Stadtentwicklung.
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rangen aus jener Zeit sind:
Die breite, an Stelle einer Häu
serinsel hergestellte Verbin
dung des Grabens mit dem
Stephansplatze (1866), die
Verbindung des Neuen Mark
tes mit der Operngasse mittels
der Tegetthoffstraße an Stelle
des alten Bürgerspitals (1874),
die Schaffung der Jasomirgott-
gasse und der „Brandstätte“
an Stelle eines einheitlichen
Häuserkomplexes gegenüber
der Stephanskirche (1875), die
Verbindung des Hohen Marktes
mit dem Morzinplatze mittels
der Marc Aurelstraße an Stelle
des alten Polizeigefangenhauses
(1885) sowie die beträchtli
chen Niveauhebungen am Salz
gries (1879) und am Franz
Josefs-Kai (1885). Im übrigen
behalf man sich mit dem zwar
leicht durchzuführenden, aber ebenso langwierigen als kostspieligen System der allmählichen
Straßenverbreiterung. Das hervorragendste Beispiel dieser Art ist die Kärntnerstraße, deren
Verbreiterung von durchschnittlich 9 auf 19 m einen Zeitraum von 30 Jahren und Grundablösungs
kosten von 2'74 Millionen Kronen erforderte.
So dringend Hygieniker und Verkehrstechniker den Umbau der heute noch bestehenden
alten Stadtteile wünschen mögen — der Kunst- und Altertumsfreund freut sich der Unberührt
heit manch reizvollen Bildes in den engen und krummen Straßen Alt-Wiens. Zu den interessan
testen Gassen dieser Art zählen einige, die in den Graben münden (wie die Dorotheergasse und
Bräunerstraße), einige Nebenstraßen der Kärntnerstraße (Singerstraße [siehe Abb. 18], Himmel-
pfort- und Johannesgasse), die Herren- und Bankgasse
u. s. w., die durchwegs noch vornehme alte Wohnhäuser
aufweisen; sowie einige noch heute erhaltene, ganz
schmale, mit Strebebogen überbaute Gäßchen, wie die
Griechen- und Wächtergasse (siehe Abb. 19 und 20,
S. 68).
Die mächtige Baubewegung, welche die Stadt
erweiterung hervorgerufen hatte, blieb auch auf die Ent
wicklung der Vorstadtbezirke nicht ohne Einfluß.
Die wichtigsten Veränderungen erfuhr der Bezirk Leo
poldstadt durch die Bebauung des Gebietes nördlich
vom Augarten, der Brigittenau, nach einem 1864 von
L. Förster ausgearbeiteten Plane. Von weitaus größerer
Bedeutung nicht allein für die Entwicklung dieses Be
zirkes, sondern für ganz Wien war aber die Ausführung
der Donauregulierung im Weichbilde der Stadt. Erst
seit dem Bestände des über 13 km langen, neuen Strom
bettes, das der Hauptsache nach in den Jahren 1868 bis
1875 nach den Plänen der Ingenieure Abernethy und
Sexauer hergestellt wurde, liegt Wien tatsächlich am
Donaustrome, wie auch erst seit dem Bestände des eben
falls durch die „Donauregulierungskommission“ erbauten
„Sperrschiffes“ bei Nußdorf (das W. von Engerth kon
struierte) jede Gefahr größerer Überschwemmungen für
die Hauptstadt beseitigt ist. Durch die Donauregulierung
Atb. is. Singerstraße. wurde überdies stadtseitig ein Areale für Landungs- und
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