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Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 2: Hochbau und Architektur, Plastik und Kunstsammlungen

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Verwaltungsgebäude. 
Laurenzergebäude, I., Fleischmarkt 19. *) 
An Stelle des heutigen, ein großes Viereck bildenden Staatsgebäudes befand sich ur 
sprünglich ein von den österreichischen Herzogen Friedrich dem Schönen und Otto dem 
Fröhlichen im Jahre 1327 gestiftetes, den Dominikanerinnen gewidmetes Kloster. Im Jahre 1348 
übernahmen die Augustinerinnen dieses Kloster und gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde 
es von dem um die Entwicklung Wiens hochverdienten Herzog Rudolf IV. dem Stifter besser 
ausgestattet und vergrößert. Im Jahre 1529 bei der ersten Belagerung Wiens durch die Türken 
flüchteten sich die Chorfrauen des heiligen Augustin hierher. Das bald zu eng gewordene 
alte Kloster wurde von 1630—1660 unter der Oberin Gräfin Augustine Abensberg-Traun 
umgebaut und erweitert, so daß schon damals dessen äußerer Umfang jenen des heute be 
stehenden Gebäudekomplexes erreichte. Das Gebäude umfaßte große Gärten und hübsch ge 
zierte Innenräume. Nach der Aufhebung des Stiftes als solches im Jahre 1783 wurde es vorerst 
wie so viele andere an geschichtlichen Erinnerungen und Kunstschätzen reiche kirchliche 
Gebäude damaliger Zeit einem sehr profanen Zwecke, nämlich der Unterbringung von Kauf 
mannsgütern gewidmet, die Kirche aber im Jahre 1816 demoliert. Vom Jahre 1816—1819 
wurde der Bau des gegenwärtigen Ärarialgebäudes, unter teilweiser Verwendung des alten 
Bestandes, aufgeführt.' 2 ) 
Das Gebäude ist in den stark abfallenden Steilrand des ehemaligen Donaubettes eingebaut 
und bildet ein zirka 5400 m 2 Fläche einnehmendes Viereck, dessen zwei nördliche Ecken ab 
gestumpft sind. Die Fassade am Fleischmarkt besitzt eine in Sandstein hergestellte Attika, ge 
ziert mit zwei schwebenden Genien, die das von Lorbeer- und Eichenblättern umgebene kaiser 
liche Wappen in den Händen halten (Abb. 194). Im übrigen sind die Fassaden völlig bedeu 
tungslos. Das Gebäude wird gegenwärtig von Abteilungen des Reichs-Kriegsministeriums, der 
Postverwaltung und Finanzverwaltung benützt. /. Meixner. 
Ärarialgebäude, XV., Tannen- und Beingasse. 
Auf einem rund 3700 m' 2 messenden Grundkomplexe zwischen der Tannen- und Bein 
gasse wurden nach dem Entwürfe der Dikasterial-Gebäudedirektion in den Jahren 1902—1903 
vier Gebäude errichtet, und zwar: 
Ein Wohngebäude in der Beingasse für Unterbringung der Finanzbeamten und der 
verheirateten Finanzwachorgane des k. k. Verzehrungssteuer-Linienamtes Westbahnhof und der 
Kontrollbezirksleitungen Rudolfsheim und Westbahn, ein Amtsgebäude in der Tannengasse 
für Zwecke des k. k. Polizei-Kommissariates Schmelz sowie für die k. k. Forst- und Domänen- 
Direktion Wien, ein Kaserngebäude im Hofe für Sicherheits- und Finanzwachmannschaftsorgane 
und schließlich ein für 20 Pferde passendes Stallgebäude für die berittene Sicherheitswache. 
Das Wohn- und das Kaserngebäude, sowie der Gassentrakt des Amtsgebäudes sind dreistöckig, 
der hofseitig gelegene Teil des Amtsgebäudes, behufs Schaffung von genügenden geräumigen 
Zeichenräumen für die k. k. Forst- und Domänen-Direktion, vierstöckig aufgebaut. Die Souterrain 
räume dieser Objekte wurden gleichfalls ausgenützt, indem außer den Parteienkellern im 
Wohngebäude Dienerwohnungen, Fouragedepoträume, im Amtsgebäude größtenteils Archiv- 
und Reserveräume und in der Kaserne Menageküchen und Menagezimmer, endlich auch Bäder 
mit versenkten Betonwannen und Duschen für die Mannschaften etc. geschaffen wurden. Die 
Korridore und Stiegendecken, die Decken der obersten Geschosse der hofseitigen Ausbauten 
der Gassentrakte und des Kaserngebäudes, sowie die Decke des Stallgebäudes samt den 
Zwischenpfeilern sind in armiertem Beton ausgeführt und alle Dachteile in Holzzement ein 
gedeckt. Die Fassaden dieser Gebäude sind als Putzbau in einfachen modernen Formen ausgeführt. 
Die verbaute Fläche mißt 2550 m 2 ; die Baukosten betrugen (ohne Grunderwerb) 965.000 K. 
Andreas von Züllich. 
Hauptzollamt, III., Hintere Zollamtsstraße. 
Der wegen seiner Lage im Überschwemmungsgebiete der Wien und des Donaukanales 
viele Schwierigkeiten bietende Bau wurde in den Jahren 1840—1844 nach den Plänen und 
unter der Leitung des Hofbaurates Sprenger ausgeführt. Das für die damalige Zeit eine hervor- 
>) Kisch, Alte Straßen und Plätze Wiens, und Schimmer, Häuserchronik. 
! ) Eine Abbildung des früheren Bestandes nebst Kirche nach Sal. Kleiner befindet sich in Kisch, a. a. O. S. 425.
	        
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