MAK

Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 2: Hochbau und Architektur, Plastik und Kunstsammlungen

Spezialitäten-Theater- und Zirkusgebäude. 
341 
Ursprünglich war der Bau weniger als Produktionssaal denn als Vergnügungsetablissement 
großen Stiles für Festlichkeiten, Bälle und Konzerte gedacht. Vom Eingangsflur gelangt man 
an dem Kassenschalter vorüber über eine zweiarmige Stiege nach abwärts in einen Vorraum, 
der die Garderoben enthält. Daran schließt sich der an drei Seiten von Nebensälen umgebene 
60 cm tiefer liegende Hauptsaal. Ungefähr 600 Personen finden in diesem 30 m langen, 18 m 
breiten und 16 m hohen Saal Platz, während die Nebensäle, die sich in großen Bögen gegen 
den Hauptsaal öffnen, für Fremdenlogen, Estradesitze und Entreeplätze ausgenützt sind. Der 
Eingangswand gegenüber lag früher ein Wintergarten, der jedoch später infolge des Bühnen 
einbaues aufgelassen wurde. Zwei Stiegenanlagen, seitlich von der Bühne, führen zu dem über 
dem ehemaligen Wintergarten gelegenen Galeriesaal, von dem man zu einer den großen Saal 
auf drei Seiten umgebenden Bogengalerie gelangt. Über dem schmäleren der beiden Nebensäle 
liegt in gleicher Höhe mit den Logen ein weiterer Saal. Die architektonische Ausgestaltung des 
Saales entlehnt ihre Formen dem Barockstil, während die Außenseite der ganzen Häusergruppe 
im Charakter der deutschen Renaissance gehalten ist. 1 ) 
Das Apollo-Variété, VI., Gumpendorferstraße (Abb. 502 und 505). 
Im Jahre 1904 von dem Architekten Ed. Prandl erbaut, vereinigt die Gebäudeanlage des 
Apollotheaters das Vergnügungsetablissement, ein Hotel und drei Zinshäuser in sich. Im 
Inneren der eine Eckparzelle einnehmenden Häusergruppe liegt das Vergnügungsetablissement, 
das an den Gassenseiten von Wohntrakten umschlossen wird, die in den oberen Geschossen 
auch teilweise den Raum über dem Zuschauerraum in Anspruch nehmen. Etwas tiefer als das 
Niveau des an der Ecke befindlichen Vestibüls liegt das Parterre des Zuschauerraumes mit 
720 Sitzplätzen und 10 Ausgängen. Vom Kassenvestibül gelangt man über eine 4 m breite 
Treppe, unter welcher die Garderoben für das Parterre Platz finden, zu dem ersten Range, der, 
zwischen Parterre und erstem Stocke des Gebäudes liegend, zwölf Logen und 315 Sitzplätze 
aufweist. Den fast gleichen Fassungsraum bietet auch der in der Höhe des ersten Stockwerkes 
des Gebäudes befindliche zweite Rang, den man über zwei, gleichfalls von der Eingangshalle 
ausgehende Stiegen erreicht. Die Bühne ist bei einer Breite von 14 m 15 m tief und 19 m 
hoch. Nebenräume für das Vergnügungsetablissement, Magazine und Maschinenanlagen finden 
im Souterrain Platz. Die Umrahmung der Bühnenöffnung ist in Monier-Konstruktion durch 
geführt. Da ein Teil des Raumes über dem Zuschauerraume für Wohnzwecke ausgenützt wurde, 
ruhen die Hofmauern der Wohntrakte auf 2 m hohen, genieteten Kastenträgern von 21 m Spann 
weite. Für die architektonische und reiche dekorative Durchbildung des Inneren fanden Barock 
motive in freier Auffassung Verwendung, während sich das Äußere von historischer Stiltradition 
noch weiter entfernt. 2 ) 
Zirkus Renz, II., Zirkusgasse 44 (Abb. 503). 
Als erste der ständigen Zirkusanlagen überhaupt wurde der Zirkus im Aufträge E. Renz' 
1853 von dem Architekten K. May und dem Baumeister F. Schebek errichtet. Massive Außen 
mauern umschlossen im Zwölfeck einen Raum von ungefähr 40 m Durchmesser; der Einbau 
der Sitzreihen und die Dachkonstruktion war durchwegs von Holz. An der Straßenseite eine 
Unterfahrt und an der Rückseite ein langgestrecktes Stallgebäude sowie zwei seitliche Stiegen 
anlagen mußten den Bedürfnissen des Betriebes genügen. Kurz nach dem Ringtheaterbrande 
fanden im Jahre 1883 durchgreifende bauliche Umänderungen unter der Leitung des Architekten 
O. Laske statt. Das Stallgebäude allein blieb unberührt; während die übrigen Teile nach außen 
und innen völlig verändert wurden. Die ehemalige Außenmauer wurde erhöht und zur Innen 
mauer eines den ganzen Zirkus umschließenden, L90 m breiten Verbindungsganges, der nach außen 
durch eine neue, höhere Umfassungsmauer abgeschlossen wurde. Die Nebenräume für das 
Publikum erfuhren durch die Anlage eines geräumigen Kassenvestibüls, einer Konditorei, von 
Aborten und Garderoben eine bedeutende Vergrößerung. Vier neue Stiegenanlagen für den 
ersten und zweiten Rang, ferner an der Stelle der alten Treppen zwei Notstiegen wurden 
für die Erhöhung der Sicherheit der Besucher errichtet. Für die Ausgestaltung des Inneren 
mußte in ausgedehntem Maße von Eisenkonstruktionen Gebrauch gemacht werden, auch der 
Dachstuhl ist in Eisen ausgeführt. Im ersten Stocke liegt über der Eingangshalle ein Ballett 
saal und daran anschließend die stattliche Hofloge mit eigener Treppe. Die Manege mißt 
J ) Wiener Bauindustrie-Zeitung. 1899. 
2 ) Der Bautechniker. 1904.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.