nen (Abb. 117). Gustav E. Pazaurek geht kurz auf den Lebenslauf des Künstlers ein
und charakterisiert dann seine Arbeiten:
Geboren in Pohodli bei Leitomischet am 11. März 1895 hat dieser junge Künstler zunächst die
Prager Kunstgewerbeschule besucht, später noch ein Semester an den Glasfachschulen von
Steinschönau und Haida zugebracht und sich daselbst in alten Glasveredlungstechniken ausgebil
det; seit 1920 ist er an der neugegründeten Glasfachschule von Eisenbrod angestellt. .. die
ebenfalls in der Umgebung von Gablonz geübten Verfahren des Blasens vor der Lampe wurde
von ihm in einer ganz eigenen Art weiter ausgebildet. Die gewickelten Glasperlen, wie sie z. B. Bi
schofsgrün im Fichtelgebirge macht, spielen als Glieder von Perlenketten keine nennenswerte
Rolle. Aber aus ihnen läßt sich vor der Lampe noch anderes bilden, nämlich Bestandteile sehr lu
stiger Figürchen, die auf Draht aufgefädelt werden. Brychtas Eigenart liegt also in der Kombina
tion von Lampenbläserei mit Auffädeitechnik. Er hat auch nur vor der Lampe geblasene Objekte
gemacht, wie verschiedenartige Schleierfische, Delphine oder Fabeltiere, die nicht in der Natur
geschichte stehen, sondern sonderbare Kreuzungen etwa von einem Wiesel und einer Eidechse
bedeuten. Daneben erscheinen aber in seiner Kombinationstechnik auch allerlei ebensowenig na
turalistische Viecher, wie Krebse, Skorpione, Spinnen, Affen, Schlupfwespen, Vögel und derglei
chen, oft in den phantastischsten Formen und Farben.
Ungleich interessanter sind aber die menschlichen Figürchen, die er in der gleichen Art bildet,
wie Tänzer, Gnomen, springende Chinesen, Hanswürste, Indianer, Rauchfangkehrer, neuestens
auch den Mustersoldaten Schwaik [siel] usw. Besonders lustig sind die Gruppen aus dem Sport
leben, wie Turner, Bergkraxler, Fußballspieler, Brettelhupfer, Ringkämpfer und dergleichen. So
ein Boxkampf mit einem Neger ist tatsächlich ungemein lustig, ebenso der Don Quichotte mit sei
nem Sancho Pansa oder der Mephisto, der Rattenfänger von Hameln und ähnliche Figuren der
Märchen- und Sagenwelt. Natürlich spielt das slawisch-ethnographische Element auch eine große
Rolle in allerlei Bauernszenen, wie der Liebeserklärung, dem Pfeifer, der den Vogel abrichtet, und
verwandten Gruppen und Einzelfiguren. Insgesamt hat dieser Spezialist schon über 2000 Muster
geschaffen, die durch die Eisenbroder Firma Anton Klapste auch industriell verwertet werden.
(Gustav E. Pazaurek, Humor im Glas, in: Dekorative Kunst 36/1928, S. 221-224)
Auch bei den Tierdarstellungen sind direkte Vergleiche am aufschlußreichsten: die „Bi-
mini“-Pinguine (Abb. 123, 125) zeichnen sich, einer Gruppe anderer Pinguine
(Abb. 124) gegenübergestellt, durch eine ganz andere Gestaltungsweise aus. Dasselbe
trifft für die Känguruhs (Abb. 126, 127) und die Kamele (Abb. 128, 129) zu. Einen spe
ziellen Fall stellen die Tiere und Pflanzen des Aquariums dar: wir wissen zwar, daß es
ein „Bimini“-Aquarium mit Schleierfisch, Kugelfisch, Qualle, Koralle, Seestern und See
pferdchen gab, doch existiert leider keine einzige Abbildung der Originale (Kat. Nrn.
294-301). Vermutlich können wir von den späteren Aquariumsbewohnern (Abb. 130,
133-137) auf das Aussehen der „Bimini“-Modelle schließen.
Ein Musterkoffer Wiener Provenienz war vielleicht einmal einer bestimmten Kollektion
gewidmet, wurde später allerdings mit Glasobjekten unterschiedlichster Provenienz
gefüllt (Abb. 116, S. 125).
Tiere mit biegsamen, beweglichen Körpern entstanden damals in unterschiedlichen
Techniken und Materialien. Geschmeidig gestaltet sind keramische Phantasiewesen
aus der Tschechoslovakei (Abb. 138), die zoomorphen Petschaften und Kühlerfiguren
von Hagenauer (Abb. 139-143, 146), die „Giraffengemsen“ von Walter Bosse
(Abb. 145), die Bast-Tiere von Dirck (Abb. 144), die Gemse aus Kork und Perlen,
Pferde und Zebras aus Horn, Metall und Palisander (Abb. 147, 148).
In einem aufschlußreichen Artikel über „Tiere aus Bast“ (Moderne Welt, 10. Jg., Nr. 12,
1. März 1929, S. 6-7) ging Karl Maria Grimme ausführlich auf die Verwandtschaft von
Figuren und Tieren aus Draht, Messing oder Bast mit Bimini-Gläsern ein:
Unsere moderne Inneneinrichtung wird vom Geist der Sachlichkeit beherrscht, dem Zweck ist al
les untertan. Soll jedes einzelne Möbel so praktisch und gebrauchsfähig als nur möglich gestaltet
sein, soll es seine Dienstbarkeit voll entfalten können, dann muß der Entwerfer seine Kräfte bän
digen und im Zaum halten, die lichten Geisteder Phantasie flüchten also ins Kunstgewerbe. Ist
nun auch hier bei Gebrauchsgegenständen vor allem der Gebrauchszweck zu berücksichtigen
und wird jeder einzelne kunstgewerbliche Gegenstand aus den Sondereigenschaften seines Ma
terials heraus zu gestalten sein, so bleibt doch der Phantasie immer noch ein breites Feld der Be
tätigung. Dem Kunstgewerbe ist es Vorbehalten, heiter und fröhlich zu sein.
Nun, in letzter Zeit geht man immer mehr daran, kleine figurale Plastiken aus Materialien zu ge
stalten, an die man früher nur selten oder gar nicht gedacht hat. Neben Stoffpuppen erfreuen sich
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