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stark gewölbt, die Unterkiefer zuriickmeichend, die Zahiistellmig schief. Ähnliche Merkmale
zeigen aber auch die heute noch lebenden tief stehenden Racen, ja selbst einzelne Individuen
unter den Culturvölkern, so daß ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen den damaligen
Menschenracen und den jetzigen doch nicht festgestellt werden kann. Es waren weder
Riesen, noch Zwerge, noch auch affenartige Halbmenschen, wie man anfänglich zu finden
glaubte, wie sie aber bis jetzt noch nicht gefunden wurden.
Weit deutlicher als zur Periode des Mammuth in den Lößterrassen tritt uns das
menschliche Schaffen und der Mensch selbst in den späteren Perioden besonders in den
Höhlenfunden entgegen, welche der Renthierzeit angehören und uns
bereits weit näher gerückt sind. Nicht sehr erhöht über Krems, unter der
malerischen Ruine Hartenstein, eröffnet sich eine Höhle in die steil
abfallende Felswand. Mit sehr zahlreichen Renthier- und Pferdeknochen
fanden sich hier förmliche Herdplätze mit reichen Aschenlagern, worin
zugeschärfte Feuersteinsplitter und mannigfache Knocheninstrumente mit
zerschlagenen Thierknochen bunt gemengt durcheinander lagen. Unter dieser
Culturschichte lag Höhlenlehm ohne irgendwelche Einschlüsse und unter
diesem Lehm erst wieder eine andere Schichte mit unversehrten Knochen
von Hyäne, Wolf, Mammuth und Rhinoceros, welche alle der früher
erwähnten diluvialen Epoche angehörten und der hier beschriebenen
Renthierperiode offenbar vorangingen.
Die Pfeilspitzen aus Bergkrystall verrathen schon eine sehr sorgsame
Arbeit. Nicht minder charakteristisch sind die Feuersteine zu scharfen
Messerchen oder Bohrern zugehauen. Mit diesen sind die Knochenpfriemen,
Meißel und Nadeln und die sonstigen Geräthe aus Geweihstücken heraus-
Feucrsteinmesier aus geschabt worden, UNI dann schließlich aus Gneißgeschieben, welche sich
ebenfalls vorfanden, vollends zugeschärft und geglättet zu werden. Nur
an einem Geweihstücke, welches dem Renthier angehörte, ersehen wir zum Theil die Art
der vvrbeschriebenen Arbeit. Hier wurde eine ovale Öffnung sorgsam ausgeschnitten, die
Augensprosse abgetrennt und ein Stück ans dem Querschnitte der Stange ausgesägt. Nicht
selten ist diese Technik besonders in den Moorfunden aus Württemberg, an den zahlreichen
halb vollendeten Stücken erkennbar. Interessanter noch ist die kleine Pfeife, die, wenn
wirklich aus derselben Schichte stammend, gewiß zu den ersten Musikinstrumenten gezählt
werden muß. Das für uns wichtigste Stück ans der Gudenushöhle, wie sie der Entdecker
genannt, bleibt aber der mit Einkerbungen und Ritzungen versehene Röhrenknochen. Mit
etwas Nachhilfe unserer Phantasie ist der flüchtige Entwurf eines Renthieres darauf
erkennbar. Allerdings würde Niemand dieser Zeichnung ein großes Gewicht beilegen, wenn