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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 2. Abtheilung: Niederösterreich

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Geburt, Hochzeit und Tod. 
An diese drei wichtigsten Familienereignisse knüpft sich eine entsprechende Zahl 
eigenthümlicher, oft uralter Bräuche und Meinungen, welche den Charakter unseres Volkes 
treu wiederspiegeln. Während dieJahresbräuche dasselbe vielfach im öffentlichen, namentlich 
aber im wirthschaftlichen Leben uns vorgeführt haben, treten wir nun eigentlich in die 
Familie ein und lernen ihre Freuden und Leiden näher kennen. 
Winkt in einer Familie das Elternglück, so denken beide Eheleute „ehzeitig" ans 
„G'vatterbitten". Sie haben bald unter ihren „Freunden" und Bekannten ein Paar 
ehrsame, hausgesessene Leute gefunden und brauchen eine Zurückweisung seitens derselben 
nicht zu fürchten. Denn aus der Taufe heben heißt allgemein „das gute" oder „das 
christliche" Werk, welches Niemand ausschlägt, am allerwenigsten Armen gegenüber; man 
baut sich durch Übernahme desselben „einen Staffel in den Himmel". Es gilt als eine 
ganz besondere Auszeichnung für einen Pathen, so viele Gödenkinder zu haben, daß sie ihn 
einst zu Grabe tragen können. Ist nun das Kind geboren, so zieht der Vater sein aller 
schönstes Gewand an und holt die Gödenleute zur Taufe. Früher that er das nicht, ohne 
den „Gödenstecken", das ist den Rohrstock mit dem Silber- oder Beinknopfe, zur Hand zu 
nehmen. In seiner Freude warf er denselben im Hause des Gevatters erst zur Stubenthür 
hinein, ehe er selbst eintrat, hob ihn auf und wiederholte dieses Manöver, wenn er Vater 
eines Knaben geworden war, dreimal, bei Zwillingen mehrere, ja viele Male. Im 
Abbsthal sprach er beim Eintritte folgende originelle Verse: 
„Unter der Hütt'n, ober der Hütt'n — 
I waar' halt da von weg'n 's G'vatterbitt'n; 
Thats mi nit auslacha, 
Müaßts ma an recht an großen Oaringschmalz macha." 
Auch ließ er beim Weggehen den Gödenstecken in des Gevatters Stube zurück — 
eine stumme Aufforderung, daß dieser bald Gelegenheit zum Gegendienste bieten möge. 
Dies geschah indeß oft auch scherzweise dort, wo kein Nachwuchs zu hoffen war. Die 
Gevattersleute empfangen den Mann als einen Ehrengast wie keinen andern, reichen ihm 
den Gevattertrunk (im Weinlande) und kochen ihm den bei dieser Gelegenheit üblichen 
„Oaringschmalz". (Noch vielerorts gebräuchlich, besonders im V. O. W. W.) Dem 
Täufling wird vom Pathen das „Krösengeld" (Chrisamgeld) eingebunden (mit „einge 
fascht"), in der Regel ein Silberstück und einige (drei) kleine Kupfermünzen, welche in der 
Taufe mitgeweiht werden. Die letzteren (früher Pfennige) sind noch jetzt im Wienerwalde 
unter dem Namen „Schnattergeld" bekannt; sie werden beigegeben, damit das Kind leicht
	        
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