Stadtentwicklung.
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lichtet werden, bis unter Karl VI. gemauerte Hauptunratskanäle hergestellt wurden. Damals
bestimmte man auch, daß zur Verbesserung der Pflasterung nur Steine aus dem Sieveringer
Bruch verwendet werden dürfen; statt derselben benützte man seit dem Jahre 1800 Granit
würfel aus Oberösterreich. Die Vorstädte folgten mit der Pflasterung ihrer Straßen unter Kaiser
Josef. Nach der. zweiten Türkenbelagerung führte die Gemeinde die Beleuchtung der städti
schen Straßen mittels Öl und Unschlitt durch, was erst hundert Jahre später auch auf die Vor
städte erstreckt wurde. Nachdem schon im Jahre 1817 durch Pr^chtl am Polytechnikum die
ersten Versuche mit Gasbeleuchtung glücklich gemacht worden waren, erfolgte 1845 die
Beleuchtung aller Straßen mit Gas. Für die Versorgung mit Trinkwasser dienten lange Zeit
nur die Hausbrunnen, zu denen sich allmählich einige kleine Wasserleitungen gesellten. Als dann
die Idee auftauchte, zur Gewinnung von Trinkwasser die Donau zu benützen, entstand die
Kaiser Ferdinands-Wasserleitung, welche 1841 eröffnet wurde.
IV. Die Zeit der Stadterweiterung.
Die bedeutsamste bauliche Umwandlung, welche die Reichshauptstadt je erfahren hat, ist
mit der Regierungsepoche des Kaisers Franz Josef I. verknüpft. Wohl vollzog sich die Vor
bedingung dieses Prozesses, der Fall der Festungswerke, hier wesentlich später als in den
Abb. 12. Das Josefstädter Glacis (Paradeplatz) 1867.
meisten anderen Großstädten; nirgends aber gestaltete sich das Ereignis der Stadterweiterung
glänzender und folgenreicher als hier.
Wie schwer der alte Festungsgürtel die Entwicklung der Stadt schon lange behinderte,
und wie unzulänglich alle Auskunftsmittel waren, durch die man von Fall zu Fall dem
Wohnungsbedürfnisse Rechnung zu tragen suchte, fand schon früher Erwähnung. Ganz be
sonders wuchsen die räumlichen Schwierigkeiten, als infolge der politischen Ereignisse des
Jahres 1848 Wien mehr denn früher das Zentrum der Monarchie und durch die Gemeinde
ordnung vom Jahre 1850, welche die Innere Stadt mit den 34 Vorstädten zu einem einheit
lichen Gemeindegebiete verschmolz, erst wirklich zur Großstadt mit dem ausgedehntesten
Selbstbestimmungsrechte erhoben wurde. Trotzdem blieben für die nächste Zukunft die Aus-