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Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 1: Charakteristik und Entwicklung der Stadt, Ingenieurbauten

Stadtentwicklung. 
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dürfen, die den kunstgeschichtlichen Charakter unserer Stadt dauernd bestimmten. Die hervor 
ragendste Erscheinung unter den Architekten jener Zeit ist Johann Bernhard Fischer von Erlach. 
Von ihm rührt der noch durch Leopold 1. angeregte, später vielfach veränderte Entwurf zum 
kaiserlichen Lustschlosse Schönbrunn her. Auch verfaßte er die Pläne zu dem großartigen 
Erweiterungsbau der Hofburg, von welchem, teilweise unter Mitwirkung seines Sohnes Josef 
Emanuel Fischer, die Hofbibliothek, die Reichskanzlei und die Winterreitschule als edelste Blüten 
des Wiener Barockstiles zur Ausführung kamen. Durch den Bau der Hofbibliothek und ihrer 
beiden Flügeltrakte entstand im Josefsplatz der schönste Architekturplatz Wiens. Von dem 
prächtigen Abschluß der Hofburg gegen den Michaelerplatz zu bestand mehr als hundertfünfzig 
Jahre nur die Winterreitschule und ein Fragment der mittleren Rotunde; die Fertigstellung 
erfolgte — wohl nicht ganz im Sinne des Meisters — erst am Schlüsse des verflossenen 
Jahrhunderts. Fischer von Erlach baute ferner die Paläste des Fürsten Trautson (jetzt ungarische 
Garde), des Prinzen Eugen von Savoyen (jetzt Finanzministerium) und des Fürsten Fondi- 
Mansfeld (jetzt Schwarzenberg). Sein glänzendes Hauptwerk, die in ihrer reichen Gliederung 
einzigartige Karlskirche, wurde erst nach seinem Tode vollendet. 
Gleichzeitig schufen Lukas von Hildebrand das prächtige Schloß Belvedere (siehe das 
Parkbild, Abb. 8, S. 55) und das vornehme Palais Kinsky (Freiung); A. E. Martinelli die fürstlich 
Liechtensteinschen Paläste in der Innern Stadt und in der Alservorstadt; Pater Andreas Pozzo 
das üppige Innere der Universitätskirche und Donato Felice d’ Allio die Kirche der Salesiane- 
rinnen (Rennweg) mit schöner Kuppel. Von den sonstigen monumentalen Bauten jener frucht 
baren Zeit sind besonders zu nennen: die Peterskirche, die Stiftskirche zum heiligen Kreuz 
(Mariahilferstraße) mit feingegliedertem Turm, die Kirche Maria Treu (Josefstadt) mit durch 
Klosterbauten gebildetem Vorplatz; ferner die Paläste Breuner (Singerstraße), Schönborn (Renn 
gasse) und Auersperg (Auerspergstraße), 
das Alte Zeughaus (Am Hof), die Aka 
demie der Wissenschaften, das Ministe 
rium des Innern, die Staatsschuldenkasse, 
endlich die Fassade des Alten Rathauses 
von Valery. Von den zahlreichen charak 
teristischen bürgerlichen Wohngebäuden 
jener Epoche gelangten leider schon viele 
zum Umbau. Als schönste Beispiele haben 
sich noch erhalten die Häuser: Graben 
Nr. 11 und 16, Sonnenfelsgasse Nr. 7, 
Wollzeile Nr. 32, Neuer Markt Nr. 15, 
Ulrichsplatz Nr. 2 (im VII. Bezirke) u. a. 
Am Ende des 18. Jahrhunderts 
fand auch in der Wiener Architektur 
eine Annäherung an die klassischen 
Werke der römischen Baukunst statt. 
Die köstlichen dekorativen Architekturen 
im Schloßpark zu Schönbrunn, die in 
diesem Sinne Ferdinand von Hohen 
berg entwarf, sind noch ganz von dem 
Schwung der Barockzeit erfüllt. Erst mit 
dem Palais des Grafen Fries (jetzt Palla- 
vicini) am Josefsplatz und einigen ande 
ren Bauten desselben Architekten voll 
zog sich der Übergang zum Klassizis 
mus, welche Richtung hier ihren Haupt 
vertreter am Beginne des 19. Jahrhun 
derts in dem nüchternen Peter von Nobile 
fand, dem Erbauer des Burgtores und des 
Tempels im Volksgarten. Neben Nobile 
schufen Montoyer das Albrechtspalais 
(nächst der Burg), das Rasumofskypalais 
der Hofburg; Josef von Schcmerl die 
Pichl das Landhaus. 
(jetzt Geologische Reichskanzlei) und den Rittersaal 
Technische Hochschule, Moreau die Nationalbank,
	        
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