
ren macht bis jetzt nur die k. k. Spiegelfabrik zu Neuhaus, welche auch in Teutschland die einzige
mit einem Gußwerke versehene ist. Diese Fabrik wurde 1701 von dem Besitzer der Herrschaft
Fahrafeid, Neuhaus und Arnstein, Hm. von Hechtskron, errichtet. Nach dessen bald hierauf er
folgtem Tode fiel die Herrschaft sammt der Fabrik dem Staate anheim. Dieser überließ sie als Le
hen dem Grafen Mitkutsch, von welchem sie nach einigen Jahren durch Heimfallsrecht wieder an
den Staat zurückgelangte. Seit dieser Zeit wurde sie ununterbrochen vom Staate besessen. Die
Fabrik war bis 1783 mit der Herrschaft verbunden, wurde aber nun einer eigenen Verwaltung un
tergeordnet. Frhr. von Sorgenthal führte die Oberleitung derselben, in Verbindung mit der k. k.
Porcellanfabrik in Wien und der Wollenzeugfabrik in Linz, bis zu seinem Tode, von welcher Zeit an
sie der Direction der k. k. Porcellanfabrik übertragen wurde. Die Fabrik hatte bey ihrer Entste
hung ein ausschl. Priv., welches noch 1743 von der Kaiserinn Maria Theresia bestätigt wurde. In
Folge dieses Priv. war die Verfertigung von Spiegelwaaren in den sämmtlichen k. k. Staaten, so
wie die Einfuhr der größeren Spiegel über 10 Zoll Höhe und 8 Zoll Breite verbothen. Erst die Ver
breitung der Spiegelfabrication in Böhmen, besonders auf der gräfl. Kinskyschen Herrschaft
Bürgstein, gab 1760 Anlaß zur Aufhebung dieses Alleinrechtes. Die Schmelzhütte wurde schon
1701 erbaut, 1746 vergrößert, und nach dem Brande 1776 sogleich wieder hergestellt. Der Bau
der jetzigen Fabriksgebäude begann 1755 und wurde 1756 vollendet. 1786 wurde eine Pott
aschenhütte, eine Materialstampfe und eine Folienschlägerey damit in Verbindung gesetzt. Merk
würdig ist es, daß die Fabrik bis 1783 Quecksilber, Zinn u. a. Materialien von der Staatsverwaltung
unentgeltlich, selbst das Holz bloß gegen Ersatz der Schlagkosten erhielt, so daß es scheint, als
ob man damahls bloß der bessern Verwendung des Holzes wegen solche kostspielige Fabriksan
lagen begünstigen wollte . . . Die Fabrik hat gegenwärtig, nachdem das Blasen des Spiegelglases
ganz abgestellt ist, 2 Gießöfen und 16 Kühlöfen, welche sich in der 28 Klafter langen, 20 Klafter
breiten und 10 Klafter hohen Hütte befinden. Das Schleifen und Poliren, das Folienschlagen, das
Belegen der Spiegel, so wie das Pochen, welches in eigenen, durch Wasser getriebenen Stampf
werken verrichtet wird, geschieht in abgesonderten Gebäuden . . . (Keeß 2/1823, S. 881, 882).
Im J. 1830 fand ein Übersetzen der Fabrik nach Schlögelmühl Statt. Sie unterhält gegenwärtig 2
Schmelzöfen, von welchen jedoch nur einer abwechselnd im Gange ist; ferner 12 Kühlöfen, und
verrichtet seit dieser Transferirung das Schleifen nicht mehr mit Menschenhänden, sondern
durch eine zweckmäßig eingerichtete Maschine, welche auf 4 Tischen 16 Platten zugleich bear
beitet. Das Poliren und Belegen findet in Wien Statt; letzteres auf Tischen von Marmor und Schie
fer, von welchen der größte 126 Zoll lang und 72 Zoll breit ist. . . (Wien 1835, Bericht, S. 276).
BENJAMIN SCHOLZ: „VERVOLLKOMMNUNG DER GLAUBERSALZGLASERZEU
GUNG IN OESTERREICH“
Dem Glaubersalz (schwefelsaurem Natron), auch „Wundersalz“ oder „sal mirabile“ ge
nannt, widmete Benjamin Scholz bereits 1820 einen ausführlichen Beitrag: „Erste Ge
schichte der Verwendung des Glaubersalzes zum Glasschmelzen“ (Scholz 1820,
S. 130-235). Er geht darin bis zu den ersten Meldungen Kretschmars im Jahre 1660 zu
rück, nennt die Versuche von Pörner, Laxmann (1764 und 1766) und Pajot de Charmes.
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