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Niederwald gleichzeitig auch Weide und stellt so eine ganz eigenthümliche Culturform dar,
welche die Verhältnisse des Klimas und Bodens herausgebildet haben und die man nicht
mit den: für ein anderes Florengebiet giltigen Maßstab messen und auch nicht voreilig
verdammen darf. Neben dieser einen Culturform, welcher gleichzeitig die Bedeutung von
Forst und Weide zukommt, findet sich als zweite Culturform das Feld. Beschattung des
Bodens, welche in nördlicheren Gegenden den Feldbau beeinträchtigt, ist hier nicht nur
nicht nachtheilig, sondern vom größten Vortheile, indem durch sie das Erdreich vor dem
Sonnenbrände und übermäßiger Austrocknung am besten geschützt wird. Das Feld des
mediterranen Florengebietes ist darum regelmäßig auch mit Bäumen und Weinreben
bepflanzt. Der Grund des Feldes trägt Cerealien, Gemüse und Futterkräuter; die Ulmen,
Eschen, Feldahorne und Maulbeerbäume, welche in regelmäßigen Reihen über das Feld
vertheilt sind, liefern ihr Laub als Futter für die Hausthiere und für die Seidenraupen
und die Rebengewinde, denen die Strünke der Bäume als Stützpfähle dienen, liefern
Trauben und Wein. Das Feld ist hier gleichzeitig Acker, Gemüsebeet, Obstgarten und
Weinberg, liefert zudem das Material für den Betrieb der Seidenzucht und muß gewisser
maßen auch noch die Wiese ersetzen, indem es Laubfutter für die Hausthiere abwirft.
Auch dieser eigenthümliche Wirthschaftsbetrieb hat sich allmälig als der den klimatischen
Verhältnissen am besten entsprechende herausgebildet und Meliorationen im Betriebe
können sich naturgemäß nur innerhalb des Rahmens dieser Wirthschastsmethode bewegen.
Was die dem mediterranen Gebiete besonders zukommendeu Culturpflanzen anbelangt,
so sind vor Allem die Pinien und Cypressen, die Feigen-, Caroben-, Granatapfel-, Öl-,
Citronen- und Orangenbäume und auch die Dattelpalme hervorzuheben. Die letztere wird
wohl nur vereinzelt als Zierde und Rarität in Gärten angetrosfen und erreicht ungeschützt
in einem Garten auf Lussin im Qnarnero ihren nördlichsten Standort. Die Citronen-
und Orangenbäume werden nur in sehr günstigen Lagen mit Erfolg cultivirt und bedürfen
an der Nordgrenze des Gebietes am Gardasee besonderer Schutzvorrichtungen gegen die
Frostperioden des Winters. Der Johannisbrotbaum oder die Carobe lOrutonia, 8ilic;riu)
wird im südlichen Dalmatien häufig gezogen und findet den nördlichsten Standort bei
Lovrana nächst Fiume. Kleine Piniengruppen und Cypressenhaiue finden sich allenthalben
in den Gärten des südlichen Dalmatien; in vereinzelten Exemplaren trifft man beide
Coniseren ebenso wie die Feige, den Granatapfel und die aus Amerika eingeführte Agave
und Opuntie bis an den Nördrand des mediterranen Gebietes, ja selbst noch darüber hinaus
im Etschthale bei Bozen. Der wichtigste der cultivirten Bäume ist übrigens der Ölbaum.
Die Gelände, auf welchen er cultivirt wird, stimmen in ihrer Anlage mit den oben
beschriebenen gartenartigen Feldern überein; der Grund des Ölberges wird nämlich
geradeso wie in jenen Feldern mit Cerealien und dergleichen bebaut; doch fehlen hier die