Die privaten Elektrizitätswerke.
261
Seit Errichtung der zweiten Zentrale ist die Dampfanlage in Neubad nur in den Abend
stunden der Wintermonate im Betriebe und versorgt insbesondere die von ersterer entfernteren
Gebiete. Dagegen ist Neubad durch seine Akkumulatorenbatterie von großer Bedeutung als
Verteilungs- und Regulierstation für das Hauptabsatzgebiet in der Innern Stadt und Umgebung.
Die erwähnte Akkumulatorenbatterie umfaßt 288 Elemente System Tudor und leistet
normal 477, maximal 950 Kilowatt. Sie wurde von der Akkumulatoren-Fabriks-Aktiengesell-
schaft geliefert und hat die Aufgabe, den von den Dynamos mit 230 beziehungsweise 460 Volt
gelieferten Strom in vier Stromkreise â 115 Volt zu unterteilen und den Dampfbetrieb während
der höchsten Belastung zu unterstützen. Zur Vornahme der erforderlichen Schaltungen dient
eine Maschinenschalttafel sowie eine Akkumulatorenschalttafel. 1 )
Die Zentrale Leopoldstadt umfaßt, wie aus dem Grundrisse (siehe Abb. 237) ersicht
lich, straßenseitig ein Wohnhaus für Bedienstete und Private, an welches sich hofseitig ein
Magazinsgebäude, ein Akkumulatorengebäude sowie das Maschinenbaus samt Pumpenraum und
diesem gegenüber das Kesselhaus anreiht. Das Kesselhaus (siehe Abb. 238) enthält 32 Wasser
rohrkessel System Dürr-Gehre von je 230 m' 2 Heizfläche, welche mit maximal 19 kg Dampf
pro Quadratmeter bei 14 Atmosphären Überdruck beansprucht werden können. Dieselben sind
größtenteils mit rauchloser Feuerung Patent Th. Langer ausgerüstet, welche nach und nach derart
vervollkommnet wurde, daß nicht nur rauchfreie Verbrennung, sondern auch ein guter Wirkungs
grad erzielt wird. Die Fuchskanäle der Feuerungen münden in zwei Schornsteine von 45 m
Höhe und 3 - 2 m oberer lichter Weite. Die Kesseleinmauerungen sind durchwegs mit Explosions
klappen versehen, welche bei Überdruck in den Feuerzügen deren Verbindung mit der Außen-
lUehlurgrunii des
Uk Verpflegs-Magajines
Abb. 237. Grundriß der Zentrale Leopoldstadt der Allgemeinen österreichischen
Elektrizitäts-Gesellschaft. 1:1440.
Nacfibargrund dLk. ßettenmaga/ines
luft herstellen. Zwischen Kessel und Dampfleitung sind kombinierte Rohrbruch- und Rückschlag
ventile von Hübner & Mayer eingeschaltet, welche sich sowohl bei einer Kesselhavarie als
auch bei Bruch der Dampfleitung selbsttätig schließen.
Die Kohlenzufuhr zu den Kesseln erfolgt durch Handwagen; die Schlacke wird mittels
einer kleinen Seilbahn in Kippwagen aus dem Aschenraume unter den Kesseln auf eine Brücke
im Hofraume gefördert und von da unmittelbar in die bereitstehenden Wagen abgestürzt.
Zur Wasserbeschaffung dienen die Brunnen I und II im Hofraume der Zentrale, ferner
der mit I durch eine Heberleitung verbundene Brunnen III, welcher auf einem gegenüber der
Zentrale auf der anderen Seite der Oberen Donaustraße liegenden Steinlagerplatze errichtet
wurde, sowie endlich eine stromabwärts am Donaukanale erbaute Pumpstation, welche mittels
zweier elektrisch betriebener Flügelpumpen von je 500 m 3 Stundenleistung das Wasser bei
ausreichendem Wasserstande aus zwei in der Uferböschung abgeteuften Saugschächten, bei
') Die Details dieser sowie der übrigen Schaltungen sind in Heft 16 der „Zeitschrift für Elektrotechnik“, 1903, beschrieben.