Warenhäuser.
bracht ist. Die Kosten des Bauwerkes stellten sich
bei den damals hohen Preisen auf 32 K pro
Kubikmeter umbauten Raumes, von der Keller
sohle bis Dachoberflächc gerechnet. Der Bau wurde
im April 1884, nach 15monatlicher Bauzeit, seiner
Bestimmung zugeführt. Emil von Förster.
III. WARENHÄUSER.
Die von Alters her überkommenen Namen von Platz
und Straße lassen uns oft in den schlichten, aber bezeich
nenden Worten die einstige Bestimmung längst entschwun
dener Örtlichkeiten erkennen. Auch in Wien mußten die
Stätten, an welchen einst Gewerbe und Handel blühten,
den Forderungen der Zeit weichen und blieb die Erinne
rung an den Fleiß und den Unternehmungsgeist unserer
Vorfahren nur in Bild und Wort erhalten. 1 ) Dies ist auch
der Fall bei einigen größeren, dem Handel gewidmeten
Baulichkeiten. Meist mehreren Handelsherren gemeinsam
gehörig, hatten diese »Höfe« mit ihren weiträumigen Spei
chern, Verkaufsstellen und Schreibstuben dem Verkehre
mit dem Auslande zu dienen. So waren es insbesondere
die deutschen Kaufherren, welche derartige Höfe ihr Eigen
nannten und uns in den Namen, des »Regensburgerhof«
und »Köllnerhof« noch Reminiszenzen an diese einst
maligen Handelsemporien hinterließen.
Die häufigen Kriegswirren und Belagerungen (1485
durch Matthias Corvinus, 1529 und 1683 durch die Türken
u. s. w.) unterbrachen die Entwicklung von Handel und In
dustrie wiederholt und wirkten ungünstig auf die bauliche
Ausgestaltung der Betriebsstätten. Zudem bot die enge
Stadt kaum genügend Raum für die Wohnstätten der
mächtig anwachsenden Bevölkerung, geschweige denn für
größere Kaufhäuser. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als mit dem Wiener Kongreß (1815) sich reges
Leben in der Stadt entfaltete, hatten die Kaufleute ihr Augenmerk darauf gerichtet, die Waren den Augen
der Passanten leicht und vorteilhaft bemerkbar zu machen. Wo die Fenster der Verkaufslokale zur Aus
stellung nicht hinreichten, wurden Schaukästen, allerdings in sehr bescheidenen Dimensionen, vor das Haus
gestellt, bis schließlich der lebhafte Verkehr mit dem Westen Europas zu Nachahmungen der Pariser Einrich
tungen anregte. Für die Schöpfung großer Unternehmungen war jedoch die Zeit noch nicht gekommen. Erst
nach der inneren politischen Umwälzung in der Mitte des letztvergangenen Jahrhunderts gestatteten die
wirtschaftlichen Verhältnisse die Schaffung bedeutender industrieller Etablissements. Der im größeren Maß
stabe betriebenen Fabrikation folgte naturgemäß die Ausgestaltung der Verkaufsstellen, und so entstand in
Wien anno 1865 das erste Warenhaus.
Zur allgemeinen Charakteristik der Warenhäuser Wiens sei hier bemerkt, daß fast alle
nur je einem Geschäftszweige dienen. Von Kaufhäusern, welche, den mannigfachen Bedürf
nissen und Wünschen des Großstädters Rechnung tragend, die heterogensten Erzeugnisse des
Gewerbefleißes und der künstlerischen Phantasie an einem Orte zum Verkaufe bieten, besteht
derzeit in Wien nur ein einziges.
In der baulichen Anlage eines Warenhauses ist naturgemäß zu trachten, einen möglichst
imponierenden Ausstellungs- und Verkaufsraum zu schaffen, welcher die übersichtliche An
ordnung der Waren und leichte Orientierung des Publikums gestattet. Hieraus resultiert die
Konzentration aller Stützkonstruktionen in wenige Pfeiler, welche die weitgespannten Decken
tragen. Als architektonisch auszugestaltendes Element verbleibt sonach nur noch die Treppe,
deren mehr oder weniger reiche Anlage und Ausstattung dem Architekten Gelegenheit zu
interessanten Lösungen bietet. Die kühnen Konstruktionen erheischen die weitestgehende Aus
nützung ihrer einzelnen Glieder und führen somit zur Verwendung von Materialien der höchsten
Tragfähigkeit, von Stein und Eisen. In diesen die statischen Funktionen architektonisch zum
Ausdrucke zu bringen, ist nur selten möglich, weil im Hinblicke auf die unumgänglich not
wendige Feuerbeständigkeit der Konstruktionen schützende Ummantelungen aus Mauerwerk
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Abb. 536. österreichische Länder-Bank.
*) Solche Straßenbezeichnungen sind z. B.: Tuchlauben, Wollzeile, Seilerstätte, Goldschmiedgasse u.