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rieselnden Wasser, dessen Temperatnr gewöhnlich nnr einige Zehntheile über dem Eis
punkte zeigt, flottiren, angeheftet an das dunkle Gestein, eine smaragdgrüne krasiola und
eine schmutzigbraune Osoilluria, gewöhnlich reichlich besetzt mit mikroskopischen Diatomeen,
unter welchen eine lüpitlrema als die häufigste Form auffällt. So ist namentlich das
Rinnsal der höchstgelegenen Quelle unserer Alpen, welche an der Südwestseite desPlerchner-
kammes im Stubaier Gletscherstocke bei nahezu 3.000 Meter Seehöhe aus dem Schiefer
gestein hervvrrieselt, ganz mit diesen Algen erfüllt. — Endlich ist noch der hier und dort
mit steilen Böschungen aus den Firn- und Schneefeldern hervorragenden Felsklippen zu
gedenken, deren Flächen selbst in der Seehöhe von 3.000 bis 3.800 Meter mit Flechten
incrustirt sind. Neben einer Gyrophora sind es Arten von Liuloriiru und 4einM>oinu und
vorzüglich die Landkartenflechte, welche hier in unscheinbaren Anfängen auf dem Gestein
sich ansiedeln und an ihm als gelbe, braune und schwärzliche Flecken erscheinen.
Wo sich im Bereiche der alpinen Flora ausgedehnte Grasmatten entwickelt haben,
werden dieselben theils als Weiden, theils als Wiesen benützt, und vom landwirthschaft-
lichen Standpunkte kommt diesem Florengebiete ausschließlich die Bedeutung eines Gras
landes zu. Da der über nahezu drei Viertel des Jahres sich erstreckende Winter eine
dauernde menschliche Ansiedlung an Ort und Stelle nicht gut zuläßt, so wird das Grasland
nomadenmäßig ausgebeutet. Es hat sich da seit uralter Zeit ein ganz eigenthümlicher, unter
dem Namen Almwirthschaft bekannter Wirthschaftsbetrieb herausgebildet, dessen Schwer
punkt eben darin liegt, daß man die Heerden nur für die Dauer des kurzen Sommers auf
die alpinen Grasmatten bringt und sie so auf die bequemste und zweckmäßigste Weise das
Gras ansbeuten läßt. Bei dem Mangel des zum Betriebe der sommerlichen Almwirthschaft
nöthigen Holzes in den oberen Regionen des Hochgebirges finden sich die zur Wirtschaft
nöthigen Baulichkeiten regelmäßig im Bereiche der Legföhrenbestände oder im Schutze
des obersten Saumes der dem baltischen Florengebiete angehörenden Hochwälder, und
man kann annehmen, daß wenigstens zwei Drittel der für die Dauer des Hochsommers
bezogenen Almhütten unmittelbar an der Grenzlinie liegen, welche die alpine und baltische
Flora scheidet.
Dort, wo die Grasmatten gleichmäßig geneigte Gehänge in ununterbrochener Flucht
überziehen und wo aus irgend einem Grunde die Beweidung derselben nicht angezeigt
ist, benützt man sie wohl auch als Wiesen (Mähder) und bewahrt das durch die Mahd
gewonnene hochgeschützte duftende Heu, welches im Sommer nur schwierig in die Thäler
gebracht werden könnte, bis zum Winter in mächtigen Schobern oder auch in Blockhütten
auf. Hat daun der Winter die Herrschaft angetreten, so wird das „Bergheu" aus dem
tiefen Schnee ausgegraben und auf steiler, oft gefahrvoller Bahn mittelst eigener, kunst
reich zu lenkender Schlitten zu Thal befördert.