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die schwarzen Ibisse; jetzt finden wir hier ein Nest und dort und jene Sträucher bergen
schon eine beträchtliche Zahl, noch ein mächtiger Ruck und Stoß, und wir befinden
uns am Rande der Brutcolonie. Wie mit einem Schlage wird die Scenerie lebendig, die
sich vom improvisirten erhöhten Standplatze im Boote aus.besser sichtbar entfaltet. Bereits
fünf Schritte vor uns arbeiten sich einige Quacker von ihren Nestern empor, ein Schuß,
und Hunderte, ja Tausende von Reihern aller europäischen Arten erheben sich mit einem
Sinne betäubenden Spectakel und Wirrwarr aus der dichten, vordem fast öde scheinenden
Masse von Sahlweiden; Silber-, Nacht- und Mähnenreiher vor allen, hier weniger die
gemeinen grauen und Purpurreiher, Wolken von Sichlern, Hunderte von Löfflern und
Kormoranen bilden gewissermaßen einen durchsichtigen Schleier gegen die Sonne, der
herrlich in seinen Farbencontrasten und wechselndem Schiller erst in rascher, dann successive
in ruhigerer Bewegung vor unseren Augen hin- und herwogt. Endlich gewöhnt sich der
Blick an das neue Schauspiel, er sichtet die Formen und findet den langgesuchten stolzen
Edelreiher, freilich nur in wenigen Paaren; er ist bei uns ja nirgends mehr häufig — fiel
er doch seines Federnschmuckes halber der Mode zum Opfer. Hier war er bis jetzt noch sicher,
auch häufiger als an den unteren Sümpfen der Save, z. B. der ,Obsäska bara" u. s. w.,
die statt des großen den Zwergkormoran als Brutvogel voraus hat. Oardo Ki-aeulus
ist in diesem Gebiete eine Seltenheit und erscheint nur in strengen Wintern auf der Donau.
Hier wie dort steht Nest an Nest, und oft ist buchstäblich jede passende Astgabel mit einem
solchen besetzt. Halb bebrütete Eier in dem einen, halbwüchsige Jungen in dem andern;
letztere mit aufgesperrtem Rachen, continuirlich vibrirender Kehlhaut und possirlichem
Struwelkopfe bedenken uns bereits sreundlichst mit nicht schlecht gezielten Schnäbelhieben,
doch ergreifen wir sie leicht mit der Hand und verbergen sie unter einem Kotzen im Boote.
Dutzende aller genannten Arten könnte man in kurzer Zeit erwerben, wüßte man die
mühselig zu transportirenden Geschöpfe leichter zu erhalten. Seltener wird in solchen
Brutstätten der Zwergreiher bemerklich, noch weniger die Rohrdommel, welche die echten
,2sombsü8" und das mit Schilf bestandene eingedämmte Terrain der Drau- und
Donauniederungen entschieden bevorzugt. Landschaftlich schöner als die großen Brut-
colonien, deren wir eine zu schildern versuchten, sind die zahlreichen kleinen Reiher- und
Kormoran-Brutplätze auf den sogenannten „Reiherinseln"; einige derselben waren vor
noch wenigen Jahrzehnten von einer gewissen Berühmtheit, heutzutage müssen sie dem
menschlichen Eingriffe mehr und mehr weichen, bald wird auch die letzte — gewesen sein.
Das Innere dieser oft von weiten Lichtungen, Teichen und Rohrplatten durchsetzten Insel-
Hochwälder ist partienweise versumpft und durch prächtige Vegetation ausgezeichnet;
Pappeln und uralte Weidenkolosse, gipfeldürr und breit ausgelegt, bieten hier allerdings
geeignete Plätze und reichlichen Raum für Kormoran- und Reiherhorste verschiedenster Art.
Übersichtsband. ^