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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 2. Abtheilung: Niederösterreich

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Für die Localisirung der Industrie auf dem Lande sind, wenn man von der natür 
lichen Gebundenheit mancher Industriezweige an eine bestimmte Gegend absieht, fast immer 
die vorhandenen Wasserkräfte entscheidend. Früher, in den Anfängen der Großindustrie, 
als man den Dampf noch gar nicht oder noch nicht genügend zweckmäßig als Motor zu 
verwenden wußte, war man fast durchaus auf den Dienst 'des Wassers angewiesen. Die 
Industrie zog sich die Flüsse und Bäche hinauf und setzte ungescheut den Fuß selbst in die 
unwirthlichste, unwegsamste Gegend, wenn nur lebendiges Wasser darin zu finden war. 
Heute hat die Dampfkraft freie Bahn gemacht, aber die Industrie hält sich dennoch mit 
Vorliebe an die natürlichen Wasseradern, weil diese die weitaus billigste Triebkraft liefern. 
Das sehen wir auch in Niederösterreich. Nicht die kleinste vom Hochgebirge abstürzende 
Wasserrunse bleibt unbenützt; jene, die in schnellem Laufe von der Ötscherscheide nach 
Norden fließen, setzen die zahlreichen Hammerwerke der Gebirgsthäler in Bewegung, bis 
im Mittellande, wenn mehrere Adern sich vereinigt haben, eine andere Fabriksthätigkeit 
auftritt lind ihre bewegende Kraft sich nutzbar macht. Die zahlreichen Büche und Flüsse 
dagegen, welche von der Gruppe des Schneeberges herabrieselnd nach Osten streichen und 
das Flachland zwischen Wienerwald und Leitha durchrinnen, werden alsbald der Groß 
industrie dienstbar und bilden den Motor für Hunderte Fabriken dieser Gegend. Um ein 
Beispiel anzuführen, so waren Ende der Fünfziger-Jahre nicht weniger als 67 Zerrenn-, 
Streck-, Pfannen-, Sensen- und Sichelhammer, Stahlhammer und Walzwerke an der Mbs 
und deren Nebengewässeru gelegen; ähnlich an der Erlas und deren Zuflüssen 44 Hammer 
werke und mehrere Stahl- und Eisenwaarenfabriken. Von den zum Schneeberggebiete 
gehörigen Wasserlüufen lieferten die Schwechat und der Pittenbach mit ihren Neben- 
gewüssern, sowie die Fischa für mehr als 100 Fabriken die bewegende Kraft. Mit der 
wachsenden Großindustrie muß aber die Anwendung von Dampfkraft unverhältnißmäßig 
zunehmen und zuletzt über die Wasserkraft das Übergewicht erlangen. 
So standen im Jahre 1880 auf dem flachen Lande von Niederösterreich bereits 
rund 20.000 Dampf-Pferdekrüfte im Dienste der Großindustrie neben nur etwas über 
13.000 Wasser-Pferdekräften; von ersteren entfielen über 14.000, von letzteren nahezu 
11.000 auf das Viertel unter dem Wienerwald. 
Die Fabriken unter dem Wienerwald schließen sich enge an die Jndnstriebezirke 
Wiens und seiner Vororte an, deren natürliche Fortsetzung sie bilden. Verläßt man die 
Stadt etwa mit der Südbahn, so schweift der Blick zunächst über einen ganzen Wald von 
Schornsteinen, die ihren Qualm in die Lüfte senden; später lichtet sich ihre Zahl, aber sie 
bleiben unsere Begleiter während der Fahrt durch die Ebene und noch im Gebirge, indem 
sie bald gruppenweise znsammengedrängt erscheinen, bald zerstreut liegen und vereinzelt am 
Horizont auftauchen. Dasselbe Bild sehen wir bei einer Fahrt auf der Aspangbahn oder
	        
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