beth Bergners. Daß er der Lyrik des Traumhaften auch sonst Gegenwart zu geben fähig war, be
wies er seit 1923 als Glasbläser merkwürdiger Tierfiguren und Fabelwesen, die dank ihrer graziö
sen Fantastik bald internationale Geltung gewannen. Sehr wahrscheinlich kommt Tennessee Willi
ams Glasmenagerie von Lampls Glasbläserfiguren her. Ein rührend reiner Ton klang aus seinen
Versen, bald wie der einer Flöte, bald wie der eines Cellos. Schlicht und unverschnörkelt, ohne
Anschmiegsamkeit an irgendeinen Beifall, sozusagen nur für sich selbst, waren seine Verse ge
sagt, aber auch musiziert. Bekenntnis wurde Melodie. So überzeugten die Gedichte zweifach,
vom Menschlichen wie vom Künstlerischen her. Zuletzt malte er auch feine Aquarelle von Land
schaften, die gewissermaßen wie Farbe gewordene Gedichte wirkten. Ein Mensch voll der Kraft
des Formens und der Weisheit des Herzens ist mit ihm gestorben.
(Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung, Ser. nov. 19.397)
Auch Hilde Spiel würdigte das Schaffen Fritz Lampls:
Fritz Lampl gestorben
Fritz Lampl, der dieser Tage im Alter von 63 Jahren in London starb, gehörte zu jenen Österrei
chern, die ein erhöhtes Stilgefühl und eine rein ästhetisch bestimmte Lebenshaltung zu mehr als
einer Kunstgattung hindrängen. Die großen Beispiele sind Kokoschka, Kubin und Gütersloh. Auf
seine Art hat Lampl, schwankend zwischen der Poesie und dem Kunsthandwerk, das Schöne mit
dem Nützlichen verbunden. Als feinsinniger Lyriker wie als vortrefflicher Glasbläser trug er zur
Zier und Erhebung des Alltags bei.
Er kam 1892 in Wien zur Welt. Da seine beiden älteren Brüder zu Beginn des ersten Weltkriegs
gefallen waren, enthob man ihn vom Frontdienst und verwies ihn ins Kriegspressequartier, in dem
auch Bahr, Rilke, Hofmannsthal, Werfel und andere Dichter beschäftigt waren. Nach dem Zusam
menbruch schloß er sich einer Gruppe romantisch-revolutionärer Künstler an und leitete für
einige Jahre den „Genossenschaftsverlag“, in dem seine Komödie „Flucht“ erschien. Im Inns
brucker „Brenner“ trat er zum erstenmal mit Gedichten hervor, die später im Verlag E. P. Tal ge
sammelt als Buch herauskamen. Bei Meister in Heidelberg ließ er seine Märchen und Novellen un
ter dem Titel „Sklaven der Freiheit“ erscheinen. Derselbe Verleger brachte kürzlich Neuauflagen
seiner Werke und bereitet zur Zeit die Herausgabe späterer Arbeiten Lampls vor. Ein Schubert-
Roman, das Schauspiel „Cupido“, Essais und Gedichte sind unter den bisher unveröffentlichten
Manuskripten.
Lampl war niemals gewillt, in literarischen Dingen Zugeständnisse zu machen. Sein vielseitiges
Talent sicherte ihm die nötige Unabhängigkeit. 1923 gründete er seine Glasbläserwerkstatt „Bi-
mini“. Heines Gedicht „Kleiner Vogel Kolibri, führe mich nach Bimini“ hatte ihm den Namen dazu
geliefert. Später trat er dem „Neuen Österreichschen Werkbund“ als aktives Mitglied bei. 1938
verlegte er seine Werkstatt nach London. Bald fanden seine originellen Entwürfe für geblasene
Gläser und Glasschmuck begeisterte Anerkennung, er wurde in den „Council for Industrial De
sign“ aufgenommen und galt als Meister seines Fachs. Schon leidend, versenkte er sich in den
letzten Jahren immer mehr in seine Miniaturkunst und schuf Hunderte von Zeichnungen und
Aquarellen.
Gerhart Hauptmann, Hermann Hesse und zuletzt Tennessee Williams haben die seltsame Verbin
dung zarter Glasgespinste mit poetischer Phantasie geschildert. In Fritz Lampl bestand sie ein
Leben lang. Ein empfindsamer Künstler und liebenswerter Mann ist mit ihm dahingegangen.
(Nachruf, 15. März 1955; Österreichische Nationalbibliothek, Handschriftensammlung, Ser. nov.
19.397)
JOSEF BERGER
Die wichtigsten Daten aus dem Leben dieses Architekten entnehmen wir dem Nachruf
einer englischen Zeitung, auf dem die folgende biographische Skizze basiert.
Josef Berger (im Englischen Joseph) wurde am 13. September 1898 in Wien geboren.
1917 aus dem Dienst der österreichisch- ungarischen Armee entlassen, begann er
seine Architekturstudien an der Technischen Hochschule in Wien unter Adolf Loos und
Oscar Strnad (Studium von 1917 bis 1921). Von 1921 bis 1934 leitete er gemeinsam mit
Martin Ziegler ein Architekturbüro in Wien. Im Jahre 1922 heiratete er die Künstlerin
Margarete Hamerschlag, deren Werke in zahlreichen Ausstellungen (unter anderem
auch in den „Bimini“-Werkstätten in Wien) zu sehen waren.
Nach der Ermordung von Dollfuß im Jahre 1934 gingen Josef und Margarete Berger
nach Haifa, schließlich, wie Fritz Lampl, nach London. Margarete starb im Jahre 1958.
Mit der Cellistin Regina Gillinson-Schein verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens
(er starb am 22. August 1989 in London).
78