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Volltext: Lampengeblasenes Glas aus Wien

STILVERGLEiCHE 
„Bimini“-Gläser sind von der nahezu unüberschaubaren Menge des „lampengeblasen 
Glases“ gut zu unterscheiden, soferne man bereit ist, sich dem Studium ihrer Charak 
teristika eingehend zu widmen. Die große Zahl nachweisbarer Modelle erleichtert die 
Identifizierung und hilft bei einer ersten Zuordnung; da es allerdings für einen kleinen 
Prozentsatz der Bimini-Modelle keine zeitgenössischen Abbildungen gibt, bleibt ein 
Rest an Unsicherheit bestehen. 
Formgebung, Ausdruck, ikonographische und stilistische Besonderheiten sollten auch 
in solchen Fällen bei der näheren Bestimmung helfen. Solange allerdings zu wenig pu 
bliziertes Vergleichsmaterial von Gläsern anderer Provenienz verfügbar ist (äußerst 
wünschenswert wäre eine Monographie über Marianne von Allesch sowie ein Katalog 
mit Werken der wichtigsten Lauschaer Glasbläser), bleiben dem Interessierten wesent 
liche Hilfsmittel der Zuordnung entzogen. 
Der Stil von „Bimini“-Gläsern hebt sich vom „lampengeblasenen Glas“ anderer Prove 
nienz vor allem durch den hohen Grad der Abstraktion ab (Abb. 91, 93, 94); Verwand 
tes läßt sich in anderen Materialien am ausgeprägtesten in den geschwungenen For 
men der Hagenauer-Metallkunstwerke (Abb. 92) finden. 
Bei direkter Gegenüberstellung wird die Eigenart der „Bimini“-Figuren und der Ver 
zicht auf anatomische Details besonders deutlich (Abb. 91, 93, 94). Ganz selten sind 
die Gesichter der „Bimini“-Figuren deutlicher - wie im Profil des Kopfes mit Nase er 
kennbar (Abb. 91) - modelliert. Vorherrschend ist die glatte Eiform des Kopfes 
(Abb. 93, 94), die auch die klassischen, großplastischen Hagenauer-Köpfe auszeichnet. 
Sieht man sich allerdings die „Bimini“-Köpfchen (Abb. 9, S. 14, oder Abb. 12, S. 17) mit 
den charakteristischen, schwungvoll weggezogenen, zierlichen Haarbüscheln an, so 
kommt einem unwillkürlich Fritz Lampls Profil mit der „hohen Stirn“ und der Schwung 
seiner Haare am Hinterkopf in den Sinn (Abb. 40, S. 43). 
Die Bewegungen der „Bimini“-Figuren sind von weichem Schwung, die Gestik der 
Hände ist ausdrucksstark (Abb 8, S. 13; Abb. 93, S. 111). 
In direkter Gegenüberstellung werden unterschiedliche Auffassungen besonders of 
fenkundig, wie beim Motiv einer Figur mit Baum. Die „Bimini“-Szene zeigt die Harmo 
nie im Schwung des Baumes - seiner Blattzweige, die von der Biegsamkeit einer Trau 
erweide sind - und in der Bewegung der knieenden Figur. Zwar in der „Bimini“-Nach- 
folge entstanden, sitzt die andere Figur, eher steif und ungelenk, unter dem Trauben 
baum mit Vögeln (Abb. 95). 
Noch zu entdecken ist die ungarische Glasbläserkunst der Zwischenkriegszeit 
(Abb. 100), und auch die elfenbeinfarbenen und silbernen Figuren unbekannter Prove 
nienz (Abb. 97, 98) sind von hohem stofflichem Reiz. 
Schwarzes Glas prägt das Erscheinungsbild vieler Figuren dieser Zeit, die sie von Bi- 
mini-Tänzern (Abb. 101) durch ein anderes Stilempfinden (Abb. 102) unterscheiden. 
Während gläserne Figürchen auf dem zarten Standgerüst fast zu schweben scheinen 
(Abb. 106), bedarf die Keramik, in Material und Technik erdenschwerer, einer entspre 
chenden Abstützung. Tanz- und Sportmotive sind auch bei Dina Kuhn zu finden, die als 
Keramikerin für die „Bimini“-Werkstätten in Neutitschein tätig war (Abb. 103, S. 117). 
Zeit- und Regionalstil prägen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Figuren von 
Bimini (Abb. 106), den Akrobaten von Suzanne Fontan (Abb. 107, 108) und den Tänze 
rinnen der Marianne von Allesch (Abb. 109). 
Eingehende Stilanalysen sind bei jenen Wiener Glasfigürchen und -gruppen erforder 
lich, die in der Nachfolge „Biminis“ entstanden, wie sonst wären Originale von Nachah 
mungen zu unterscheiden (Abb. 110-115, S. 123-125). Arbeiten im Stile „Biminis“ dürf 
ten in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg in beträchtlichem Ausmaß hergestellt worden 
sein und sind für den Betrachter noch viel problematischer in der richtigen Zuordnung, 
weil ihr Nahverhältnis zu „Bimini“ (vielleicht sogar noch von ehemaligen Mitarbeitern 
hergestellt) so groß ist (Abb. 110, 111, 114, 115). 
Eindeutig zuschreibbar sind hingegen die Arbeiten von Jaroslav Brychta (Abb. 117— 
120, 122), dessen Glasfiguren manchmal wie Marionetten an Fäden zu hängen schei- 
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