V. DIE GEGENSTÄNDE
Herrengrund war zwar nicht der einzige Ort, „wo aus Eisen Kupfer wurd“, jedoch
jener Ort, dessen Kupfer für die später beschriebenen kunstgewerblichen Gegenstände
verwendet wurde und welcher in den darauf befindlichen Sprüchen am häufigsten,
nämlich 45mal, erwähnt wird. Wahrscheinlich jedoch wurden die Gegenstände von
den Kupfer- und Goldschmieden im nahegelegenen Neusohl erzeugt und vergoldet
(Spruch Nr. 137). Dort gründeten bereits im Jahre 1580 zehn Meister eine Gold
schmiedezunft. 162 )
Konkurrenz und verminderte Förderung ließen die Wirtschaftlichkeit des Bergbaues
sinken und mag wohl die Ursache für die Abwanderung einer Anzahl von Bergleuten
gewesen sein. Wenn die Verbliebenen sicher auch sehr genügsam waren, so mußten sie
doch leben und Gebrauchsgüter erwerben, denn in Herrengrund gab es außer den
Wäldern nur die Schutthalden des Bergbaues. Es mag denkbar scheinen, daß einzelne
einen Nebenerwerb suchten und an der Herstellung jener Gegenstände beteiligt
waren, die uns hier beschäftigen.
Trotz dauernder Unsicherheit durch Kriegswirren lockte aber das dortige „Wunder
wasser“ viele Neugierige aus dem Ausland an, die sich mit eigenen Augen davon über
zeugen wollten.
Bei dieser Gelegenheit verkaufte man ihnen Becher und Dosen mit auf die Entstehung
des Zementkupfers bezugnehmenden Sprüchen wie beispielsweise „Eisen war ich,
Kupfer bin ich, Silber trag ich, Gold bedeckt mich“. Vornehme Besucher wurden mit
solchen Bechern bewirtet oder mit prunkvollen Stücken beschenkt (Spruch Nr. 62,
158, 165). Der Däne Bartholin und der Holländer Toll wurden schon erwähnt, doch
wiewohl beide in Herrengrund gewesen sind, schreiben sie und die bisher genannten
Autoren bloß über die Verwandlung des Eisens in Kupfer, nicht aber über die daraus
entstandenen Gegenstände. Wiewohl diese, nach Datierungen zu schließen, bereits in
den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts gemacht wurden, verdanken wir deren erste
Erwähnung erst 40 Jahre danach einem Augenzeugen, dem englischen Arzt Edward
Brown (1642—1708), in der Beschreibung seiner „auf Veranlassung der Kön. Engell.
Medicinischen Gesellschaft in London“ zwischen 1668 und 1673 „gethanen gantz
sonderbaren Reisen“. Sein Buch erschien in London schon im letztgenannten Jahr 163 )
und im darauffolgenden in französischer 164 ) und 1682 in holländischer Überset
zung 165 ), sowie erst 1686 und 1711 in zwei deutschen Auflagen. 166 )
Er besuchte „aus sonderlicher und billig hoch zu rühmender Gunst (des) Herrn Hof-
Haubtmanns und Grafen von der Berg-Cammer / Sig. Gianelli“ 167 ) die ungarischen
„Kupffer-Silber- und Gold-Schachte“ und berichtet hievon:
Neusol ist eine feine Stadt / und hat einen grossen breiten Platz oder Marckt / an dessen
obersten End ein schöner Thurn stehet. Das Castell ist auch besehens werth / worinnen
die Kirche mit Kupfer gedecket ist; ...In dieser Stadt und selbiger Gegend herum / sind
die grösten Kupfer-Bergwercke von gantz Ungarn 166 ). Der Haubtmann über diese
Werck zu Neusol war überaus höflich / und machte uns nicht nur Gelegenheit genug /
alles zu besehen / was wir begehrten; sondern er sandte mir noch darzu ein angenehmes
Geschenck von Wein und Geflügel; Schrieb auch einen Brief an den Ober-Aufseher über
das Kupfer-Bergwerck zu Herrn-Grund / daß er mich alles dasjenige / was in demselben
Bergwerck ungemein und merckwürdig wäre / mögte sehen lassen. Herrn-Grund ist eine
kleine Stadt / sehr hoch zwischen zweyen Bergen gelegen / in einer Lands-Gegend / so
eben diesen Nahmen hat / eine Ungarische Meile von Neusol 169 ). So sind auch daselbst
zweene Brunnen von Vitriol- Wasser / so das Eisen in Kupfer verwandeln / dieselben
nennen sie das alte und neue CI MENT. Die Brunnen liegen sehr tief in dem Bergwerck
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