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Geburt, Hochzeit und Tod.
An diese drei wichtigsten Familienereignisse knüpft sich eine entsprechende Zahl
eigenthümlicher, oft uralter Bräuche und Meinungen, welche den Charakter unseres Volkes
treu wiederspiegeln. Während dieJahresbräuche dasselbe vielfach im öffentlichen, namentlich
aber im wirthschaftlichen Leben uns vorgeführt haben, treten wir nun eigentlich in die
Familie ein und lernen ihre Freuden und Leiden näher kennen.
Winkt in einer Familie das Elternglück, so denken beide Eheleute „ehzeitig" ans
„G'vatterbitten". Sie haben bald unter ihren „Freunden" und Bekannten ein Paar
ehrsame, hausgesessene Leute gefunden und brauchen eine Zurückweisung seitens derselben
nicht zu fürchten. Denn aus der Taufe heben heißt allgemein „das gute" oder „das
christliche" Werk, welches Niemand ausschlägt, am allerwenigsten Armen gegenüber; man
baut sich durch Übernahme desselben „einen Staffel in den Himmel". Es gilt als eine
ganz besondere Auszeichnung für einen Pathen, so viele Gödenkinder zu haben, daß sie ihn
einst zu Grabe tragen können. Ist nun das Kind geboren, so zieht der Vater sein aller
schönstes Gewand an und holt die Gödenleute zur Taufe. Früher that er das nicht, ohne
den „Gödenstecken", das ist den Rohrstock mit dem Silber- oder Beinknopfe, zur Hand zu
nehmen. In seiner Freude warf er denselben im Hause des Gevatters erst zur Stubenthür
hinein, ehe er selbst eintrat, hob ihn auf und wiederholte dieses Manöver, wenn er Vater
eines Knaben geworden war, dreimal, bei Zwillingen mehrere, ja viele Male. Im
Abbsthal sprach er beim Eintritte folgende originelle Verse:
„Unter der Hütt'n, ober der Hütt'n —
I waar' halt da von weg'n 's G'vatterbitt'n;
Thats mi nit auslacha,
Müaßts ma an recht an großen Oaringschmalz macha."
Auch ließ er beim Weggehen den Gödenstecken in des Gevatters Stube zurück —
eine stumme Aufforderung, daß dieser bald Gelegenheit zum Gegendienste bieten möge.
Dies geschah indeß oft auch scherzweise dort, wo kein Nachwuchs zu hoffen war. Die
Gevattersleute empfangen den Mann als einen Ehrengast wie keinen andern, reichen ihm
den Gevattertrunk (im Weinlande) und kochen ihm den bei dieser Gelegenheit üblichen
„Oaringschmalz". (Noch vielerorts gebräuchlich, besonders im V. O. W. W.) Dem
Täufling wird vom Pathen das „Krösengeld" (Chrisamgeld) eingebunden (mit „einge
fascht"), in der Regel ein Silberstück und einige (drei) kleine Kupfermünzen, welche in der
Taufe mitgeweiht werden. Die letzteren (früher Pfennige) sind noch jetzt im Wienerwalde
unter dem Namen „Schnattergeld" bekannt; sie werden beigegeben, damit das Kind leicht