MR
m
m
40 Fritz Lampl (1892-1955), Reproduktion aus: Courier, London, Vol. 19, No. 4, October 1952,
S. 61
A. R.: NEUE „BIMINE-GLÄSER
Künftige Geschichtsschreiber werden nicht wenig damit zu tun haben, die Widersprüche unserer
Zeit zu registrieren, der scheinbaren Planlosigkeit der heute wirkenden Bestrebungen Deutung
zu geben. Die zerklüftete Epoche, die sich einerseits nicht genug tun kann, die technischen Hilfs
mittel zu vervollkommnen, den Zauber der elektrischen und sphärischen Geheimnisse zu er
schließen, versucht andererseits die totgesagten handwerklichen Künste vergangener Kulturen
neu zu beleben. Ein Fanatismus bewundernswerter Art hier und dort ist dabei erkennbar, ein
Kampf um das Schicksal kommender Zeiten.
Es entspricht dem Ehrgeiz des heute schaffenden Kunsthandwerkers, daß er sich Aufgaben zu
wendet, die die höchsten Anforderungen an seine lebendige Einfühlungsgabe, an sein Talent stel
len. Indem er die Neubelebung alter handwerklicher Übung und Form anstrebt, ist er der Versu
chung ausgesetzt, in bequeme Nachahmung zu verfallen und so das scheinbar Neubelebte als to
ten Ballast in unsere Zeit zu tragen.
Diese Gefahr ist in den Glasbläserarbeiten der Wiener „Bimini“-Werkstatt aufs glücklichste ver
mieden. Die reiche Formenwelt dieser an der Lampe geblasenen Gläser (die Entwürfe stammen
43